Mit Klassikern wie „True Romance“, „Top Gun“ oder „Last Boy Scout“ konnte Tony Scott nicht nur mehrfach Filmgeschichte schreiben, sondern auch die Ästhetik des modernen Action- respektive Blockbuster-Kinos maßgeblich mitgestalten. Sein „Der Staatsfeind Nr. 1“ mit Will Smith, der bei Disney+ gestreamt werden kann, zählt für mich nicht nur seinen besten Arbeiten, sondern auch zu den spannendsten Thrillern der 1990er-Jahre.
Darum geht es in "Der Staatsfeind Nr. 1"
Der junge und zielstrebige Staranwalt Robert Clayton Dean (Will Smith) hat alles, wovon ein Mann in seinem Alter nur träumen kann: Einen angesehenen Beruf, in dem er sogar hochgradig erfolgreich ist, ein schickes Haus, eine ihn liebende Frau (Regina King) und einen kleinen Sohn. Doch urplötzlich gerät der ahnungslose Familienvater in den Besitz eines brisanten Videos.
Darauf zu sehen ist der NSA-Agent Thomas Brian Reynolds (Jon Voight), der mit einem von ihm fingierten, politisch-motivierten Mord in Verbindung gebracht wird. Ohne zu wissen, in was für einer Lebensgefahr Robert sich von nun an befindet, gerät er ins Visier der von Reynolds auf ihn angesetzten Killer. Mit Hilfe modernster technischer Überwachsungsapparte löschen sie nach und nach seine gesamte Existenz aus. Hilfe erhält er aus dem Untergrund vom Überwächungsexperten Brill (Gene Hackman)...
Hochgeschwindigkeitskino ohne Atempause
Egal was man über die Filme von Tony Scott auch sagen möchte und wie oft man den – weitgehend unfairen – Vergleich zu seinem Bruder Ridley Scott bemüht: Bildgewaltig sind sie allesamt. Das liegt daran, dass Tony Scott ein ganz und gar hervorragender Handwerker ist. Seine Geschichten erzählt er ungemein cineastisch, Bild- und Klangwelten brennen sich in das Gedächtnis der Zuschauer ein. Der dynamischen Inszenierung Scotts konnten die meisten Filmemacher nur selten das Wasser reichen.
Auch in „Der Staatsfeind Nr. 1“ kommen die Stärken Tony Scotts durchweg zum Vorschein. Angetrieben und rhythmisiert durch die charakteristischen Stilismen des Regisseurs, von schnellen Schnittfolgen, der Handkameraarbeit und Split Screens, funktioniert der Hightech-Thriller aus dem Jahre 1998 als einnehmend-pulsierendes Hochgeschwindigkeitskino, in dem weder dem Hauptdarsteller noch den Zuschauer*innen die Möglichkeit zum Durchschnaufen gegeben wird.
"Der schlechteste Film, den ich je gemacht habe": Diese Rolle bereut Arnold Schwarzenegger am meistenEinen gehörigen Anteil zur durchgängig anhaltenden Spannung von „Der Staatsfeind Nr. 1“ trägt natürlich auch der Umstand bei, dass die Thematik nach wie vor extrem aktuell ist. Die Diskussionen über die Gefahren des medialen Überwachungsstaates sind heute genauso akut wie vor mehr als zwanzig Jahren. Dabei zeigt „Der Staatsfeind Nr. 1“ das destruktive Szenario der totalen Kontrolle als Korruption des kompletten Staatsapparates und nicht als düstere Machenschaft einer Einzelperson.
Darüber hinaus bietet Will Smith eine seiner besten Performances, weil er nicht der souveräne Action-Held ist, sondern seine Hilflosigkeit und Todesangst tatsächlich durchaus mitreißend von ihm vermittelt werden. Ihm zur Seite wird mit Schauspiel-Titan Gene Hackman sogar noch ein schönes cineastisches Schmankerl gestellt, denn wenn man so möchte, spielt dieser hier die ältere Version seines Überwachungsspezialisten aus Francis Ford Coppolas Paranoia-Meisterwerk „Der Dialog“.
Dies ist eine Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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