Auch wenn 2021 kein Marvel-Film derartige Euphorie auslöste, Millionen Fans in aller Welt regelrecht in Ekstase verfallen ließ wie „Spider-Man: No Way Home“, hat mich ein anderer nicht nur weit mehr überrascht, sondern alles in allem sogar besser unterhalten: „Venom 2: Let There Be Carnage“ – den ich nach dem schwachen Vorgänger eigentlich gar nicht sehen wollte. Denn der hatte zwar seine Momente, dümpelte am Ende mit seiner unglaubwürdigen Liebesgeschichte und seinem miserablen Bösewicht aber irgendwo zwischen Gleichgültigkeit und Belanglosigkeit herum. Zwei der zahlreichen Schwächen, die in Teil 2 passé sind.
„Venom 2: Let There Be Carnage“ läuft am heutigen 30. September 2024 um 20.15 Uhr im ZDF – und ich kann Comic-Fans nur wärmstens empfehlen, mal einen Blick zu wagen, auch wenn ihr „Venom“ nicht mochtet. Die Fortsetzung traut sich was, pfeift auf gängige Genre-Konventionen und dreht szenenweise sogar völlig frei, ganz zugunsten des Spaßfaktors.
Es erwartet euch ein ganz besonders kurzweiliges (Anti-)Helden-Feuerwerk fernab der üblichen MCU-Abenteuer, die mehrmals im Jahr nach der immer gleichen Formel runtergekurbelt werden. Dieses Korsett aus Konventionen sprengt Eddie Brocks zweiter Auftritt gleich auf mehreren Ebenen.
90 Minuten Comic-Spektakel: Es geht doch!
Ich bin ein Fan großer, ausufernder Geschichten epischen Ausmaßes, die mit den Regeln des Kinos brechen und sich die Zeit nehmen, die sie eben brauchen – ob das nun ein vierstündiges Superhelden-Epos wie „Zack Snyder's Justice League“ oder die argentinische Arthouse-Saga „La Flor“ ist, die stattliche 13,5 Stunden auf die Uhr bringt. Wovon ich allerdings kein Fan bin, ist, dass mittlerweile gefühlt jeder Blockbuster mittlerweile über 120 Minuten (oder zum Teil sogar weit länger) gehen muss. Als wäre es ein Ding der Unmöglichkeit, eine Geschichte in unter zwei Stunden zu erzählen.
Nicht zuletzt deswegen ist „Let There Be Carnage“ schon mal von vornherein eine Wohltat. Der Film geht inklusive Abspann gerade einmal knackige 97 Minuten, ganz einfach, weil seine Geschichte damit auserzählt ist. Es braucht keine unzähligen Nebenfiguren, keine zusätzlichen Handlungsstränge oder verschiedene Zeitebenen, die das Ganze unnötig ausbremsen würden. Nicht jeder Film muss ein „Vom Winde verweht“ sein.
Manchmal reicht es einfach schon, wenn ein Film Laune macht und dabei keine Sekunde Langeweile aufkommen lässt – und genau das gelingt dem von Anfang bis Ende schwer unterhaltsamen „Venom 2“ mit seiner Hirn-aus-Spaß-an-Action.
Charmant & verrückt: Ein herrlich-spaßiges Buddy-Movie
Während es in der offiziellen FILMSTARTS-Kritik nur für 2 von 5 möglichen Sternen reichte, sprach mein Kollege Ben kurz nach Kinostart sogar von „einem der unterhaltsamsten Blockbuster des Jahres“ und bewegte mich mit seiner Liebeserklärung überhaupt erst dazu, dem Film vielleicht doch noch eine Chance zu geben. Zum Glück.
Klar, nachdem sich viele Fans der in Sachen Gewalt regelmäßig ausufernden „Venom“-Comics von Teil 1 schwer enttäuscht zeigten, sollte man nun auch im Sequel keine brutale Schlachtplatte erwarten. Genau das macht Regisseur Andy Serkis nun aber mit einer Extraportion Irrsinn so was von wieder wett, in dem er, wo er nur kann, (mindestens) noch ein, zwei Schippen drauflegt – sei es nun mit grandios inszenierten, kreativen Actionszenen oder mit einem Tom Hardy, der in seiner Doppelrolle als Eddie Brock und außerirdischer Symbiont endlich so richtig frei drehen darf. Da wird erst richtig deutlich, wie stark „Venom“ drei Jahre zuvor noch mit angezogener Handbremse fuhr.
Die Hassliebe zwischen Eddie und Venom bietet nämlich gewaltiges Potenzial für eine herrlich durchgeknallte Buddy-Komödie mit Screwball-Qualitäten, das Teil 2 nun endlich auch auszuschöpfen vermag. Abgesehen davon, dass ihre Beziehung obendrein auch noch eine bessere Liebesgeschichte als die zwischen Eddie und Anne (Michelle Williams) im ersten Film abgibt, bekommt es das ungleiche Duo nun endlich auch mit einem starken Bösewicht (Woody Harrelson) zu tun, der nicht nur ebenfalls gehörig an der Irrsinnsschraube dreht, sondern vor allem stets nachvollziehbar bleibt. So gelingt „Venom 2“ am Ende sogar das Kunststück, inmitten all der Witzeleien sowie der Over-the-top-Action auch noch auf beiden Seiten Figuren zu etablieren, die einem nicht am Allerwertesten vorbeigehen.
„Let There Be Carnage“ war an den Kinokassen zwar ein Erfolg, spielte immerhin über 500 Millionen Dollar und damit weit mehr als das Vierfache seines für Hollywood-Verhältnisse überschaubaren Budgets ein. Wer jedoch kein Kinoticket löste, weil er dem Film ähnlich skeptisch gegenüberstand wie ich, sollte ihm gerade jetzt vielleicht doch noch eine Chance geben. Wenn ich mir jedenfalls irgendeine Marvel-Verfilmung aus dem Jahr 2021 noch einmal ansehe, dann ist das ohne mit der Wimper zu zucken „Venom 2“. Ob Teil 3 da mithalten kann? Einen Trailer gibt's bereits:
Der erste Trailer zu "Venom 3" ist da – und stimmt auf Tom Hardys Marvel-Abschied ein!*Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links oder beim Abschluss eines Abos erhalten wir eine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung. Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.