Joaquin Phoenix (demnächst in „Beau Is Afraid“ im Kino zu sehen) zählt zu den besten Schauspielern unserer Zeit. Das liegt vor allem daran, dass Phoenix sich geradezu aufopferungsvoll in seine Rollen schmeißt und in seinen Performances gerne auch mal dorthin geht, wo es weh tut. Seine Auftritte in „Gladiator“, „Her“, „The Master“, „Walk The Line“, „Come On, Come On“ oder „A Beautiful Day“ bleiben deswegen aufgrund ihrer ungeheuren Intensität noch lange im Gedächtnis. Das gilt natürlich auch für Phoenix' Darbietung in „Joker“, für die er sich auch seinen ersten Academy Award abholen durfte – natürlich vollkommen verdient.
Wenn es aber nach mir geht, dann hat Joaquin Phoenix in „Inherent Vice - Natürliche Mängel“ die grandiosere Performance abgelegt. Im Gegensatz zu „Joker“ muss er hier zwar nicht so in die emotionalen Extreme ausschlagen, sein Larry Sportello ist aber auch immer wieder dem Wahnsinn nahe – oder droht vom Wahnsinn seiner Umgebung einfach mitgerissen zu werden. Falls ihr „Inherent Vice“ von Paul Thomas Anderson bislang noch nicht gesehen habt, könnt ihr ihn am heutigen 18. Februar 2023 nachholen: Um 22.20 Uhr feiert der Film aus dem Jahr 2014 heute seine (späte) Free-TV-Premiere auf Tele 5!
Mit einer satten Laufzeit von gut 150 Minuten könnte der späte Ausstrahlungstermin für manche ein Problem darstellen. Falls ihr „Inherent Vice“ darüber hinaus lieber ohne Werbeunterbrechungen und/oder im englischsprachigen Originalton schauen möchtet, könnt ihr zum Beispiel auf Onlinehändler wie Amazon ausweichen, um euch die Blu-ray oder DVD zu besorgen:
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Darum geht's in "Inherent Vice"
Los Angeles in den 1970er-Jahren: Der Privatdetektiv und Drogenliebhaber Larry „Doc“ Sportello (Joaquin Phoenix) ist mehr als überrascht, als seine Ex-Freundin Shasta (Katherine Waterston) eines Tages plötzlich bei ihm auf der Matte steht. Sie erzählt ihm davon, dass sie eine Affäre mit dem Millionär Mickey Wolfmann (Eric Roberts) hat. Dessen Ehefrau Sloane (Serena Scott Thomas) plant zusammen mit ihrem Liebhaber, den reichen Bauherrn zu entführen und in eine psychiatrische Anstalt zu verfrachten.
Doc soll der verliebten Shasta nun dabei unter die Arme greifen, dieses Vorhaben zu verhindern. Doch kaum hat der Ermittler mit seinen Nachforschungen begonnen, verschwindet Mickey auch schon vom Erdboden. Während Doc seine Bemühungen zur Aufklärung des Falls immer weiter verstärkt, bekommt er es mit seinem verfeindeten Ex-Polizeikollegen Christian „Bigfoot“ Bjornsen (Josh Brolin) und vielen weiteren zwielichtigen Gestalten zu tun. Ein unbeschadetes Entkommen wird für Doc zunehmend unwahrscheinlicher.
Joaquin Phoenix ist grandios – aber der Film auch!
Dass „Inherent Vice“ heute eher als Geheimtipp gehandelt wird, ist schon ziemlich überraschend. Nicht nur, weil der Film von Paul Thomas Anderson inszeniert wurde, der seit „Boogie Nights“ zu den wichtigsten Regisseuren der Gegenwart zählt. Allein der stargespickte Cast sollte eigentlich jede Menge Aufsehen erregen, denn neben den bereits erwähnten Joaquin Phoenix, Katherine Waterston („Babylon“), Eric Roberts („Runaway Train“), Serena Scott Thomas („Hostage“) und Josh Brolin („Deadpool 2“) sind außerdem Owen Wilson („Loki“), Reese Witherspoon („Your Place Or Mine“), Benicio Del Toro („Sicario“), Maya Rudolph („Sisters“), Michael K. Williams („The Wire“) und Martin Short („Only Murders In The Building“) mit von der Partie. Ein grandioser All-Star-Cast, der sich auch durch die Bank weg hochgradig spielfreudig präsentiert.
Über allem steht aber Joaquin Phoenix, der sich hier erneut dermaßen ins Zeug legt, dass es eine Wonne ist. In der offiziellen FILMSTARTS-Kritik, in der „Inherent Vice“ hervorragende 4,5 von 5 möglichen Sternen erhalten hat, heißt es diesbezüglich: „Joaquin Phoenix spielt auch den dauerbekifften Doc mit seiner berühmt-berüchtigten manischen Hingabe und geht ganz in der Rolle auf.“ Das Besondere an seiner Performance hier ist, dass er – im Gegensatz zum bereits erwähnten „Joker“ – auch eine wunderbar selbstverständliche Situationskomik an den Tag legt, die in dieser Natürlichkeit vielleicht noch herausfordernder gewesen ist als die Darstellung einer psychisch kranken Seele.
Die FILMSTARTS-Kritik zu "Inherent Vice"
„Inherent Vice“ ist aber auch sonst ein Ausnahmewerk. Bei der Adaption des gleichnamigen Romans von Thomas Pynchon ist ein ganz besonderes, völlig abgefahrenes und oftmals gezielt irritierendes Seherlebnis herausgekommen: „Der satirisch-humoristische Drogen-Thriller ist ein pathologisch eigensinniger, selbstbewusst-stilsicher inszenierter, wirr-charmanter Trip, der wahrscheinlich kein großes Publikum finden, aber anspruchsvolle Filmliebhaber*innen mit einem Sinn für das wahrhaft Außergewöhnliche in Verzückung versetzen wird.“
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Und mehr muss man zu „Inherent Vice“ eigentlich nicht sagen. Freund*innen von Kultfilmen wie zum Beispiel „Fear And Loathing In Las Vegas“ oder auch „Jackie Brown“ und „The Big Lebowski“ werden hier definitiv auf ihre Kosten kommen. Denn durch die poetisch-psychedelische Atmosphäre, die nicht nur die Charaktere, sondern auch die Zuschauer*innen zum Schweben und Gleiten einlädt, wird man hier Zeuge einer meisterhaften Schrägheit, die wohl nur ein Regisseur auf die Beine stellen konnte, der zuvor in ihrer Intellektualität fast erdrückende Arthaus-Monster wie „There Will Be Blood“ oder „The Master“ auf die Beine gestellt hat. Ein Befreiungsschlag der besonderen Art.
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