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    Lohnt sich "The Witcher: Blood Origin"? So gut ist die neue Fantasy-Serie auf Netflix
    Julius Vietzen
    Julius Vietzen
    -Redakteur
    Seit dem ersten "The Witcher"-Spiel ist Julius ein Fan, der natürlich auch die anderen Spiele, Bücher & Geschichten sowie die Serien verschlungen hat.

    „The Witcher“ gehört zu den Aushängeschildern von Netflix, nun bringt der Streamingdienst die Prequel-Serie „Blood Origin“ an den Start. In unserer Kritik zu allen vier Folgen erfahrt ihr, warum das Spin-off nicht mit der Mutterserie mithalten kann.

    Netflix

    Netflix setzt zwar immer wieder auch scheinbar populäre Formate ab, doch die echten Hits baut der Streamingdienst gerne zu großen Franchises aus – das lässt sich nirgendwo besser beobachten als bei „The Witcher“. Neben zwei bisher erschienenen Staffeln der Netflix-Serie gab es bereits den Anime-Film „Nightmare Of The Wolf“, mehrere Making-Ofs und Hinter-den-Kulissen-Specials und ein Kaminfeuer. Eine dritte Staffel ist in Produktion, ebenso wie weitere Spin-Offs, darunter auch eine familienfreundliche (!) Animationsserie.

    Nun steht aber erst mal das wohl größte und prestigeträchtigste Spin-off in den Startlöchern: „The Witcher: Blood Origin“ ist eine Prequel-Serie, die 1.200 Jahre vor „The Witcher“ spielt und dennoch eng mit der Hauptserie verbunden ist. Dafür sorgen nicht nur der Auftritt von Jaskier/Rittersporn in der Rahmenhandlung, sondern auch zahlreiche inhaltliche Parallelen. Doch qualitativ kommt das Prequel nur selten an die Mutterserie heran. Zu überhastet ist das Erzähltempo in den gerade mal vier Episoden, zu blass bleiben die zahlreichen Hauptfiguren und zu generisch wirkt die austauschbare Geschichte.

    Fjall und Éile stehen im Mittelpunkt von Neflix / Lilja Jonsdottir
    Fjall und Éile stehen im Mittelpunkt von "Blood Origin".

    Barde Jaskier (Joey Batey) staunt nicht schlecht, als er mitten in einem blutigen Gemetzel zwischen Menschen und Elfen auf einmal von der mysteriösen Elfenmagierin Seanchai (Minnie Driver) gerettet wird. Sie erzählt ihm eine Geschichte, die in Vergessenheit zu geraten droht und die er nun mit neuem Leben füllen soll:

    Vor 1.200 Jahren, in der goldenen Ära der Elfen und vor der Ankunft von Menschen und Monstern, schloss sich eine Truppe aus sieben Kriegerinnen und Magiern zusammen, um den Kampf gegen ein mächtiges Kaiserreich aufzunehmen. Mit dabei sind die kampfstarke Bardin Éile (Sophia Brown), ihre Lehrmeisterin Scían (Michelle Yeoh) und der Krieger Fjall (Laurence O'Fuarain). Ihre Taten sorgen schließlich für die Sphärenkonjunktion, durch die die Welten von Elfen, Menschen und Monstern miteinander verschmolzen, und für die Erschaffung des ersten Hexers...

    „Blood Origin“ beginnt mit einem in blutrotes Licht getauchten und von einem rockigen Score untermalten Kampf zwischen Elfen und Menschen, bei dem die Kamera ebenso auf dem Kopf steht wie das Leben des mitten im Gemetzel gefangenen Jaskier. Nach diesem vielversprechenden Anfang stellt sich jedoch schnell Ernüchterung ein: Für eine Geschichte, die 1.200 Jahre vor „The Witcher“ spielt und (fast) ausschließlich Elfen als Figuren hat, fühlt sich „Blood Origin“ einfach zu vertraut und zu „normal“ an.

    Elfen sind auch nur Menschen

    Das liegt zu einem gewissen Teil daran, dass die grundlegende Geschichte mit dem Kampf einer kleinen Heldentruppe gegen die große Übermacht weder neu (Stichwort: „Die Sieben Samurai“ bzw. „Die glorreichen Sieben“) noch dramaturgisch und inszenatorisch besonders spannend ausgearbeitet ist. „Die Geschichte ist so ausgelutscht“, meint der anfangs skeptische Jaskier passenderweise zu Seanchai und hat damit trotz aller Widerworte der Magierin irgendwie recht.

    Die glorreichen Sieben von Susie Allnutt / Netflix
    Die glorreichen Sieben von "Blood Origin" (hier allerdings nur zu sechst)

    Zu einem großen Teil liegt es aber auch daran, dass sich die elfische Gesellschaft nicht großartig von der der Menschen viele Jahrhunderte später unterscheidet (mal abgesehen von einem rigiden Kasten-System): Die Reichen und Mächtigen kümmern sich nicht um die Armen, sondern nur um ihre Ränkespiele, es herrschen Not und Elend, es tummeln sich dieselben zwielichtigen Gestalten und übergriffigen Kneipengäste, kurz: Das Leben ist hart und ungerecht, nur dass alle spitze Ohren haben.

    Irgendwo schlummert da ein interessanter Kommentar, schließlich sind die Parallelen zwischen elfischer und menschlicher Gesellschaft kaum von der Hand zu weisen – die Elfen unterdrücken sogar die Zwerge genauso rücksichtslos, wie es viele Jahre später die Menschen mit ihnen tun. Die Serien-Verantwortlichen Declan de Barra (Autor bei „The Witcher“) und Lauren Schmidt Hissrich (Showrunnerin bei „The Witcher“) und ihr Team arbeiten das jedoch kaum heraus, sondern belassen es bei solchen oberflächlichen Parallelen.

    Vier Episoden sind zu wenig

    Es ist längst nicht der einzige Punkt, in dem „The Witcher: Blood Origin“ zu kurz greift, weil die Serie mit vier Folgen einfach zu kurz geraten ist. Ursprünglich waren mal sechs Episoden geplant, die – mit Hilfe von offenbar umfangreichen Nachdrehs – dann allerdings auf vier Episoden eingedampft wurden. Lauren Schmidt Hissrich begründete diesen Schritt in einem Interview mit der polnischen Seite naEKRANIEpl mit dem Wunsch nach einem flotten Erzähltempo. Insgesamt war das aber eher eine unglückliche Entscheidung, zumal es trotz Nachdrehs an allen Ecken und Enden knirscht.

    „Blood Origin“ solle in einem Rutsch geschaut werden können, so Schmidt Hissrich in dem obigen Interview, und das ist bei einer Gesamtlaufzeit von etwa drei Stunden nun auch gut möglich. Doch dadurch fallen die Operationsnähte nur umso mehr auf: Immer wieder wurden sehr offensichtlich erklärende Dialoge aus dem Off über fertige Szenen gesprochen, auch wenn man teilweise sehen kann, dass sich die Münder der sprechenden Figuren gar nicht bewegen.

    Und irgendwie haben alle Figuren, auf die die Sieben treffen, schon immer unerklärlicherweise alles von deren Plänen gehört. Einmal werden sie so tatsächlich gefragt, ob sie wirklich die Kaiserin töten wollen. Nur die Herrscherin selbst hat davon offenbar nichts mitbekommen. Beides zeugt davon, dass hier längere Dialog- und Handlungsszenen gestrichen wurden und ist in dieser Häufung mehr als unelegant.

    Meldof (Francesca Mills) und ihr Hammer Susie Allnutt / Netflix
    Meldof (Francesca Mills) und ihr Hammer

    Und während die eingangs erwähnten Fjall, Éile und Scían in gelungenen Miniaturen eingeführt werden – Éile etwa singt ein Lied in einem Wirtshaus und bringt zwischendurch einigen fiesen Typen Manieren bei – bleibt für die restlichen vier Figuren im Team und ihre Motivation kaum Raum (geschweige denn für die Bösewichte der Serie).

    Am ehesten kann sich noch Francesca Mills als hammerschwingende Zwergenkriegerin Meldof in den Vordergrund spielen. Doch es ist schon bezeichnend, dass kurz vor Schluss eine Figur namens Uthrok Ein-Ei auftritt, die nicht nur wegen ihres Namens in zwei, drei Szenen mehr Eindruck hinterlässt als manche nominelle Hauptfigur.

    Immerhin die Schauwerte stimmen

    Auch wenn es bislang vielleicht so klang, ist „The Witcher: Blood Origin“ kein Totalausfall. Dafür sorgen zum einen die großartigen Kostüme, Sets und Landschaftsaufnahmen, vor denen sich die Handlung abspielt und die sich selbst vor der Pracht eines „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ kaum zu verstecken brauchen.

    In Susie Allnutt / Netflix
    In "Blood Origin" gibt es einige schicke Kostüme zu bewundern.

    Und wie schon bei der Mutterserie kracht es auch in „Blood Origin“ gewaltig, wenn die Figuren zu den Waffen greifen. Ein frühes Highlight ist so etwa der Kampf von Fjall und Éile gegen eine Truppe von Killern, bei dem die Bardin ihre Gegner mit Messern und Martial-Arts zu Boden ringt, während Fjall seine riesige Axt schwingt. Und auch Michelle Yeoh darf ein ums andere Mal beweisen, dass sie mit einem Schwert in der Hand stets eine gute Figur macht.

    Fazit: Langeweile kommt bei „The Witcher: Blood Origin“ nicht auf, dafür sorgen einige gelungene Actionszenen und das sehr flotte Erzähltempo. Die Figuren und die Welt, in der sie leben, kommen dabei jedoch viel zu kurz.

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