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    Gerichtsentscheidung versetzt Hollywood in Aufruhr: Trailer dürfen nicht lügen!
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Als zugelassener Rechtsanwalt interessiert sich Björn Becher auch für alle Filmthemen mit Jura-Bezug – von Justizfilmen über Fragen des Jugendschutzes bis hin Hollywoods Branchenprozessen.

    Dürfen Trailer in die Irre führen? Und wenn ja, wie weit? Damit beschäftigt sich aktuell ein Gericht in Kalifornien und auch wenn ein Urteil noch aussteht, sorgte eine erste Entscheidung in Hollywood für ganz schöne Unruhe.

    Universal Pictures

    Ein Richter in Kalifornien hat im Rahmen eines Rechtsstreits zweier Filmfans gegen das Hollywood-Studio Universal entschieden, dass Trailer gegen Gesetze über irreführende Werbung verstoßen können und Studios deswegen von Filmfans verklagt werden können. Es ist eine Entscheidung, die für viel Aufsehen sorgt. Doch was steckt dahinter? Warum ist die Sachlage nicht ganz eindeutig? Und warum ist nicht zu erwarten, dass enttäuschte Kinogänger*innen nun reihenweise Klagen einreichen werden? Wir erklären es euch.

    Der Prozess: Ana-de-Armas-Superfans sauer über "Yesterday"

    Dabei müssen wir erst einmal auf den aktuell vor einem kalifornischen Gericht stattfindenden Prozess schauen. Zwei Männer, die sich als große Fans von Ana de Armas bezeichnen, haben jeweils 3,99 Dollar bei Amazon Prime Video gezahlt, um Danny Boyles Romantikkomödie „Yesterday“ auszuleihen. Nach eigenen Angaben machten sie dies, weil sie sich auf de Armas freuten, die in einem frühen Trailer zu sehen war.

    Allerdings wurde der „Knives Out“-Star komplett aus dem Film geschnitten. Nach Angaben von Drehbuchautor Richard Curtis war sie eigentlich zwischenzeitlich als Love Interest für Hauptfigur Jack (Himesh Patel) geplant, doch bei Testvorführungen kam es nicht gut an, dass der Protagonist sich so lange von seiner eigentlichen Liebe Ellie (Lily James) entfernt. Daher habe man alle Szenen gestrichen.

    Ana de Armas im Trailer zu Universal Pictures
    Ana de Armas im Trailer zu "Yesterday". Im Film fehlt diese Szene.

    Die beiden Kläger sehen sich durch die Trailer getäuscht. Sie fordern mindestens fünf Millionen Dollar Schadenersatz und repräsentieren im Rahmen einer Sammelklage eine ganze Gruppe von weiteren Personen, die sich durch den Trailer getäuscht fühlen.

    Trailer: Werbung oder eigene Kunst?

    Eine große Streitfrage wurde nun vor dem Gericht geklärt. Sind Trailer nur Werbung oder nicht vielleicht doch auch Kunst? Warum war diese Frage wichtig? Nur wenn Trailer als Werbung eingestuft wird, können die Gesetze über irreführende Werbung greifen, können Studios zur Zahlung von Schadenersatz nach diesen Gesetzen verurteilt werden.

    Mit „Trailer sind Kunst“ hat das Anwaltsteam von Hollywood-Studio Universal argumentiert und unter anderem auf eine Vorschau zu Steven Spielbergs Klassiker „Jurassic Park“ verwiesen, die komplett aus Material bestand, das nicht im Film vorkommt, sondern extra für einen stimmungsvollen Trailer gedreht wurde.

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    Doch der Richter folgte dieser Argumentation nicht und schrieb: „Universal liegt damit richtig, dass Trailer einige Kreativität und redaktionelles Ermessen beinhalte, aber das übertrifft nicht die kommerzielle Natur eines Trailers. Im Kern ist ein Trailer eine Werbung, die gestaltet wurde, um einen Film mittels einer Vorschau auf diesen Film an die Konsumenten zu verkaufen.“

    Damit ist klar: Die Gesetze über irreführende Werbung können Anwendung finden. Trailer dürfen nicht lügen! Damit ist die Tür für Schadenersatzklagen wegen angeblich irreführender Trailer offen. Das sorgt in Hollywood für riesige Unruhe, weil nun weitere Klagen befürchtet werden. Doch wie weit ist sie offen? Ist zu erwarten, dass nun wirklich massenhaft Klagen stattfinden?

    Das Urteil ist noch in weiter Ferne

    Dazu muss klargestellt werden, dass im aktuellen Fall noch kein Urteil gefällt wurde. Der zuständige Richter hat nur diese Einzelfrage entschieden, sodass der Prozess nun auf dieser Grundlage weiterlaufen kann. Nun folgen erst die nächsten Phasen der Verhandlung. Dabei werden sicher noch weitere Fragen diskutiert – wie, ob die Fans nicht auch ohne de Armas genug für ihre 3,99 Dollar bekommen haben und ob sie vielleicht wissen konnten, dass die Schauspielerin nicht im Film ist.

    Noch völlig unklar ist auch, was ihnen der Richter am Ende zuspricht, wenn er ihrer weiteren Argumentation folgen sollte. Gibt es am Ende nur die 3,99 Dollar pro Nase zurück, dann dürfte dies sicher keine Welle weiterer Klagen nach sich ziehen.

    Vor allem hat das Gericht selbst seine Beurteilung entscheidend eingeschränkt, was schnell übersehen werden kann.

    Die wichtigen Einschränkungen des Gerichts

    Der zuständige Richter will nämlich gerade nicht Tür und Tor sperrangelweit für weitere Klagen öffnen. Er will gerade nicht, dass jeder beliebige Filmfan nun klagen kann, weil er persönlich von einem Film enttäuscht ist und dann konstruiert, dass er nach dem Trailer etwas anderes erwartet hat. Er füllt nämlich aus, was dieses Lügen ist, das Trailer nicht dürfen.

    So stellt er klar, dass die Gesetze über irreführende Werbung nur zutreffen, wenn eine „signifikante Zahl vernünftiger Konsumenten“ davon in die Irre geleitet werden können. Ein „sich persönlich getäuscht fühlen“ reicht also nicht aus. Man muss erklären, warum auch viele ganz normale Filmkonsumenten diese falschen Erwartungen mitgebracht haben. Hier ist das zutreffend: Sieht man Ana de Armas prominent im Trailer, erwartet man Ana de Armas erst einmal auch im Film!

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    Zudem will der Richter auch nicht die Tür für weitere Fälle öffnen, in welchen argumentiert wird, dass man nach dem Trailer ein anderes Genre, mehr Action oder bestimmte Handlungsverläufe erwartet hat. All das wird nicht erfasst: „Die Entscheidung des Gerichts ist beschränkt auf Fälle darüber, ob eine Schauspielerin oder eine Szene in einem Film ist und für nichts anderes“, schreibt das Gericht so.

    Irreführende Werbung kann es also erst einmal nur sein, mit Szenen und Stars im Trailer zu werben, die dann nicht im Film sind. Macht ein Trailer das, lügt er nach Auffassung des Gerichts. Auch da gibt es genug Beispiele, doch dass nun lauter von einem Film enttäuschte Konsumenten Vorwürfe wegen irreführender Werbung anhand eines Trailers konstruieren, muss Hollywood wohl nicht befürchten.

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