Es wurde vom Regisseur eines Disney-Meilensteins inszeniert, von der US-Fachpresse im Zuge seines Kinostarts erzürnt in der Luft zerrissen und ist seither zu einem kontroversen Kultklassiker aufgestiegen: Das Historienepos „Mandingo“ gilt gleichzeitig als Schund, derbes Exploitation-Mammutwerk, makabres Camp-Vergnügen und als einst verkannte, schonungslose Schilderung rassistischer Gräueltaten.
Zudem ist der Skandalfilm eine entscheidende Inspirationsquelle für Quentin Tarantinos „Django Unchained“. In Deutschland war „Mandingo“ 38 Jahre lang indiziert, erst 2021 erschien er erstmals uncut im hiesigen Heimkino – als Exklusivtitel im Shop von Plaion-Pictures-Vorläufer Koch Films. Aber seit dieser Woche ist „Mandingo“ regulär im Handel erhältlich – ungeschnitten und mit FSK 18:
Es handelt sich um dieselbe Mediabook-Edition, die bereits 2021 exklusiv bei Koch Films vertrieben wurde. Neben einer Blu-ray und einer DVD ist im Set ein 20-seitiges Booklet enthalten. Das Bonusmaterial umfasst unter anderem eine filmhistorische Einordnung durch Kinoexperte Jean-Baptiste Thoret sowie zwei alternative, kürzere „Mandingo“-Schnittfassungen.
"Mandingo": Sklaverei, blutige Kämpfe und sexuelle Gewalt
Auf seiner maroden Plantage zwingt Warren Maxwell (James Mason) Sklaven zu blutigen Schaukämpfen. Sein Sohn Hammond (Perry King) wiederum wird von seinen Sklavinnen als Serienvergewaltiger gefürchtet. Damit der Familienstammbaum einen weißen Nachkommen erhält, zwingt Warren seinen Sohn, seine Cousine Blanche (Susan George) zu heiraten. Doch auch nach der Eheschließung vergeht er sich weiter an anderen Frauen. Als er sich zunehmend für die Sklavin Ellen (Brenda Sykes) interessiert, wird Blanche wütend und beschließt, ihren Gatten zu hintergehen, indem sie den Sklaven Mede (Ken Norton) zum Sex zwingt. Bald darauf kommt es zum unvermeidlichen Gewaltausbruch...
Sowohl inhaltlich als auch visuell hat sich Quentin Tarantino einige Elemente aus „Mandingo“ geborgt, um das Geschehen auf der Plantage des von Leonardo DiCaprio gespielten Sklavenhalters Calvin Candie zu schildern. Sozusagen als „Quellenangabe“ bringt Tarantino auch den Filmtitel des kontroversen und unbequemen Filmklassikers in den Dialogen des Rache-Westerns „Django Unchained“ unter.
Wie schon viele andere Tarantino-Inspirationsquellen machte auch „Mandingo“ eine bewegte Rezeptionsgeschichte durch: Die von Richard Fleischer inszenierte Romanadaption wurde zunächst von der überwältigenden Mehrheit der Fachpresse verrissen. Vor allem wurde Fleischers Film vorgeworfen, den Rassismus auszuleben, den er vermeintlich verurteilt. Daher bezeichnete ihn beispielsweise Kritikerlegende Roger Ebert als „rassistischen Müll“.
Doch schon im Zuge der Kino-Erstaufführung 1975 fanden sich positive Stimmen – die feierten ihn allerdings zumeist als ironisch-abgeschmacktes Camp-Fest. Seither drehte sich der Wind allerdings.
Zwar lassen sich ungebrochen Stimmen finden, die „Mandingo“ als rassistisch oder als sonderbar-komisch bezeichnen. Aber zunehmend wird er wahlweise als gewieft Geschmacksgrenzen auslotendes, spannend-herbes Exploitationepos bezeichnet oder aber als erschreckende, ungeschönte Auseinandersetzung mit der widerlich-finstersten Vergangenheit der USA und daher lobenswerte Abrechnung mit Rassismus.
So betrachtet gelang Fleischer, der auch solche Filme drehte wie das Disney-Abenteuer-Meisterwerk „20.000 Meilen unter dem Meer“ und den Arnold-Schwarzenegger-Klopper „Conan der Zerstörer“, ein kleines filmhistorisches Kuriosum. Schließlich passiert es deutlich häufiger, dass ambitionierte Hollywood-Historienfilme mit Abstand kritischer in ihrer Schilderung der Vergangenheit betrachtet werden, statt wohlwollender.
So gesehen ist „Mandingo“ also ein verkehrtes „Vom Winde verweht“. Was das ursprüngliche US-Poster zu „Mandingo“, das auf die Werbegrafiken für Südstaaten-Romanze anspielt, rückblickend fast schon tolldreist-genial erscheinen lässt...
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