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    TV-Tipp: Dank dieser schrillen Meta-Komödie wurde ein ärgerlicher Hollywood-Streit nach vielen Jahren endlich beigelegt
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“. Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

    Lange waren Kevin Smith und Ben Affleck befreundet, dann kam es zwischen ihnen zum Bruch. Erst „Jay & Silent Bob Reboot“ sorgte dafür, dass sich die Wogen zwischen dem Kultfilmer und dem Superstar glätteten. Zudem ist die Komödie echt sympathisch.

    +++ Meinung +++

    Ich kann mir nicht helfen: Bei manchen Filmen denke ich weniger darüber nach, ob sie „gut“ oder „schlecht“ sind, sondern vor allem darüber, wie „sympathisch“ ich sie finde. Die schräge, drogenvernebelte Meta-Komödie „Jay & Silent Bob Reboot“ ist solch ein Fall. Nach einigen schwierigen Karriereetappen und privat herausfordernden Jahren hat sich Kevin Smith mit dem Film über seine das erste mal in seinem 90er-Kultfilm „Clerks“ auftauchenden Figuren selbst ein Geschenk gemacht: Der Film dient als Auseinandersetzung mit dem, was ihn berühmt gemacht hat, und was manche seiner Filme schlecht altern ließ.

    Diese selbstreflexive Albernheit, die u.a. auch dazu führte, dass ein Kriegsbeil begraben wurde, ist einfach verflixt sympathisch geraten. Nitro zeigt „Jay & Silent Bob Reboot“ heute Nacht ab 0.10 Uhr als deutsche Free-TV-Premiere. Ich empfehle: Zurücklehnen, berauschen lassen und genießen.

    Neunfang dank Rückkehr zu den Wurzeln

    Die Kiffer-Kumpel Jay (Jason Mewes) und Silent Bob (Kevin Smith) erfahren, dass die auf ihnen basierenden Comicfiguren Bluntman & Chronic neu interpretiert zurück auf die große Leinwand gelangen sollen. Das geht dem Doppel auf den Senkel, weshalb es nach Hollywood reist, um die Produktion zu stoppen. Während dieser Reise begegnen sie Jays Exfreundin Justice (Shannon Elizabeth), die offenbart, dass sie und Jay eine gemeinsame Tochter haben: Millennium „Milly“ Faulken (Harley Quinn Smith). Milly drängt ihren Vater mit Gewalt dazu, sie und ihre Freundinnen mit nach Hollywood zu nehmen. Ein chaotisches Abenteuer steht bevor ...

    ... das für Regisseur, Autor und Ko-Hauptdarsteller Kevin Smith einen Neubeginn darstellt. Denn mit „Jay & Silent Bob Reboot“ übertritt er eine Linie, der er sich zuvor bloß in „Clerks II“ sachte näherte: Smith sieht ein, kein Berufsjugendlicher auf Lebenszeit zu sein, und ersetzt seine pubertäre Unruhe durch einen Duktus, zu dem das Etikett „Geeky Elder Statesman“ passen würde.

    Gleichzeitig zieht sich durch „Jay & Silent Bob Reboot“ die Erkenntnis, dass er und seine gleichaltrigen Geschlechtsgenossen nicht die Popkultur-Deutungshoheit für sich gepachtet haben. Mal beiläufig, mal mit der Wucht eines geschwungenen Eishockeyschlägers, mal süffisant-komisch unterstreicht Smith, dass er Blickwinkel auf nerdige Themen anerkennt, die nicht seiner durch männliche Gen-X-Erfahrungen gefilterten Perspektive entsprechen.

    Smith korrigiert zudem weitere unbequeme Tendenzen aus seiner kreativen Blütezeit. Zum Beispiel: Da er in den 1990ern und 2000er-Jahren Filme über zugedröhnte, sexuell unzufriedene Großmäuler drehte, blubberte aus den Mündern seiner Helden allerhand Quark über Frauen und LGBTQI+-Identitäten. „Das war damals halt so“, wie manche das rückblickend abschütteln würden. Smith nimmt sich derweil in „Jay & Silent Bob Reboot“ Zeit für Selbstkritik.

    Gleichwohl ist „Jay & Silent Bob Reboot“ eine Rückkehr zu Smiths Wurzeln: Nach der gähnend langweiligen Bruce-Willis-Actionkomödie „Cop Out“, dem die Gemüter spaltenden Thriller „Red State“ und den eigenwilligen Gruselgrotesken „Tusk“ und „Yoga Hosers“ findet Smith zurück in sein sogenanntes View Askewniverse. Was Kritiker*innen vorab als Kapitulation bezeichneten, ist allerdings das genaue Gegenteil.

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    Smith gab bereits in zahlreichen Interviews und Podcasts zu verstehen, dass er sich in anderen Tonalitäten ausprobierte, weil er dachte, sich beweisen zu müssen. Doch im Zuge eines Herzinfarkts beschloss der Regisseur, sich selbst nichts mehr vorzumachen und bloß noch die Filme zu schreiben und drehen, die ihm unter den Nägeln brennen – und das sind primär verschrobene, dialoglastige Albernheiten wie „Jay & Silent Bob Reboot“. Man braucht nicht einmal dieses Vorwissen, um das zu erkennen: Smith lässt seine Figuren, von denen viele zu einem gewissen Grad Spiegel seiner selbst sind, über das Älterwerden, Ruhe finden und den Prozess, zu sich zu stehen, sinnieren.

    Das ist kein Stück subtil und inszenatorisch hat Smith seit seiner Blütezeit eher Dinge verlernt, statt sich etwa zu verbessern. Aber: Der Clash aus lebensbejahendem Unfug, brachialer Situationskomik, vulgärem Wortwitz und von Popkultur-Referenzen durchtränkter Selbstreflexion ist sehr angenehm. Und er hat, trotz allerhand Plumpheit, überraschend viel ehrliche Emotion zu bieten. Etwa, wenn Kevin Smith einen nuancierten Monolog der Selbsterkenntnis ausgerechnet Ben Affleck in den Mund legt.

    Kevin & Famous Ben Reconcile

    „Jay & Silent Bob Reboot“ platzt vor Gastauftritten langjähriger Weggefährt*innen und jüngeren Bekanntschaften Smiths. In letztere Kategorie fällt etwa Melissa Benoist, die er in einzelnen „Supergirl“-Folgen inszenierte. Ein Gastauftritt schwebt allerdings meilenweit über den restlichen Cameos: Ben Affleck, der unter anderem in Smiths Slacker-Komödie „Mallrats“ und seiner Religionssatire „Dogma“ mitspielte und zeitweilig eng mit dem Filmemacher befreundet war. Doch dann kam es zwischen ihnen zum Clinch und einer rund zehn Jahre langen Funkstille.

    Smith hatte verschiedene Theorien, was zu diesem Bruch geführt haben könnte – von „Wir haben uns auseinander gelebt“ bis hin zu „Ich habe wohl zu oft meine Klappe aufgerissen“. Smith traute sich nicht einmal, Affleck für „Jay & Silent Bob Reboot“ anzufragen. Erst, als Affleck in einem Interview gefragt wurde, ob er in dem Film mitspielt und antwortete, dass er nicht gefragt wurde, tat sich was: Smiths Umfeld sah die Aussage als positives Signal. Es bedrängte den Regisseur deshalb, endlich eine Anfrage abzuschicken.

    Gesagt, getan, gelungen: Smith und Affleck sprachen sich nicht nur aus. Der Superstar erhielt außerdem eine kurze, doch prägnante Szene, die ihn in kurzweilig-raffinierten Worten darüber sinnieren lässt, seine Vergangenheit kritisch zu hinterfragen und die richtigen Lektionen aus ihr zu ziehen. Worte, die mit Ben Afflecks turbulentem Leben ebenso räsonieren wie mit Smiths Schaffen,.

    Wirkt die Passage bemüht in den Film gezimmert? Ja. Hatte ich einen kleinen Kloß im Hals, als ich sie erstmals sah? Ja, verflixt. Habe ich während „Jay & Silent Bob Reboot“ wiederholt den Kopf geschüttelt? Total. Habe ich mehrmals herzlich gelacht? Hatte ich das Gefühl, miterleben zu dürfen, wie ein Mensch sein Leben und seine Karriere in gesündere Bahnen lenkt? Ja und nochmals ja! Daher ist „Jay & Silent Bob Reboot“ kein Film, bei dem ich darüber nachdenke, wie gut oder schlecht er dieses oder jenes macht. Sondern einer, bei dem ich vor allem denke: „Hach. Das war sympathisch.“

    Statt Bill Murray: Dieser Kult-Schauspieler sollte eigentlich den Cameo-Auftritt in "Zombieland" übernehmen!

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