Vielseitigkeit ist eine schauspielerische Tugend – doch selten präsentiert sich diese so deutlich wie im Werk von US-Schauspieler Jeff Daniels: Bevor er 1994 dem breiten Publikum an der Seite von Jim Carrey im Klamaukfilm „Dumm und Dümmer“ der Regie-Brüder Peter und Bobby Farrelly bekannt wurde, hat Daniels in gewichtigen Dramen und ausgewählten Komödien unter der Regie von Miloš Forman, Woody Allen und Mike Nichols mitgespielt.
Doch auch nach „Dumm und Dümmer“ ging es für Daniels munter in verschiedensten Rollen weiter – und dies vor allem in TV-Serien: In Aaron Sorkins Drama-Serie „The Newsroom“ mimte er einen engagierten, aber an der amerikanischen Öffentlichkeit manchmal verzweifelnden Anchorman. In „The Looming Tower“ spielte er einen FBI-Agenten, der Osama bin Laden noch vor den Anschlägen des 11. September im Blick hatte. Und aktuell ist er in der Netflix-Serie „Ein ganzer Kerl“ zu sehen, hier ein Blick in den Trailer:
Genau diese Serie war der Anlass für ein Interview, das Jeff Daniels kürzlich dem Hollywood Reporter gab. Gefragt, wie er und das übrige Ensemble die spannenden Figuren von „Ein ganzer Kerl“ gemeinsam gestaltet haben, gab Daniels unumwunden zu, dass er Figuren ungern in Gruppengesprächen mit dem Cast ausformt.
Vielmehr vollführt er dies gern beim Dreh vor der Kamera und zwar möglichst „im ersten Take“. Dies habe ihn kein geringerer als Schauspiel- und Regielegende Clint Eastwood gelehrt: „Man hat einen Take, und dann bewegt Clint die Kamera. Da lernt man also, wie man es auf den Punkt bringt.“
One-Take-Clint: Viel Raum für Spontanität, wenig für Fehler
Die sehr effiziente Drehweise von Clint Eastwood war schon häufig Thema in Branchenblättern: Wenn Eastwood, dem Regisseur von gefeierten Dramen wie „Million Dollar Baby“ und „Gran Torino“, die schauspielerische Darbietung im ersten oder zweiten Take schon gefällt, dreht er keine weiteren und hält stattdessen lieber die Produktion im Fluss und den Film im veranschlagten Zeit- und Kostenrahmen.
Dass manchmal aber auch ein wenig mehr Geduld ratsam wäre, zeigte 2014 eine viel belachte Szene in Eastwoods Biopic „American Sniper“, in der sehr offensichtlich eine Babypuppe für ein echtes Kind herhalten musste – wie es dazu kam, erfahrt ihr hier:
"Ich konnte es nicht glauben": In diesem Kriegsfilm machte Clint Eastwood den größten Fehler seiner KarriereNichtsdestotrotz: Jeff Daniels, der 2002 in Eastwoods Thriller „Blood Work“ mitgespielt hat, schätzt an dessen zügigem Drehstil vor allem, dass man aufgefordert ist, vor der Kamera auch spontan auf die Spielweise der Kollegen zu reagieren: „Wenn man so arbeitet, liegt die Hälfte der Leistung in dem anderen Schauspieler. Es ist in gewisser Weise befreiend, aber man muss auch selbst daran arbeiten, um zu wissen, was man tut.“
Das andere Extrem: Kubrick und Fincher
Was die Anzahl von Takes für eine Szene betrifft, hört man ansonsten eher vom anderen Extrem: So war Regie-Ikone Stanley Kubrick (1928-1999) etwa für seinen Perfektionismus bekannt, der ihn dazu verleitete, von seinen Schauspielern unendlich viele Szenenwiederholungen einzufordern. Für eine Szene in seinem Meisterwerk „Shining“ hat es gar 148 Takes gebraucht.
Und ähnliches, wenn auch nicht ganz so Extremes, hört man über den verehrten David Fincher. Dieser erklärte der New York Times einst, wie sehr er übermäßige „Ernsthaftigkeit“ in der schauspielerischen Performance verabscheue und dass diese in der Regel „bei Take 17 verschwunden“ sei. Was Finchers grandiosen Thriller „Zodiac“ mit Clint Eastwood verbindet, könnt ihr hier nachlesen:
"Dirty Harry" hat nichts mit der Realität zu tun: In diesem Meisterwerk rechnet ein Marvel-Star mit dem Clint-Eastwood-Klassiker ab