Hinweis: Aufgrund aktueller Ereignisse ist es möglich, dass sich das TV-Programm am heutigen 8. Januar ändert und Ausstrahlungen sich verschieben oder gänzlich ausfallen.
Hitchcock-Thriller, die „James Bond“-Reihe und ihre Imitatoren haben es geschafft: Wenn man an das Agenten- und Spionagekino denkt, denkt man gemeinhin an Männer in gut sitzenden Anzügen, wilde Verfolgungen und aufreibende Schusswechsel.
Dabei kann das Genre auch auf bodenständige Weise für Nervenkitzel und stockenden Atem sorgen. Ein Paradebeispiel dafür gibt es nun im Fernsehen: Heute, am 8. Januar 2024, läuft ab 20.15 Uhr „Das Leben der Anderen“ bei One.
Wenn ihr den Sender nicht findet oder zur Sendezeit verhindert seid, könnt ihr das ausgezeichnete Thrillerdrama auch bei Netflix abrufen oder nach der TV-Ausstrahlung in der ARD-Mediathek. Es lohnt sich! Das belegt etwa die Beliebtheit des mit dem Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film prämierten Stasi-Stoffs bei der FILMSTARTS-Community:
In eurem Ranking der besten Agenten-Filme aller Zeiten holt er sich Bronze und schlägt somit reihenweise Hollywood-Klassiker. Darüber hinaus landete der Überraschungserfolg von 2006 im Ranking der besten deutschen Filme bei den FILMSTARTS-Fans in den Top 5!
"Das Leben der Anderen": Ein Stasi-Hauptmann und die Kunst
Ost-Berlin anno 1984: Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler (Ulrich Mühe) steht dem Dramatiker Georg Dreyman (Sebastian Koch) misstrauisch gegenüber. Also schlägt er seinen Vorgesetzten vor, den als Staatsschriftsteller gefeierten Künstler zu belauschen. Überraschend wird dem Gesuch Folge geleistet, wenngleich aus Gründen, die sich Wiesler niemals ausmalen könnte:
Kulturminister Bruno Hempf (Thomas Thieme) hat ein Auge auf Dreymans unpolitische Lebensgefährtin geworfen, Theaterstar Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck). Sollte Wiesler belastendes Material über Dreyman sammeln, wäre sie frei für einen neuen Partner – hofft Hempf! Also lässt Oberstleutnant Anton Grubitz (Ulrich Tukur) Wiesler den Dachboden über der Wohnung des Paares zur Einsatzzentrale umfunktionieren. Nicht ahnend, dass Wiesler durch seine Anteilnahme an diesen Leben verwandelt wird...
160-Minuten-Meisterwerk heute Abend streamen: Einer der besten Filme der letzten 15 Jahre – den trotzdem kaum jemand kenntFilmische Vergangenheitsbewältigung hat in Deutschland lange Tradition, und ist in ihrer Gesamtheit doch durchwachsen: Zwischen Juwelen des Historienfilms finden sich zahlreiche Fälle eines verlogenen Betroffenheitskinos und verkitschte Mitleidsgeschichten. Gesellschaftliche Fehlstellungen werden oft als Produkt einzelner, boshafter Personen sowie längst überkommen dargestellt. Florian Henckel von Donnersmarck vermeidet dies, ohne in ein desolates Weltbild abzugleiten:
„Das Leben der Anderen“ macht mit feingliedriger, humanistischer Erzählweise deutlich, dass Probleme systemisch sind und es zugleich jedem Individuum obliegt, seine Mittäterschaft zu verhindern. Diese dringliche gesellschaftskritische Komponente ergänzt von Donnersmarck durch punktgenauen, pechschwarzen Humor. Als Gegengewicht dienen die hoffnungsvolle Aussicht, dass sich Einzelne bessern können, sowie die Mahnung, dass wir diesem Prozess Raum geben müssen.
Visuell steuerte von Donnersmarck zudem konsequent gegen den Ostalgie-Trend der 2000er-Jahre: „Das Leben der Anderen“ ist in karge, geradezu deprimierende Farben gehüllt, die im Zusammenspiel mit der eng an die Figuren rückenden Bildsprache Beklemmung erzeugt und ständige Abhörangst ausdrückt. Zugleich wird damit Wieslers eingangs beengter Blick auf die Welt verdeutlicht.
Im Laufe der Handlung, die Filmeditorin Patricia Rommel mit unterschwellig-aufreibenden Parallelmontagen vorantreibt, wird der anfangs so ignorante Stasi-Hauptmann allmählich umgekrempelt. Bis er Dreyman auf Augenhöhe begegnet, sogar zu dessen Werten aufsieht. Diesen fesselnden, berührenden Wandel lässt von Donnersmarck in ein minutiös eingefädeltes Ende münden – völlig verdient landete „Das Leben der Anderen“ in einer brancheninternen Hitliste der besten Drehbücher dieses Jahrhunderts.
Selbst wenn die haarklein konstruierte Schlusspointe dieses Films zynische Menschen angewidert schauern lässt: Sie unterstreicht auch, dass dieses Thrillerdrama zwar eine aus dem Leben gegriffene Abrechnung mit deutscher Vergangenheit und ihrem Echo ist. Doch wie diese dramatisch-aufreibende Gesellschaftsskizze lebensnahe Probleme arrangiert und gewichtet, ähnelt eher einem sozialkritischen Theaterstück. Einem, wie es die Dreymans dieser Welt würdigen und die Hempfs dringend benötigen.