Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf – und der 1965 erschienene Roman „Der bemalte Vogel“ von Jerzy Kosiński bringt diese Weisheit so kraftvoll und schmerzhaft auf den Punkt wie kaum ein anderes Werk (selbst wenn im Nachhinein herauskam, dass der Autor die im Roman geschilderten Grausamkeiten doch nicht selbst als jüdischer Junge während des Zweiten Weltkriegs durchlitten hat).
In der Schwarz-Weiß-Verfilmung „The Painted Bird“ von Václav Marhoul, die ihre Weltpremiere im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig feierte und heute Abend (17. Februar) ab 23.15 Uhr seine werbefreie deutsche TV-Premiere auf 3Sat feiert, durchleidet der namenlose Protagonist jedenfalls derart viele und unvorstellbare Gräuel, dass es sich beim Schauen des Films so anfühlt, als würde einem die gesamte Spieldauer von fast drei Stunden hindurch konstant in die Magengrube geschlagen…
Das Label Bildstörung hat den Film bereits ungeschnitten als edle Special Edition auf DVD und Blu-ray mit FSK 18 veröffentlicht:
Der Plot von „The Painted Bird“: Gleich zu Anfang wollen die Bewohner*innen des Dorfes in einem namenlosen osteuropäischen Land den namenlosen, nahezu stummen Jungen (Petr Kotlár) ertränken – als Jude würde er schließlich eh nur Unglück bringen. Aber dann wird er stattdessen doch an eine Zigeunerin verkauft – und damit beginnt eine Odyssee der unbeschreiblichen Gräuel, bei der der Junge zwar immer wieder woanders unterkommt (etwa bei Harvey Keitel und Stellan Skarsgård), aber doch immer nur unfassbare Grausamkeiten erleidet.
Er wird geschlagen, ausgenutzt, von Männern und Frauen sexuell missbraucht, selbst die Kirche entsorgt ihn schließlich in einer Jauchegrube. Erst in dem Sniper Mitka (Barry Pepper) findet er so etwas wie einen väterlichen Freund – und von ihm lernt er auch, wie man Menschen besonders effizient tötet…
+++ Meinung +++
Die allerschönsten Schwarz-Weiß-Bilder sind ein Hohn! Schließlich zeigen sie, wie Udo Kier als eifersüchtiger Müller seinem Nebenbuhler die Augen mit einem Löffel aus dem Kopf puhlt – und wie der titelgebende Vogel, der als grausamer „Spaß“ weiß angemalt wurde, von seinen Artgenossen am Himmel regelrecht zerfetzt wird, weil sie ihn wegen der Farbe nicht mehr als einen der ihren erkennen. Das Grauen ist dabei derart meisterhaft und atemberaubend inszeniert, dass man sich ihm einfach nicht entziehen kann – es sei denn natürlich, man ergreift die Flucht und reißt die Blu-ray aus dem Player.
Fazit unserer 4-Sterne-Kritik: Ein Film, der einem den Glauben an die Menschheit nicht nur austreibt, sondern ihn in den allerschönsten Schwarz-Weiß-Bildern, die man sich überhaupt nur vorstellen kann, regelrecht zertrümmert, zerhackt, zerfickt und dann auch noch die Überreste verbrennt. Ob man das – gerade angesichts der aktuellen Weltsituation – wirklich sehen will oder nicht, muss jeder selbst entscheiden. Aber kalt lassen wird „The Painted Bird“ wohl absolut niemanden…
Die verstörendsten Filme aller ZeitenDies ist eine Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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