Pixar endlich wieder auf der großen Leinwand erleben: Am 15. Juni 2023 kommt der inzwischen schon 27. Pixar-Animationsfilm „Elemental“ in die deutschen Kinos. In diesem geht es um eine ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen einem Wasser- und einem Feuer-Elementarwesen. Regie führt dieses Mal der Peter Sohn, der für das Studio schon den Urzeit-Animationsfilm „Arlo & Spot“ inszenierte. FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler konnte mit dem Filmemacher Peter Sohn anlässlich des ersten Trailers zu „Elemental“ ein exklusives Interview führen.
Wir haben mit dem Regisseur über die Verbindung von „Elemental“ zu „Romeo & Julia“, die Schwierigkeiten bei der Produktion des Animations-Abenteuers, seine Liebe zu „Dumbo“ und seiner Heimatstadt New York und den Wert einer universell verständlichen Sprache der Bilder gesprochen.
FILMSTARTS: Worauf können sich die Zuschauer*innen bei „Elemental“ freuen?
Peter Sohn: Die Zuschauer*innen können sich auf die wilde Welt der Elementarwesen freuen. Außerdem auf eine Liebesgeschichte zwischen Feuer und Wasser – ist es möglich, kann es funktionieren? Und zudem erzählen wir eine Familiengeschichte. Es geht darum, seine Eltern zu verstehen und die Opfer wertzuschätzen, die sie für uns gebracht haben.
FILMSTARTS: Eine vermengte Familien- und Liebesgeschichte? Ist „Elemental“ Pixars Version von „Romeo & Julia“?
Peter Sohn: Ja, ja, durchaus [lacht]. Das könnte man durchaus so sehen. Natürlich kennen wir alle die Geschichte von Romeo & Julia. Die Idee von unglückseligen Liebenden und Gegensätzen, die sich anziehen, finden wir definitiv auch in diesem Film. Ich würde sagen, wir bewegen uns trotzdem in eine andere Richtung – es sind nicht die Montagues gegen die Capulets [Anm. d. Red.: Dabei handelt es sich um die verfeindeten Familien, denen Romeo und Julia angehören.].
Animationstechnische Hürden bei "Elemental"
FILMSTARTS: Gab es besondere Herausforderungen im Entstehungsprozess des Films?
Peter Sohn: Ja, die größte Herausforderung war definitiv die technische Herausforderung, funktionierende Figuren aus Feuer und Wasser zu kreieren, die glaubhaft diesen Elementen zugeordnet werden konnten.
Als Beispiel: Wir haben versucht, das Feuer sehr realistisch darzustellen, aber dann sah es viel zu furchterregend aus. Plötzlich wirkte die Figur so, als würde sie aus „Der Herr der Ringe“ stammen. Und dann, als wir es in die andere Richtung probiert haben und einen mehr karikierenden Stil und einen flacheren, zweidimensionalen Ansatz gewählt haben, fühlte es sich nicht mehr nach Feuer an.
Wir mussten die Balance finden. Und das gleiche mit Wade. Als wir diese Figur das erste Mal animiert haben, war er komplett transparent. Er sah einfach aus wie ein Glasgefäß. Auch hier mussten wir die Figur erst einmal karikieren bzw. cartoonisieren sodass diese Figuren vereinheitlicht werden konnten und sie sich anfühlten, als würden sie in derselben Welt existieren und dennoch Gegensätze darstellen.
Das war eine der größten Herausforderungen. Und damit hörten die Probleme nicht auf, schließlich hatten wir einen dieser Charaktere in jeder Einstellung, was bedeutet, dass wir in jedem Shot einen Effekt anwenden mussten, was die ganze Produktion sehr kostspielig gemacht hat.
FILMSTARTS: Die letzten Pixar-Filme hatten alle eine besondere Art eines kulturellen Einflusses. „Luca“ war im Süden Italiens und der italienischen Lebenskultur verortet. „Rot“ war tief in der chinesischen Kultur verwurzelt. Werden wir bei „Elemental“ einen ähnlichen kulturellen Einfluss spüren?
Peter Sohn: Ich glaube, dass wir versucht haben, die Kultur der Elementarwesen mehr zu ihrem eigenen, einzigartigen Ding zu machen. So basiert die Kultur der Feuerwesen auf Feuer und unserem Verständnis und unseren Verbindungen zu Feuer – Kaminöfen, Feuerstellen, Grills und andere Dinge, die wir damit assoziieren, bilden die spaßige Idee einer Feuer-Kultur.
Das gleiche gilt natürlich auch für die Erdelementare und ihre „Gartenbezirke“ und natürlich auch für die anderen Elemente. Alle haben ihre Wurzeln in ihrem Element, aber um diese Kulturen etwas auszuarbeiten, haben wir uns durchaus von Versatzstücken einiger Kulturen inspirieren lassen. Aber es gibt nicht eine bestimmte kulturelle Inspiration, auf denen die einzelnen Elementar-Gruppierungen aufbauen, sodass die Einzigartigkeit ihrer Elemente im Vordergrund steht.
FILMSTARTS: Gibt es denn ein universelles Verständnis der Elemente, sodass jedes Kind rund um den Globus den Film und dessen Figuren gleichermaßen verstehen kann?
Peter Sohn: Ja, auf jeden Fall. Als ich zuerst mit der Idee gespielt habe, habe ich mich an meine eigene Kindheit und meinen ersten Kontakt mit dem Periodensystem der Elemente erinnnert. Ich habe es damals nicht als reines Ordnungssystem wahrgenommen. Für mich war es viel mehr einzelne Apartments, – kleine Quadrate von Menschen, die nebeneinander wohnten.
Natürlich konnten wir nicht alle Elemente des Periodensystems wie Bor usw. in den Film integrieren. Wir haben es runtergedampft auf die klassischen Elemente Feuer, Wasser, Wind und Erde und wollten schauen, wie diese miteinander agieren und konnten darüber auch einen universellen Zugang zur Thematik schaffen.
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FILMSTARTS: Pixar-Filme spielen sehr oft mit der Idee, leblose Gegenstände zu beseelen, ihnen Leben einzuhauchen. Woher kommt diese Faszination?
Peter Sohn: Woher diese Faszination kommt? Das ist eine gute Frage. Ich denke es für jede Person eine sehr persönliche Sache, welchen Dinge er als „lebendig“ ansieht. Vieles hat auch damit zu tun, eine persönliche Metapher für das Ganze zu finden. Andrew Stanton [Anm. d. Red.: Regisseur von „Findet Nemo“] beispielsweise war als Elternteil sehr besorgt um seine Kinder – so wurde der Ozean zu einem gigantischen, gefährlichen Ort, in dem man sich sehr leicht verlieren kann.
Für Brad Bird und seinen Film „Die Unglaublichen – The Incredibles“ war es die Frage nach dem Talent und seiner persönlichen Beziehung zur Welt der Superhelden, die ihn angetrieben hat. Für mich war es meine Erziehung in New York und das Leben in einem kulturellen Schmelztiegel, in dem sich einige Kulturen vermischen und andere nicht. Das war definitiv etwas, das auch zum Entstehungsprozess von „Elemental“ beigetragen hat. Ich glaube, es gibt eine Vielzahl von persönlichen Gründen, warum eine bestimmte Idee erkundet wird.
FILMSTARTS: Welcher Gegenstand in einem Haushalt, sollte in einem Pixar-Film lebendig gemacht werden? Welches Objekt hätte wohl am meisten zu erzählen?
Peter Sohn: Vielleicht die Haustür? [lacht]
Die besten Animationsfilme aller ZeitenFILMSTARTS: Du hast erwähnt, dass du in New York aufgewachsen bist. Können wir auch eine persönliche Note in dem Film erwarten? Welchen Einfluss auf den Film hatte die Stadt?
Peter Sohn: Ich denke, thematisch hatte die Stadt schon einen Einfluss, ja. Aber visuell haben wir uns von vielen Städten inspirieren lassen. Wir wollten, dass die Infrastruktur der Stadt etwas schwer zugänglicher für die Feuer-Elementarwesen ist – besonders für Ember, unseren Hauptcharakter. Wir wollten eine Stadt bauen, deren Infrastruktur auf dem Wasser basiert. Wir haben uns Hafenstädte angeschaut oder Städte, in denen es markante Kanäle gibt.
Es gibt eine Vielzahl von Inspirationsquellen, aber letztendlich ist die Stadt ihr eigenes Ding. Aber thematisch gibt es eine Menge persönlicher Verknüpfungspunkte. Ich bin zum Beispiel in einem Laden in einem kleinen Viertel in New York groß geworden – so etwas lässt sich im Film finden. Außerdem habe ich jemanden geheiratet, der keine koreanischen Wurzeln besitzt, der „Culture Clash“, den ich damals erlebt habe, hat definitiv die Beziehung der Hauptfiguren zueinander beeinflusst.
Die Liebe zum Kino
FILMSTARTS: Mit „Lightyear“ und „Elemental“ kommen die Pixar-Filme wieder zurück auf die große Leinwand. Genießt du es, Pixar-Filme wieder im Kino zu sehen?
Peter Sohn: Oh ja, auf jeden Fall! Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich gehe sehr oft ins Kino. Und unser gesamtes Studio wurde um die Idee aufgebaut, unsere Filme in die großen Kinos zu bringen. Wir hoffen, dass das Publikum unsere Arbeit auf der großen Leinwand zu sehen bekommen kann, denn dafür machen wir es.
FILMSTARTS: Bist du mit Animationsfilmen aufgewachsen? Falls ja, was war dein liebster Zeichentrickfilm als Kind?
Peter Sohn: „Dumbo“, ohne jede Konkurrenz. Als ich ein Kind war, ist meine Mutter mit mir sehr oft ins Kino gegangen. Sie konnte nicht so gut Englisch und wir haben eine Menge amerikanischer Filme gesehen, die ich ihr dann immer übersetzt habe. Aber bei „Dumbo“, daran erinnere ich mich, hat sie keine Übersetzung gebraucht.
Sie ist sehr emotional geworden, als die Elefantenmutter in den Käfig gesperrt wird. Ich wusste es noch nicht als Kind, aber jetzt als Erwachsener schätze ich es wirklich, wie in diesem Film allein über die Bilder eine Geschichte erzählt wird. Über diese anthropomorphen Figuren können wir uns alle mit dieser Geschichte identifizieren. Das ist es auch, was ich an „Elemental“ so mag. Die Figuren sind keine Menschen, aber sie durchleben Dinge, mit denen sich jeder identifizieren kann.
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