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    Endlich wieder im Heimkino: Dieser legendäre Psycho-Horrorfilm hat eine Ära beendet – und noch viel mehr
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Er ist derzeit auf keinem Streamingportal abrufbar, die Blu-ray-Erstauflage geht für horrende Summen über den Tisch. Jetzt feiert der atmosphärische, von Paranoia durchzogene Horrorthriller „Er kam nur nachts“ sein heiß erwartetes Heimkino-Comeback.

    Anolis Entertainment

    Der Meister des gimmickhaften Horrors wandelt auf den Spuren des Suspense-Maestros: Für „Er kam nur nachts“ ließ Regisseur William Castle seine berüchtigten Tricks und Kniffe links liegen, um inszenatorische Hitchcock-Versatzstücke aufleben zu lassen. Hinzu kamen ein glamouröser Cast und ein Skript von Robert Bloch, dem Verfasser der „Psycho“-Romanvorlage!

    Dennoch wurde der Thriller in Deutschland sträflich vernachlässigt: Nach seinem Kinoeinsatz wurde er zwar gelegentlich im TV gezeigt, doch erst 2020 erschien er fürs Heimkino – und war rasch ausverkauft. Daher geht die Blu-ray-Erstauflage auf dem Gebrauchtmarkt mitunter für annähernd dreistellige Preise weg. Nun wurde Abhilfe geschaffen: Diese Woche erhielt „Er kam nur nachts“ seine heiß erwartete Blu-ray-Neuauflage!

    Die Blu-ray umfasst neben dem Genre-Geheimtipp aus den 1960ern zwei Audiokommentare sowie eine alternative deutsche Titelsequenz. Im Streaming ist „Er kam nur nachts“ aktuell leider nirgends zu finden – das dürfte erklären, weshalb der Film trotz seines relativ niedrigen Bekanntheitsgrades auf Blu-ray so gefragt ist.

    "Er kam nur nachts": Ein Leben wie im Albtraum

    Irene Trent (Barbara Stanwyck) ist in einer unglücklichen Ehe gefangen und wird von beklemmenden Träumen verfolgt, die sie kaum von ihrer Realität trennen kann. Als ihr herrischer Gatte (Hayden Rorke) auf erschreckende Weise stirbt, verschlimmert sich Irenes Zustand sogar: Sie vernimmt überall im Haus schaurige Geräusche, ständig ereignen sich sonderbare Dinge. Also heuert ihr Anwalt Barry Morland (Robert Taylor) einen Privatdetektiv an, um herauszufinden, ob sie jemand in den Wahnsinn treiben will...

    Hauptdarstellerin Barbara Stanwyck genoss in der Traumfabrik hauptsächlich Glanz und Gloria als taffe Screwball-Heldin oder Femme fatale. So zählt zu den berühmtesten Arbeiten der viermal für den Oscar nominierten (und 1983 für ihr Lebenswerk ausgezeichneten) Darstellerin das Film-noir-Meisterwerk „Frau ohne Gewissen“, das nachhaltig ihr Image prägte.

    In Irenes surrealen Träumen sind Anolis Entertainment
    In Irenes surrealen Träumen sind "Vertigo"-Vibes willkommen.

    Als geschwächte, panische Figur blieb sie dem breiten Publikum trotz des Thrillers „Du lebst noch 105 Minuten“, in dem sie eine bettlägerige Herzkranke spielt, wenig in Erinnerung. Somit wurde Stanwyck in „Er kam nur nachts“ gegen ihr öffentliches Bild besetzt. Eine Herausforderung, die zu einer genussvollen, mitleiderregenden Performance führte, aber auch als Mitgrund gilt, dass der Film unterging. Auch Drehbuchautor Robert Bloch spekulierte in Interviews, dass das zeitgenössische Publikum sie nicht als Frau in Nöten akzeptieren konnte und der Film darunter litt.

    Dabei brachte die Besetzung große Publicity mit sich, schließlich begegnete Stanwyck durch „Er kam nur nachts“ ihrem Ex-Mann wieder: „Quo vadis?“-Star Robert Taylor. Die Boulevardpresse hoffte auf eine Schlammschlacht hinter den Kulissen, doch die blieb aus: Taylor und Stanwyck kamen am Set gut miteinander aus.

    Nicht nur eine Ära endete

    Obwohl „Er kam nur nachts“ die Kinokassen nur leise klingeln ließ, wurde der Psycho-Horror zu einem Wendepunkt in der Hollywood-Geschichte – aus mehreren Gründen: Es sollte Stanwycks letzter Kinofilm werden, bevor sie sich exklusiv dem Fernsehen widmete. Für Nebendarsteller Tetsu Komai („Insel der verlorenen Seelen“) war es sogar der letzte Auftritt vor der Kamera nach einer fast 40 Jahre langen Karriere – vornehmlich als Schurke oder exzentrische Randfigur.

    Auch für Regisseur William Castle stellte „Er kam nur nachts“ eine Zäsur dar: Zuvor verließ er sich in Horrorfilmen und Thrillern gerne auf auffällige Gimmicks. So ließ er für „Schrei, wenn der Tingler kommt“ Leute in Monsterkostümen durch die Kinosäle rennen. Bei „Das Haus auf dem Geisterhügel“-Vorführungen wurden dagegen Skelettattrappen durch den Saal gejagt, und vor dem Besuch des Films „Macabre“ konnte man eine Lebensversicherung abschließen.

    Horror-Tipp neu im Heimkino: Dieser Skandal-Klassiker war lange nicht erhältlich – jetzt feiert er sein streng limitiertes Comeback!

    Auf solche Kniffe verzichtete Castle bei „Er kam nur nachts“. Diese Wende hin zur Seriosität machte sich allerdings nicht bezahlt, was Folgen hatte: Castles Machtposition im US-Filmgeschäft schwand, sodass sich seine Finanziers bei späteren Versuchen, wieder auf Gimmicks zu setzen, oftmals sperrten. Darüber hinaus beschloss Universal Pictures nach „Er kam nur nachts“, Schwarz-Weiß-Filmen den Rücken zu kehren.

    Augäpfel, Ziegendämon und Horror-Hochzeit

    „Er kam nur nachts“ hat allerdings mehr zu bieten als seinen Status als mehrfacher Karrierewendepunkt: Zwar reicht William Castles Versuch, Alfred Hitchcocks Stil aufzugreifen, nicht an die größten Klassiker des Supsense-Maestros heran. Dennoch ist dem Filmemacher eine atmosphärisch dichte Hitchcock-Annäherung gelungen, die mit engagierten Schauspielleistungen und ihrem schaurigen Stilwillen überzeugt.

    So weckt der surreale Auftakt, in dem die Heldin einem Ziegendämon begegnet und von schwebenden Augen verfolgt wird, Erinnerungen an die Traumsequenzen in Hitchcocks „Ich kämpfe um dich“. Irenes Unsicherheit, was Wahn und was Wirklichkeit ist, hat wiederum was von einem gefälligen B-Movie-„Vertigo“ und erreicht ihren Höhepunkt in einer beklemmenden Hochzeitssequenz voller unterschwelliger, nachhallender Bedrohlichkeit.

    Der stimmungsvollen Kameraführung zum Trotz lässt das Gefühl der Paranoia im letzten Drittel etwas nach, da der Film zu hektisch auf seine finale Auflösung steuert. Trotzdem bleibt er ein effektiver Geheimtipp für Genre-Fans, die eine Schwäche für Psycho-Thriller in galant-schaurigem Schwarz-Weiß haben.

    Endlich: Dieser Psychothriller von einem wahren Meister der Spannung erhält seine lang erwartete Heimkino-Neuauflage

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