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    "Ich war deprimiert, verärgert und enttäuscht": Wegen dieses Martial-Arts-Meilensteins rechnet Quentin Tarantino mit der Filmkritik ab
    Michael Bendix
    Michael Bendix
    -Redakteur
    Schaut pro Jahr mehrere hundert Filme und bricht niemals einen ab. Liebt das Kino in seiner Gesamtheit: von Action bis Musical, von Horror bis Komödie, vom alten Hollywood bis zum jüngsten "Mission: Impossible"-Blockbuster.

    Quentin Tarantino verfügt über einen riesigen Fundus an Wissen über die Filmgeschichte im Allgemeinen und das Martial-Arts-Genre im Speziellen – ganz anders als einige Kritiker, denen zum Kampfsport-Meilenstein „Tiger & Dragon“ nicht viel einfiel...

    Höchstens der Western hat in den Filmen von Quentin Tarantino noch größere Spuren hinterlassen als das Martial-Arts-Genre, dem der Kult-Regisseur mit seinem epischen Zweiteiler „Kill Bill“ auf furiose Art und Weise Tribut gezollt hat. Das 4-Stunden-Blutbad ist randvoll mit Referenzen an die Geschichte des Kampfsport-Kinos, von „Das Schwert der gelben Tigerin“ über „Der Mann mit der Todeskralle“ bis hin zu „Lady Snowblood“ (den sich zur Vorbereitung auf ihre Rolle neben zwei anderen Filmen auch Hauptdarstellerin Uma Thurman ansehen musste).

    Doch „Kill Bill“ war nicht der einzige Film, der dem vor allem in den 70er Jahren populären Martial-Arts-Kino um die Jahrtausendwende zu neuem Leben verhalf: Drei Jahre früher kam „Tiger & Dragon“ (2000) in die Kinos, der dem chinesischen Wuxia-Subgenre zuzuordnen ist, das Kung Fu mit Fantastik verbindet.

    Ang Lees moderner Meilenstein war ein Erfolg an den Kinokassen, wurde von der Kritik für seine Bildgewalt und seine fast tänzerischen Kampf-Choreografien gelobt, und bei der Oscarverleihung 2001 konnte er (bei insgesamt zehn Nominierungen) vier der begehrten Goldstatuen mit nach Hause nehmen, u. a. für die Kamera und als Bester fremdsprachiger Film.

    Trotzdem zeigte sich Quentin Tarantino, der ebenfalls zu den erklärten Fans des Films gehört, im Anschluss ziemlich sauer über die Zunft der Filmkritik. Den Grund dafür hat er im Interview mit UPI verraten:

    „Am deprimiertesten, verärgertesten oder enttäuschtesten [...] war ich von den Filmkritikern, als ‚Tiger & Dragon‘ herauskam. Wir sprechen hier über eines der beliebtesten Filmgenres, soweit es den Planeten Erde betrifft, und [sie] haben so wenig Wissen darüber, dass sie ‚Matrix‘ als einziges Beispiel anführen, das ihnen einfällt.“

    Tarantino bemängelt also, dass in einem Großteil der Kritiken die reichhaltige Geschichte des Martial-Arts-Kinos ignoriert und stattdessen der damals aktuelle Sci-Fi-Action-Blockbuster „Matrix“ als einzige Referenz angeführt wurde – obwohl dieser ohne die großen Vorbilder aus dem Fundus der Genre-Geschichte selbst nicht denkbar gewesen wäre (es ist jedoch zumindest anzumerken, dass der legendäre Martial-Arts-Experte Yuen Woo-Ping sowohl bei „Tiger & Dragon“ als auch bei „Matrix“ für die Kampf-Choreographien verantwortlich zeichnete).

    Das ist laut Quentin Tarantino die Kernaufgabe der Filmkritik

    Der „Pulp Fiction“-Schöpfer fährt fort: „Kritiker sollten Filmhistoriker sein. Sie sollten die Filmprofessoren für die durchschnittlichen amerikanischen Joes da draußen sein. Doch das [die mangelhafte Einordnung von ‚Tiger & Dragon‘] zeigt nur, wie ignorant sie waren. Und ich liebe dieses Genre. Ich denke, es ist so wie Horrorfilme oder Musicals, wo es fast so scheint, als ob die verdammte Filmkamera extra dafür erfunden wurde.“

    Seine Genralabrechnung bedeutet übrigens nicht, dass er mit „Matrix“ nichts anfangen kann – ganz im Gegenteil: ihn zum ersten Mal zu sehen, bezeichnete der 61-Jährige als „tiefgreifende Erfahrung“. Anders erging es ihm allerdings mit der Fortsetzung, wie ihr im folgenden Artikel nachlesen könnt:

    "Habe die Schnauze so voll": Die Fortsetzung eines Sci-Fi-Meilensteins hat Quentin Tarantino so richtig sauer gemacht

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