+++ Meinung +++
Es ist eine einfache sowie brillante Prämisse: Im Zweiten Weltkrieg entgeht ein Pilot dem sicheren Tod. Daraufhin nimmt sein Leben einen paradiesischen Neubeginn, der jedoch am seidenen Faden hängt. Denn im Jenseits arbeitet man daran, ihn zu sich zu holen!
Das Konzept hinter dem Fantasy-Meilenstein „Irrtum im Jenseits“ wurde in Film und Fernsehen wiederholt aufgegriffen. Darüber hinaus formte der Klassikers, wie in visuellen Medien das Leben nach dem Tod dargestellt wird. „Irrtum im Jenseits“ ist aber nicht nur große Inspiration, sondern auch großes Kino:
Das fantasievolle, bildschöne Drama ist ein Paradebeispiel für facettenreiches Storytelling mit Herz, Witz und Verstand. Kürzlich sicherte sich der Film so auch seinen hochverdienten Platz in der vom prestigeträchtigen Magazin Sight & Sound orchestrierten Wahl der besten Filme aller Zeiten. Passend dazu feiert „Irrtum im Jenseits“ heute seine deutsche HD-Premiere. Parallel zur Blu-ray erscheint zudem eine DVD-Neuauflage mit verbessertem Bild und Ton.
» "Irrtum im Jenseits" bei Amazon: Blu-ray* / DVD*
Zu den beliebtesten Aspekten an „Irrtum im Jenseits“ zählt übrigens die atemberaubende Kameraarbeit, für die Jack Cardiff verantwortlich war. Passenderweise befindet sich als Extra auf der Disc die ihm gewidmete Dokumentation „The Colour Merchant“.
"Irrtum im Jenseits": Ein zeitloser, doppelbödiger Balanceakt
Pilot Peter Carter (David Niven) verliert eine Luftschlacht über dem Ärmelkanal. Sein Fallschirm öffnet sich nicht, weshalb der Brite letzte Worte an die zuvorkommende, US-amerikanische Funkerin June (Kim Hunter) richtet. Völlig unerwartet überlebt Peter den tiefen Sturz ins eiskalte Wasser, was er für ein Wunder hält. Stattdessen war es ein gehöriger Patzer des Engels Nr. 71 (Marius Goring), der den Auftrag hatte, Peter ins Jenseits zu befördern. Nun hat er einen neuen Job: Er soll zur Erde, um seinen Fehler zu korrigieren...
In der neuen Bestenliste von Sight & Sound landete die britische Tragikomödie unter anderem vor „Spiel mir das Lied vom Tod“, „Parasite“ und David Lynchs „Blue Velvet“. Mehr noch: Seit der vorherigen Ausgabe der alle zehn Jahre stattfindenden Wahl legte „Irrtum im Jenseits“ an Popularität zu. 2012 landete er noch auf Platz 90, dieses Mal holte er sich den 78. Rang. Besser kann man die Zeitlosigkeit dieses Films wohl kaum unterstreichen!
Der neue beste Film aller Zeiten stammt von einer Frau: Die größten Filmkenner*innen der Welt haben zum ersten Mal seit 2012 wieder abgestimmt!Über die genaue Platzierung lässt sich, wie bei jedem popkulturellen Ranking, gewiss streiten. Trotzdem sticht eines ins Auge: Es ist erstaunlich, dass „Irrtum im Jenseits“ in Deutschland erst jetzt den Sprung auf Blu-ray geschafft hat. Neben den fabelhaften Farben der auf der Erde spielenden Szenen, und dem faszinierenden Perlweiß-Graphitgrau-Kontrast der Himmels-Sequenzen, ist das Produktionsdesign schlicht eine Augenweide! In HD umso mehr.
Die Himmelsstiege beispielsweise ist ein schlichtweg imposanter Anblick, in den viel Arbeit floss: Das Riesenset wurde innerhalb von drei Monaten erbaut, wobei die Filmcrew sogar die Mithilfe der Londoner Verkehrsbehörde benötigte! Noch dazu ist es eine derart selbsterklärende Visualisierung des Himmelfahrtskonzepts, dass es sich seither in die westliche Popkultur eingebrannt hat.
Ob in „Tom & Jerry“-Kurzfilmen, bei den „Simpsons“, in „Bill & Teds verrückte Reise in die Zukunft“ oder Pixars „Soul“: Nicht nur die Grundidee dieses Films wird immer wieder aufgegriffen, sondern auch seine gestalterischen Einfälle. Dazu zählt die modernistische Architektur der Nachwelt, die mit ihren weiten, freien Flächen eine kuriose, reizvolle Balance aus friedvoll und trostlos-leer erzielt.
„Balance“ ist eh das Stichwort schlechthin, um diesen Klassiker zu beschreiben: Das Regie-Duo Michael Powell und Emeric Pressburger, das außerdem das Drehbuch verantwortete, tänzelt leichten Fußes zwischen den Tonalitäten. Passender könnte es nicht sein, in einem Film, dessen Protagonist zwischen dem Diesseits und dem Jenseits wankt.
Neu im Heimkino: Ein albtraumhaftes Dystopie-Meisterwerk – das nicht nur "Andor" & "Loki" inspirierteSo wird die Geschichte von „Irrtum im Jenseits“ gleichermaßen nachdenklich wie beschwingt erzählt: Der Film ist ein erleichtertes Loblied auf das Leben und die Liebe, dem konstant anzumerken ist, dass die Produktion unmittelbar nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs entstand und für die Verantwortlichen eine Art Katharsis darstellte.
Dessen ungeachtet vermeiden Powell und Pressburger die Gefahr einer beschöndend-naiven Kitschigkeit: Mit Peter und June erschaffen sie zwei aufgeweckte, nuancierte Figuren, die ihrem gefundenen Liebesglück zum Trotz Melancholie in sich tragen. Zudem findet der Film elegante Wege, um seiner Prämisse weitere Ebenen zu verleihen. Er kittet beispielsweise mit satirisch angehauchter Diplomatie die damaligen Risse in der britisch-amerikanischen Beziehung.
Die wichtigste Mehrdeutigkeit betrifft aber den Plot als solchen. „Irrtum im Jenseits“ lässt sich sowohl als übernatürliche, theologisch angehauchte Geschichte verstehen, wie auch als metaphorische Darstellung des Traumas eines Kriegsüberlebenden. Ganz gleich, für welche Deutung man sich entscheidet: Niven verankert seine berührend-smarte Performance mühelos in beiden Welten.
Ebenso meistert die auf Anraten von Alfred Hitchcock besetzte Kim Hunter die Herausforderung, eine Frauenrolle zu spielen, an die sich der Protagonist klammert, und ihr trotzdem einen eigenen Kopf zu verleihen. Dass ihre Rolle zum Vorbild für Peggy Carter im Marvel Cinematic Universe wurde, ist längst nicht das Faszinierendste an „Irrtum im Jenseits“. Aber vielleicht ist es für manche von euch der letzte, benötigte Schubser, um sich nun auf ihn zu stürzen...
Neu im Heimkino: Dieser Rekord-Western löste mit seiner Freizügigkeit einen Riesenskandal aus – und war Inspiration für Martin Scorsese*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links oder beim Abschluss eines Abos erhalten wir eine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.