„Top Gun“ hat es aus vielerlei Gründen geschafft, heute zu den wohl größten Kultfilmen aller Zeiten zu zählen. Nimmt man einmal den Umstand heraus, dass das Himmelstürmer-Spektakel von 1986 damals einfach einen Nerv getroffen hat, dann lässt sich der Erfolg an drei eindeutigen Punkten festmachen: eindrucksvolle Bilder, ein durch und durch ikonischer Soundtrack und Tom Cruise.
Dass „Top Gun 2: Maverick“ ebenfalls derartig durch die Decke ging, ist zwar auf den ersten Blick überraschend, man darf jedoch die Starpower von Tom Cruise und die hemmungslose Kraft der Nostalgie auf gar keinen Fall unterschätzen. Darüber hinaus hat die verspätete Fortsetzung auch von phänomenaler Mundpropaganda gezehrt, denn gerade die Actionsequenzen haben selbst Nicht-Anhänger*innen des Originals regelrecht aus dem Kinosessel geblasen.
Obgleich „Jede Sekunde zählt – The Guardian“ von 2006 nicht einmal annähernd in der Kult-Liga eines „Top Gun“ spielt und am Box Office eindeutig baden ging, sollten sich Fans der beiden Tom-Cruise-Hits den Film von Andrew Davis („Auf der Flucht“) heute Abend, um 20.15 Uhr auf Kabel 1 auf keinen Fall entgehen lassen. Denn auch hier werden all die Elemente aufgeboten, die „Top Gun“ und „Top Gun 2“ ausmachen.
Darum geht’s in "Jede Sekunde zählt – The Guardian"
Rettungsschwimmer-Legende Ben Randall (Kevin Costner) wird von einem traumatischen Erlebnis erschüttert: Nicht nur, dass seine Frau Helen (Sela Ward) abgehauen ist – bei einem katastrophalen Einsatz verliert er auch noch seine gesamte Crew. Sein Vorgesetzter und Freund Frank Larson (John Heard) verdonnert ihn dazu, eine Auszeit zu nehmen und an der „A“-School, der besten Ausbildungsschule des Küstenwachennachwuchses, zu unterrichten.
Obwohl das Randall überhaupt nicht schmeckt, hat er keine andere Wahl und begibt sich nach Kodiac, Alaska, um seine neue Stelle anzutreten. Seine Unterrichtsmethoden sind unkonventionell und ausschließlich praxisorientiert, was ihn bei seinen Mitarbeiter*innen nicht unbedingt beliebt macht. Aus der Gruppe von 22 jungen Männern und Frauen sticht der Hochleistungsschwimmer Jake Fischer (Ashton Kutcher) heraus, doch Randall steht dem jungen Mann äußerst skeptisch gegenüber...
"Top Gun 2" mit Kevin Costner und Ashton Kutcher?!
Obwohl „Top Gun 2“ natürlich erst 16 Jahre nach „Jede Sekunde zählt – The Guardian“ erschienen ist, erkennt man anhand der Ausgangslagen die Ähnlichkeit der beiden Filme auf den ersten Blick. Während Maverick (Tom Cruise) strafversetzt wird und an seiner alten Ausbildungsschule als Lehrer arbeiten muss, ist auch Randall nicht begeistert davon, zu dem Ort zurückzukehren, an dem seine steile Karriere einst begonnen hat. Wie Maverick ist auch Randall der Beste seines Fachs, hat Rekord um Rekord aufgestellt und unzähligen Menschen das Leben gerettet, auch wenn seine Methoden oftmals fragwürdig sind.
Der von Ashton Kutcher gespielte Jake Fischer schlüpft quasi in die Rolle von Rooster (Miles Teller), mit dem Randall oftmals deutlich härter ins Gericht geht, einfach weil er sieht, wie viel Potenzial in dem Jungen steckt (und er damit auch seinem rechtmäßigen Nachfolger den Weg bereitet – ähnlich wie es bei Maverick und Rooster der Fall ist). Im Zentrum der Geschichte steht aber nicht nur die zwischenmenschliche Mentor-Schüler-Dynamik zwischen den beiden Alpha-Männchen.
Eine Hohelied auf das Heldentum
Obwohl das Training hier noch einmal deutlich härter als im ersten „Top Gun“ ausfällt, bekommt man als Zuschauer*in von Regisseur Andrew Davis fortwährend das Gefühl vermittelt, nichts wäre ehrenwerter und geiler, als sich in den Dienst der amerikanischen Küstenwache zu stellen. Schließlich kommt diese erst dann zum Einsatz, wenn alle anderen versagen!
Wer sich bei „Top Gun“ schon an dem schmalzigen Hohelied gestört hat, welches nicht nur auf den Militarismus, sondern auch auf das klassische Bild des unzerbrechlichen Helden angestimmt wurde, der wird auch mit „Jede Sekunde zählt – The Guardian“ so seine Probleme haben. Vor allem die letzten 15 Minuten sind purer, ungefilterter, schmalztriefender Pathos, der ein eigentlich packendes Finale unnötig auswalzt.
Darüber hinaus aber beweist Genre-Routinier Andrew Davis, dass er ein begabter Handwerker ist. Die Rettungssequenzen auf hoher See sind wuchtig und erzeugen fast schon eine Art Demut vor der Urgewalt der Natur. Kevin Costner kann wie gewohnt durch viel Charisma punkten, während Ashton Kutcher leider austauschbar und blass bleibt. Die Dynamik zwischen Tom Cruise und Miles Teller entlädt sich allein aufgrund der schauspielerischen Fähigkeiten auf einer ganz anderen Ebene.
Sehen wir in "Avengers 5" doch noch Tom Cruise als Iron Man?Dies ist eine Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.