Um zu verdeutlichen, wie skandalös der Serienkillerfilm „The House That Jack Built“ wirklich ist, hier mal eine kleine Anekdote vom Filmfestival in Cannes:
Im Gegensatz etwa zur Berlinale kann man sich in Cannes nicht einfach Karten für die Vorstellungen kaufen. Stattdessen richtet sich das Angebot nahezu ausschließlich an Journalist*innen, Filmschaffende und Branchenvertreter*innen – und die wissen eigentlich, was sie von einem neuen Lars-von-Trier-Film („Antichrist“) zu erwarten haben!
Trotzdem sahen sich die Festivalveranstalter im Vorfeld der Weltpremiere von „The House That Jack Built“ genötigt, noch einmal besonders auf die grausame Natur des Films hinzuweisen – und so stand damals auch auf unseren Tickets:
Warnung: Bestimmte Szenen sind geeignet, das Zartgefühl der Zuschauer zu verletzen.
Ein Novum in der Cannes-Historie. Und zudem ist es ja auch nicht so, als ob der Schrecken schnell wieder vorbei wäre. Ganz im Gegenteil: „The House That Jack Built“ dauert stolze zweieinhalb Stunden - und die werden heute Nacht ab 00.10 Uhr auf ARTE ausgestrahlt. Alternativ kann man sich den Film natürlich auch bei Amazon auf Blu-ray bestellen:
Das ist "The House That Jack Built"
Der Plot: Der titelgebende Häuslebauer Jack (volle Kanne psycho: Matt Dillon) hat sich selbst den Künstlername Mr. Sophistication gegeben und bereits mehr als 60 Morde begangen. Zu Beginn des Films hören wir aus dem Off, wie Jack einem unbekannten Mann (Bruno Ganz) ankündigt, ihm nun von fünf zufällig ausgewählten Vorfällen aus seiner Serienmörder-Karriere zu erzählen. Diese fünf Geschichten entsprechen zugleich den fünf Kapiteln, in die der Film unterteilt ist…
Die Grausamkeiten: Das erste Kapitel, in dem Jack eine namenlose Frau mit Reifenpanne (Uma Thurman) erschlägt, ist quasi ein kompletter Serienmörderfilm im Zehn-Minuten-Schnelldurchlauf. Aber wer sich hier schon in Sicherheit wiegt, dass „The House That Jack Built“ also offenbar doch nur ein „normaler“ Serienmörder-Film ist, wird spätestens im dritten Kapitel eines Besseren belehrt, wenn Jack auf die denkbar zynischste Weise Jagd auf eine alleinerziehende Mutter und ihre zwei kleinen Kinder macht.
In der kontroversesten Episode reagiert Lars von Trier offensiv auf den ihm oft gegenüber geäußerten Vorwurf, dass seine Filme frauenfeindlich seihen – und inszeniert ein weibliches Opfer ganz bewusst als „so dumm wie ein Türknopf“ und lässt Jack der Frau die Brüste abschneiden. Die Schauspielerin Riley Keough („The Devil All The Time“) trägt dabei sogar den Rollennamen „Simple“.
Und wer das alles durchsteht, auf den wartet die ultimative Provokation, wenn Lars von Trier im Finale auf alle Genrekonventionen pfeift und stattdessen ein katholisch-metaphysisches Finale mit operettenhafter Anmutung abfeuert…
Sollte man sich den Film ansehen?
Dass „The House That Jack Built“ sein Publikum spaltet, wäre wohl eine maßlose Untertreibung. Aber es ist auf jeden Fall ein Film, der Diskussionen befeuert und einen nicht mehr so leicht loslässt. Wir haben dem Film am Ende die (vielleicht ein wenig feige) Wertung von 2,5 von 5 Sternen gegeben.
Unser Fazit: Ist „The House That Jack Built“ nun auf bockige Art brillant, eine platt-pubertäre Provokation oder die schonungslose Selbstanalyse eines Regisseurs mit einer ganzen Menge Probleme? Wahrscheinlich von allem ein bisschen.
Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels anlässlich der heutigen TV-Ausstrahlung des Films.
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