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    Vor "Gladiator 2" kommt "Those About To Die": So gut ist Roland Emmerichs 140-Millionen-Dollar-Historien-Spektakel
    Michael Meyns
    Michael Meyns
    -Freier Autor
    Michael Meyns arbeitet seit Ende der 90er Jahre als freier Journalist und schreibt vor allem über Filme, Bücher und Ausstellungen. Für FILMSTARTS schreibt er seit 2012.

    Bevor Ridley Scott noch 2024 in „Gladiator II“ wieder brutale Arena-Kämpfe entfesselt, kommt ihm Roland Emmerich mit der Serie „Those About To Die“ auf Amazon Prime Video zuvor – und das durchaus fesselnd, wie wir nach den ersten drei Folgen finden.

    Gutes Timing muss man den Machern von „Those About To Die“ attestieren: Vier Monate bevor mit „Gladiator 2“ einer der meisterwarteten Filme des Jahres ins Kino kommen wird, füllen sie die Wartezeit mit einer Serie, die ebenfalls im Antiken Rom spielt und mehr als nur ein bisschen von „Gladiator“ inspiriert wirkt. Ganze Szenen der von Robert Rodat erdachten Serie, bei der mit Roland Emmerich und Marco Kreuzpaintner kinoerfahrene Filmemacher Regie führten, wirken wie Zitate aus Ridley Scotts Gladiatoren-Epos, wobei die Bezüge auch in andere Richtungen gehen.

    Vor allem an den legendären Sandalen-film „Ben Hur“ muss man bei den ersten Folgen denken, die ein breites Geflecht an Figuren etablieren, welche kein Klischee des Alten Roms auslassen: Sexuell dekadente Familien, korrupte Politiker, ein dauerhaft irrsinnig wirkender Sohn des Kaisers, schöne Sklavinnen, wilde Tiere, die im Kolosseum ebenso zur Belustigung des Pöbels vorgeführt werden wie Gladiatoren aus allen Ecken des Imperiums. Kurz gesagt: „Those About To Die“ ist alles andere als subtil, bewegt sich zwischen Kolportage und Soap-Opera – macht dabei aber (oder gerade deswegen) viel Spaß!

    Darum geht's in "Those About To Die"

    Rom, im Jahre 79 unserer Zeit. Das Leben des alternden Kaisers Vespasian (Anthony Hopkins) nähert sich seinem Ende. Nun stellt sich die Frage, wer von den beiden Söhne den Kaiser beerben darf: Titus (Tom Hughes), der erfolgreiche General, oder Domitian (Jojo Macari), der intrigante, manisch wirkende Bruder, der bei Pferderennen viel Geld verspielt. Diese Pferderennen werden von vier Patrizier-Familien dominiert, eine elitäre Bande, die der einfache Bürger Tenax (Iwan Rheon) durchbrechen will. Bislang verdiente Tenax mit einem Wettbüro sein Geld, wo er dank seiner Freundschaft zum Star-Wagenlenker Scorpus (Dimitri Leonidas) meist auf den Sieger tippte. Doch mit listigen Intrigen will Tenax einen eigenen Rennstall gründen.

    Im fernen Afrika geraten zur selben Zeit nicht nur ein stolzer, weißer Löwe in römische Gefangenschaft, sondern auch die Kinder von Cala (Sara Martins-Court). Während die Töchter als Sklavinnen in römischen Haushalten landen, soll Kwame (Moe Hashim) zum Gladiator ausgebildet werden, was ihm nur zwei Möglichkeiten bietet: In der Arena sterben oder die Massen begeistern und seine Freiheit gewinnen.

    Rom, wie man es (aus Film und Serie) kennt

    Mit der Formel „Morituri te salutant! - Die Todgeweihten grüßen dich!“ mussten die Gladiatoren den Kaiser begrüßen, wenn sie in die Arena geführt wurden und ihr Kampf auf Leben und Tod begann. Auch in Ridley Scotts „Gladiator“ fällt dieser Satz. Schon davor diente er als Titel des bereits 1958 erschienenen Sachbuchs „Those About To Die“ von Daniel P. Mannix, das nun die lose Vorlage der gleichnamigen zehnteiligen, gut 140 Millionen Dollar teuren Serie bildet. Als Autor fungiert Robert Rodat, der für sein Drehbuch zu Steven Spielbergs „Der Soldat James Ryan“ eine Oscar-Nominierung bekam und auch die Vorlagen zu Roland Emmerichs „Der Patriot“ und „10.000 B.C.“ schrieb.

    Als Beginn der Handlung wurde das Jahr 79 gewählt, eine clevere Wahl, die zu bemerkenswerter historischer Genauigkeit führt: Zwei Rivalen um den Thron, der eine ehrenwert, der andere intrigant, so war es tatsächlich und diese Konstellation dient wie so oft in Filmen oder Serien über das Antike Rom als Allegorie zeitgenössischer politischer Konflikte. Zwischen Republik und Diktatur bewegte sich Rom oft, zwischen einer Demokratie, bei der die Macht im Senat lag und einer Herrschaft der Kaiser. Dass man dabei ohne gedankliche Verrenkungen Bezüge zur gegenwärtigen politischen Lage der USA herstellen kann, liegt auf der Hand.

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    Zu Beginn von „Those About To Die“ sind in der Römischen Arene vor allem Wagenrennen an der Tagesordnung.

    Viel mehr als dieser Aspekt interessiert die Macher aber die Möglichkeit, sich tief in den Klischees des Antiken Roms zu suhlen: Mit grobem Strich werden Gegensätze zwischen Patriziern und Plebejern gezeichnet, zwischen der Oberschicht, die im Reichtum badet und ihrem Interesse an sexueller Dekadenz frönt und dem gemeinen Bürger, der in ärmlichen Verhältnissen lebt und mit Brot und Spielen bei Laune gehalten wird. Ein brachiales Sittengemälde zeichnet Rodat in den ersten Folgen und hat dafür mit Roland Emmerich den idealen Regisseur. Der ist schließlich noch nie für seine Subtilität bekannt gewesen und zeigt sich auch hier als Freund schlüpfriger Zweideutigkeiten, gerade in Bezug auf Domitians unverhohlene Homosexualität.

    "Ben Hur" & "Gladiator" als große Vorbilder

    Wie eine Soap-Opera mutet „Those About To Die“ dadurch oft an, Intrigen werden gesponnen und Ränke geschmiedet, dass es eine wahre Freude ist. Nur die Gladiatorenkämpfe bleiben zu Beginn der Serie (noch) rar. Zumindest in den ersten Folgen mutet das Historien-Spektakel mit seinen ausladenden Wagenrennen eher wie eine Variation von „Ben Hur“ an, vielleicht wollte man aber auch noch etwas kaschieren, wie sehr man sich von „Gladiator“ hat inspirieren lassen, vom Konflikt zweier ganz unterschiedlich tickender Männer, über den Afrikabezug und die politischen Intrigen, bis hin zum Sittengemälde des Antiken Roms.

    Aber warum auch nicht, Ridley Scotts Epos war schließlich nicht ohne Grund ein riesiger, stilprägender Erfolg, der sich wie nur wenige andere Filme der vergangenen Jahrzehnte ins kollektive Gedächtnis eingegraben hat. Stilistisch fällt „Those About To Die“ zwar deutlich ab – die Totalen von Rom, die weiten Blicke über Circus Maximus, Palatin und Kolosseum muten wie mittelmäßig animierte Cutscenes an, die Besetzung wirkt bis auf den in nur wenigen Szenen zu sehenden Anthony Hopkins eher zweitklassig –, aber am Ende schmälert dies das Vergnügen nur wenig. Was Sex und Gewalt angeht bleibt diese Rom-Serie zwar eher zurückhaltend, aber wer Historienserien mag und Lust an einer mit grobem Strich erzählten Soap-Opera hat, kann hier wenig falsch machen.

    Fazit: Soapig, aber spaßig

    Deutlich von „Gladiator“ beeinflusst, entfaltet sich in „Those About To Die“ ein breites Bild der römischen Gesellschaft ab 79 unserer Zeit. Intrigen im Kaiserpalast, Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe, sexuelle Dekadenz und Sklaverei. Robert Rodats Serie lässt kein Rom-Klischee aus und macht aus den Zutaten eine bunte, kolportagehafte Soap-Opera, die oberflächlich bleibt, aber viel Vergnügen bereitet.

    Alle zehn Folgen von „Those About To Die“ erscheinen am 19. Juli 2024 auf einen Schlag bei Amazon Prime Video. Was euch in diesem Monat ansonsten noch im Abo des Streaminganbieters erwartet, erfahrt ihr in diesem Artikel:

    Neu bei Amazon Prime Video im Juli 2024: Gleich 3 der besten Horror-Filme aller Zeiten, brandaktuelles Oscar-Kino & mehr

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