Eine Dramaturgie, wie mit der stumpfen Zick-Zack-Schere gebastelt, platte Dialoge und Darstellerinnen, die Kostüme auftragen, als feiere der örtliche Mittelaltermarkt Fetischfreitag: Es gibt genug, um über „Im Reich der Amazonen“ verzweifelt den Kopf zu schütteln. Selbst, wenn man die erzählerischen Sackgassen und rumpeligen Effekte ignoriert. Aber in der richtigen Stimmung und mit der idealen Gesellschaft (ob digital oder real) kann das ordentlich Spaß machen.
Denn „Im Reich der Amazonen“ ist in seiner Schundhaftigkeit dermaßen selbstbewusst übertrieben, dass es sehr interessante Formen annimmt. TELE 5 zeigt „Im Reich der Amazonen“ heute, am 29. September 2023, ab 22 Uhr im Rahmen der Reihe „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“.
Das ist, egal ob ihr auf dem Sofa Gleichgesinnte versammelt, euch via Social Media mit „SchleFaZ“-Fans vernetzt oder alleine schaut, der ideale Rahmen: Oliver Kalkofe und Peter Rütten ordnen die Sinnlosigkeit, den dreisten Sexismus und alle eklatanten Filmfehler mit Wissen, Witz und Passion ein.
Wollt ihr euch dennoch auf eigene Faust in den Film stürzen, findet ihr ihn in einer seiner diversen Schnittfassungen derzeit sogar im Abo bei Amazon Prime Video:
Für puristisch veranlagte Filmfans mag dies eine Alternative sein, wir würden aber zur „SchleFaZ“-Guckbetreuung raten. Erstens, weil der Film so zur spritzigeren Erfahrung wird. Und zweitens, um TELE 5 durch hohe Quoten und massig Interaktion bei X (ehemals Twitter) vorzuführen, welcher Fehler es war, das baldige Ende des Formats auszurufen.
"Im Reich der Amazonen": B-Movie-Legende Roger Corman schlägt wieder zu
Das Volk der Amazonen-Kriegerin Dyala (Mindi Miller) leidet unter dem herrschsüchtigen Magier Kalungo (Joseph Whipp) sowie seiner boshaften Mutter. Daher begibt sich Dyala auf die Suche nach dem heiligen Schwert Azundati. Auf der Suche begegnet sie zahlreichen Gefahren, macht aus ihrer Feindin Tashi (Penelope Reed) eine Gefährtin, und verbessert ihre Kampfkünste – aber ist das genug für den Sieg?
Zur Einstimmung auf das kommende Netflix-Remake: Horror-Kult feiert ungekürztes Heimkino-ComebackRoger Corman ist der Dr. Jekyll und Mr. Hyde des US-Genrekinos: Der mit einem Ehrenoscar prämierte Filmemacher förderte unter anderem „Das Schweigen der Lämmer“-Regisseur Jonathan Demme, Blockbuster-Garant James Cameron, „Gremlins“-Macher Joe Dante und Regie-Legende Martin Scorsese. Und er selbst inszenierte so denkwürdige Horrorklassiker wie „Die Verfluchten“.
Aber Corman produzierte auch haufenweise kalkulierte Fließbandware, bei der die Kreativität durch rigide Sparmaßnahmen erdrückt wurde – wie „Im Reich der Amazonen“: Alte Kulissen des Barbarenfilms „Der Todesjäger“ wurden wiederverwendet, und das bei den kurzen, billigen Dreharbeiten entstandene Material mit Archivaufnahmen gestreckt. Die Verwertungskette ging danach weiter: So wurden in „Mystor – Todesjäger II“ und „Ein Königreich vor unserer Zeit 2“ auch Szenen aus „Im Reich der Amazonen“ gequetscht.
Wiederverwertungen sind zwar selbst im A-Kino zu sehen: Es gibt beispielsweise nachskizzierte „Das Dschungelbuch“-Szenen in Disneys Fuchsfilm „Robin Hood“. Doch im Idealfall fällt dies nur dem überaus aufmerksamen Auge auf. Bei Cormans Fließbandware dagegen ploppt die Recyclingware derart aggressiv auf, dass sie die Illusion zerstört.
Daher: Unbedingt Einschalten!
Dem erdrückenden Sparsinn gesellt sich schäbiger Inhalt hinzu: Völlig unmotivierte, geifernde Nackt- und Sexzszenen, mit denen man sich spürbar bei einem lüstern-pubertären Publikum anbiedern will. Strunzdumme Dialoge und fallen gelassene Subplots sprechen eine klare „Das dumme Volk wird’s schon nicht merken!“-Sprache. Eine Sprache, die ausgerechnet in diesem Film über ein Kriegerinnenvolk mit massig „Frauen sind hohl, zickig und eh nur etwas wert, wenn sie heiß aussehen“-Misogynie bestückt wird.
Das ist krude und oftmals geschmacklos. Aber teilweise in seiner Lüsternheit und Verzweiflung, mit wenig Geld großes und unangepasstes Fantasykino zu machen, fast schon liebenswert unbeholfen. Und es ist definitiv filmhistorisches Zeitkolorit, das mit Abstand, ironischer Distanz und ehrlicher Bewunderung dafür, was Regisseur Alejandro Sessa und Drehbuchautor Charles R. Saunders unter Cormans Sparpolitik versucht haben, amüsante Züge gewinnt. Wenn man also jemals vorhatte, sich ins Reich der Amazonen zu begeben, dann ist heute der perfekte Tag dafür!
Nach 36 Jahren Verbot: Die ultrabrutale Antwort auf "Halloween" kehrt ungekürzt ins Heimkino zurück!*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links oder beim Abschluss eines Abos erhalten wir eine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.