„The Wolf Of Wall Street“ ist eines der zahlreichen Meisterwerke im Spätwerk von Martin Scorsese. Dem Film gelingt es, den Wahnsinn seiner Hauptfigur Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio) greifbar zu machen und dabei immer einen klaren Blick auf die perfide Logik hinter seinem Treiben zu bewahren. Gerade weil Scorsese auf Wertungen verzichtet und aus der Perspektive des Täters berichtet, werden die Zuschauer*innen in einen ambivalenten Sog zwischen Rausch und moralischen Abgründen gezogen.
Scorsese bekam dabei unerwartet Hilfe von einer weiteren Regie-Legende – und zwar von niemand Geringerem als Steven Spielberg! Die Scorsese-Spielberg-Kombi hat nicht nur dafür gesorgt, dass erfahrenen Stars wie Leonardo DiCaprio die Kinnlade herunterklappte. Auch hat sie eine der besten Szenen des Filmes ermöglicht. Kaum verwunderlich, schließlich sind Scorsese und Spielberg die vielleicht größten und einflussreichsten noch lebenden US-Regisseure.
Jordan Belforts kriminelle Finanzabenteuer treiben ihn an einer Stelle des Films zu Steve Madden (Jake Hoffman), einem Modedesigner, dem er den Börsengang ermöglichen will. In diesem Zusammenhang soll sich Madden der gierigen Masse an Mitarbeiter*innen von Stratton Oakmont vorstellen. Der Schuhspezialist verfügt leider über keinerlei Bühnenpräsenz, weshalb Belforts Anhängerschaft hart mit ihm ins Gericht geht. Belfort selbst übernimmt – und beweist erneut sein Verkaufstalent: Er kann die Masse darauf einstimmen, Steve Madden-Aktien zu verkaufen.
Die Szene ist deshalb so brillant, weil sie zum einen zeigt, wie es Belfort gelingt, rauschhafte Stimmungen zu erzeugen. Zum anderen überträgt sie diese auf die Zuschauer*innen. Das liegt nicht bloß an dem genialen Schauspiel von DiCaprio, sondern auch an der einnehmenden Inszenierung der Szene. Genau bei dieser soll Spielberg seine Finger mit im Spiel gehabt haben, der dem Set eigentlich nur einen kurzen Besuch abstatten wollte.
Spielberg, der dafür bekannt ist, seinem Publikum Emotionen auf eindringliche Art und Weise näherzubringen, soll vorgeschlagen haben, mehr Kamera-Dynamik in die Szene zu bringen. Entstanden ist dabei die einprägsame Kamerafahrt, die sich ihren Weg durch die tobende und unendlich scheinende Masse bahnt. In kaum einer anderen Szene werden sich die Zuschauer*innen der agitatorischen Macht Belforts bewusster. Spielberg hat heimlich seinen Beitrag dazu geleistet – ohne im Abspann genannt zu werden.
Scorsese und Spielberg: Ein emotionales Treffen
Das Aufeinandertreffen dieser beiden Giganten war selbst für gestandene Stars wie DiCaprio oder Jonah Hill überfordernd. So erzählte Leo The Hollywood Reporter: „Das war für alle am Set wie ein Doppelschlag. Jeder, der an diesem Tag schauspielern musste, meinte: Spielberg und Scorsese beobachten mich? Jesus Christus!“ Im selben Interview erinnert sich auch Jonah Hill zurück und ergänzt: „Es war verrückt!“
Im selben Gespräch zeigt sich Scorsese fast nostalgisch: „Ich war seit ,Catch Me If You Can' nicht mehr an seinem Set. In den 70ern hingen wir oft zusammen und gaben uns gegenseitig Ratschläge. Aber als wir alle älter wurden, haben wir uns in gewisser Weise auseinandergelebt und unsere eigenen Filme gemacht“. Das Gipfeltreffen beider Regie-Schwergewichte hat sich also nicht bloß für den Film gelohnt, sondern war ein Ereignis von emotionalem Wert für alle Beteiligten.
"Ich hatte Angst": Deswegen hat Martin Scorsese ein großes Meisterwerk der 1990er-Jahre an Steven Spielberg abgegeben*Bei diesem Link zu WOW handelt es sich um einen Affiliate-Link. Mit dem Abschluss eines Abos über diesen Link unterstützt ihr FILMSTARTS. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.