Diese Woche kehrt John Kramer (Tobin Bell) alias Jigsaw in „Saw X“ zurück. Zu diesem Anlass wollen wir eine kleine Zeitreise durch das gesamte Franchise unternehmen. Dazu werden wir euch aus jedem Film eine prägnante Falle vorstellen, die jeweils die ikonischste, grausamste oder kreativste ist. Mögen die Spiele beginnen!
Eine kleine Vorwarnung: Die „Saw“-Filme sind sehr blutig und explizit und deshalb sind die folgenden Beschreibungen nicht für jeden geeignet. Auch kommt es immer wieder zu Spoilern, während wir euch die besten Traps präsentieren!
„Saw“: Die umgekehrte Bärenfalle
Der originale „Saw“ aus 2004 hat Kultstatus erreicht und ist wohl mit Abstand der beste Film der Reihe. Das liegt auch daran, dass er sich nicht dem Torture Porn hingibt, sondern in erster Linie ein atmosphärischer Thriller mit Kammerspiel-Charakter ist. Die Fallen, die im ersten Teil noch zurückhaltender genutzt werden, wirken dadurch umso ikonischer. So etablieren James Wan und Leigh Whannell hier die umgekehrte Bärenfalle, die zum Markenzeichen für die ganze Reihe wurde. Dabei handelt es sich um keine psychologisch oder sozial interessante Konzeption, sondern um eine sehr stumpfe, die genau deshalb so schrecklich ist.
In der populären Szene testet Jigsaw Amanda (Shawnee Smith) wegen ihrer Heroinsucht. Unser moralischer Ritter ohne moralisch funktionierendem Kompass fordert sie dazu auf, den Schlüssel innerhalb von 60 Sekunden aus dem Magen ihres Zellengenossens zu schneiden. Nur dieser kann die umgekerte Bärenfalle öffnen und davon abhalten, Amandas Kiefer auseinander zu reißen. Es ist die simple Grausamkeit, einen Gegenstand auf so perfide Weise umzufunktionieren, die in dem sonst eher auf Suspense beruhenden ersten Teil heraussticht. Eine einfache Falle, die uns früh etwas über den Stil des gerne herumwerkelnden John Kramers erzählt.
„Saw II“: Das Spritzen-Meer
„Saw II" gehört zu den besseren Sequels der Reihe. Darren Lynn Bousmans Inszenierung eines Drehbuchs, das ursprünglich gar nicht zum „Saw“-Franchise dazugehören sollte, bietet dank dreckiger Atmosphäre und schnellem Pacing noch genug Unterhaltungswerte. Gerade die Idee, die Protagonist*innen in ein Haus einzusperren, kann noch etwas von der klaustrophobischen Stimmung des ersten Teils transportieren. In diesem Haus spielt sich eine der grausamsten Fallen des Franchises ab – und wieder ist die arme Amanda betroffen. Diesmal wird sie in ein Meer aus Spritzen geschubst, in dem sie einen Schlüssel finden soll.
Die Szene kommt ohne Blut und ohne die Brutalität der umgekehrten Bärenfalle aus. Verstörend wirkt sie, weil Spritzen selbst schon ein Schrecken innewohnt: Sie injizieren etwas Fremdes in unseren Körper. Da ist es selbstverständlich, dass wir uns mit einem Meer an Spritzen mehr als unbehaglich fühlen. Hinzu kommt das Wissen um Amandas Heroinabhängigkeit, was den Verrat Xaviers, der sie in die Spritzen hineinschubst, unerträglich erscheinen lässt.
„Saw III“: Erstickt an Schweinegedärmen
Auch wenn ab „Saw III“ die Reihe massive Probleme zu entwickeln beginnt und der Begriff Torture Porn allmählich angemessen ist, spiegeln einige Fallen im dritten Kapitel des Puzzle-Mörders gelungen die Gründe, warum die jeweilige Person von John Kramer ausgewählt wurde. In einer besonders ekligen Falle steht Jeff (Angus Macfayden), dessen Kind bei einem Autounfall gestorben ist, vor der Wahl, ob er dem Richter, der den Täter nur milde abgestraft hat, das Leben retten soll. Dazu muss er loslassen und die Kuscheltiere seines Kindes verbrennen. Der Richter liegt in einem Loch, über dem so lange verrottete Schweine zerschnetzelt werden, bis dieser an den Gedärmen erstickt. Außer natürlich, Jeff handelt schnell genug.
Die Falle ist psychisch herausfordernd: Auf der einen Seite sollte die Entscheidung leicht fallen, einen Haufen Kuscheltiere zu opfern, um ein Menschenleben zu retten. Auf der anderen Seite steht Jeffs Gefühlswelt dem konträr entgegen. Er hegt Rachegelüste und kann nicht loslassen. Die Zuschauer*innen müssen das aushalten und sind zum Mitfiebern angehalten, dass Jeff die richtige Entscheidung trifft.
„Saw IV“: Ein haarsträubendes Dilemma
In „Saw IV“ soll Rigg (Lyriq Bent) getestet werden. Das ist deshalb verblüffend, weil sich sein vermeintliches Laster nur schwer als Laster auslegen lässt: Er sei zu besorgt um andere Menschen und vernachlässige sich selbst. Rigg muss in begrenzter Zeit mehrere Aufgaben lösen, um das Leben seiner Polizei-Kollegen Hoffman (Costas Mandylor) und Matthews (Donnie Wahlberg) zu retten. Direkt seine erste Aufgabe erweist sich als beste Falle des Filmes. In dieser ist das Haar einer Frau an einer Apparatur angebracht, die ihr dieses allmählich samt Kopfhaut herausreißen wird. Rigg soll die Frau ihrem Schicksal überlassen.
Das tut er nicht. Er versucht, sie zu befreien, was ihm letztlich glückt, da sich ein Code an der Maschine befindet, der diese ausstellt. Nachdem er die Frau befreit hat, versucht sie ihn mit einem Messer zu töten und unterliegt ihm im Zweikampf. Im Anschluss daran entdeckt Rigg ein Tonband, auf dem die Frau dazu angehalten wird, Rigg zu töten, da dieser sie sonst wegen Prostitution verhaften würde. Die Beweismittel dazu sind überall im Raum angebracht.
Diese Falle zieht ihre Spannung nicht nur aus dem Rätsel, in dem Rigg herausfinden muss, wie er die Falle überhaupt abstellen kann. Auch bietet sie mit der Frau, die nach ihrer Befreiung auf Rigg losgeht, einen kleinen Twist. Gleichzeitig zieht die Falle ihren Schrecken aus dem sozialen Dilemma der Situation: Die Frau wird von einem Mann gerettet, dessen Autorität sie hinter Gitter bringen könnte.
„Saw V“: Koniotomie
In „Saw V“ beginnt sich die Anzahl der Safe-Death-Fallen zu erhöhen. Zum Saw-Franchise gehörte immer das Knobeln, wie man eine Falle überleben kann. Nun kommt zunehmend die Frage hinzu, ob man eine Falle überleben kann. Im fünften Kapitel des Franchises findet ein Charakter eine kreative Möglichkeit, eine Falle zu überleben, auf die die Zuschauer*innen nie im Leben gekommen wären. Agent Strahm (Scott Patterson), der dem Jigsaw-Erben Hoffman allmählich auf die Schliche kommt, soll eigentlich bloß aus dem Weg geschafft werden. Er findet sich in einer Falle wieder, bei der sein Kopf in einem Kanister gefangen ist, in den allmählich Wasser gefüllt wird, bis er ertrinkt.
Kurzerhand holt Strahm einen Kugelschreiber aus seiner Tasche und sticht sich damit in die Luftröhre, wodurch er trotz des Wassers atmen kann. Diese Art der Notfalloperation nennt man in der Medizin Koniotomie. Der zugegebenermaßen unfreiwillig komische Überraschungsmoment stimmt uns Zuschauer*innen darauf ein, auch bei den Safe-Death-Fallen mitzuknobeln. Außerdem erinnert die Kanister-Konstruktion an die Einfachheit der umgekehrten Bärenfalle, weshalb sie als Markenzeichen des fünften Teils gilt.
„Saw VI“: Russisch Roulette
In „Saw VI“ wird es persönlicher: Getestet werden soll William (Peter Outerbridge), der als Direktor einer Krankenversicherung darüber entscheidet, welche Personen lebensverlängernde Maßnahmen erhalten – und welche nicht. John Kramer selbst wurde Opfer dieser Entscheidungsprozesse. Williams Mitarbeiter*innen suchen dafür kleine Details aus den Versicherungsverträgen heraus, gegen die die Patient*innen verstoßen haben, sodass man ihnen die Behandlung verwehren kann.
In einer der bekanntesten Fallen des Franchises sind eben diese Mitarbeiter an einem Karussell angebracht, das immer wieder vor einer Shotgun halt macht, die die Person tötet, die sich vor dem Waffenlauf befindet. William kann zwei der sechs Personen retten, indem er rechtzeitig eine seiner beiden Hände für eine Durchbohrung zur Verfügung stellt. Eine sadistische Umkehrung von Williams Auswahlverfahren.
„Saw 3D – Vollendung“: Auf offener Bühne
In „Saw 3D – Vollendung“ ist der Horror nicht nur greifbarer als je zuvor. Auch wartet der Film mit jeder Menge Blut auf, das … irgendwie pink ist!? Ausgewählt haben wir diesmal die Eröffnungsfalle, in der sich Brad (Sebastian Pigott), Ryan (Jon Cor) und Dina (Anne Lee Greene) in einer gläsernen Kammer auf einem öffentlichen Platz befinden. Dina führte mit beiden Männern gleichzeitig eine Beziehung, ohne dass diese davon wussten. Die Falle besteht darin, dass sich zwischen den beiden Männern Kreissägen befinden, die sie von sich wegdrücken sollen, um den jeweils anderen zu töten. Sollte nach einer Minute keiner von ihnen tot sein, stirbt Dina.
Neben dem sozialen Dilemma ist die Falle deshalb interessant, weil sie mit der klaustrophobischen Stimmung bricht und das Treiben in die Öffentlichkeit verlagert. Dadurch kommentiert die Szene ein Stück weit die Zuschauer*innen, die seit mittlerweile sieben Filmen immer wieder zurückkehren, wenn Jigsaw die Kinosäle erneut zu seinen persönlichen Folterkammern macht.
„Jigsaw“: Rückwärts denken
Gegen Ende von „Jigsaw“ wird Anna (Laura Vandervoort) des Mordes an ihrem Kind überführt. Sie und Ryan (Paul Braunstein) sind die letzten Überlebenden der düsteren Folterscheune. John Kramer stellt ihnen eine Schrotflinte bereit und erklärt, die Patrone sei der Schlüssel für ihr Überleben. Außerdem fordert er sie auf, rückwärts zu denken. Anna versteht John falsch und versucht, Ryan zu erschießen. Die Schrotflinte feuert allerdings rückwärts ab und tötet Anna. Außerdem war der Schlüssel zu den Fesseln der beiden in der Patrone versteckt. Er wurde durch den Schuss zerstört, weshalb Ryan gefesselt zurückbleibt.
Zugegeben: „Jigsaw“ hat wenig interessante Fallen. Dieses hat jedoch ein Rätsel und eine bitterböse Pointe zu bieten. Gleichzeitig kommt sie ohne sinnloses Blutvergießen aus und hat mit der Mahnung, „rückwärts“ zu denken, eine gewisse Poetik.
„Saw: Spiral“: Vater und Sohn
„Saw: Spiral“ sollte dem Franchise neuen Schwung verleihen. Nicht nur änderte sich der Ton der Filmreihe, auch versuchte man mit dem polizeikritischen Subtext einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt zu finden. Die Idee war gar nicht schlecht, da Polizei-Korruption im Franchise bereits eine Rolle spielte und manche Teile Züge von Polizei-Filmen hatten. Trotzdem konnte „Saw: Spiral“ sein Publikum größtenteils nicht von sich überzeugen.
Die erwähnenswerteste Falle findet sich im Finale: Zeke (Chris Rock) gelangt zu seinem Vater (Samuel L. Jackson), der an Drähten in der Luft hängt und dem durch Schläuche Blut aus den Venen gesaugt wird. Zeke kann seinen Vater retten, indem er auf ein Ziel schießt. Der Haken: Er hat nur eine einzige Kugel. Er kann also entweder seinen Vater retten und William gehen lassen. Oder den Jigsaw-Nachahmer erschießen und seinen Vater sterben lassen. Diese Art von Falle ist Fans des Franchises mehr als bekannt und findet hier nur Erwähnung, weil die restlichen Traps des Filmes blass bleiben. Dennoch hat sie einen fiesen Twist, der sie bemerkenswert macht.
Nachdem sich Zeke entscheidet und seinen Vater rettet, trifft die Polizei ein. Das löst einen Mechanismus aus, der Zekes Vater erneut in die Luft zieht und ihn zu einer Marionette werden lässt, der von der Maschine eine Schrotflinte aufgezwungen wird. Wenn die Polizei zu ihm gelangt, hält sie ihn für einen Angreifer und erschießt ihn.
Es bleibt spannend, welche Grausamkeiten uns in „Saw X" erwarten. Werdet ihr euch den Film ansehen – oder habt ihr mittlerweile mit dem Puzzle-Mörder abgeschlossen?
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