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    Open Water 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Open Water 2
    Von Carsten Baumgardt

    Die deutsche Titelgebung ist eine lange Geschichte voller Missverständnisse. Von unsäglichen, filmerklärenden Untertiteln ganz zu schweigen, ist der „Kreativität“ der Verleiher kaum Grenzen gesetzt. Den Vogel schießt jetzt Universum ab. Aus der Low-Budget-Genre-Produktion „Adrift“ wurde kurzerhand „Open Water 2“ gemacht. Ja, richtig gehört. Eine Fortsetzung zu dem Hai-Psycho-Thriller aus dem Jahr 2004 - allerdings mit der Einschränkung, dass „Open Water 2“ mit Open Water so rein gar nichts zu tun hat... bis auf die Tatsache, dass beide Filme überwiegend auf dem Wasser spielen und Menschen um ihr Leben kämpfen. Diese Dreistigkeit ist schon ein starkes Stück, nur um ein paar Eintrittskarten mehr zu verkaufen. Und sowieso hätte man ja „Open Water“ besser „Der weiße Hai 5“ nennen sollen, so dass „Open Water 2“ aka „Adrift“ dann jetzt eigentlich schon Teil 6 des von Steven Spielberg angeschobenen Hai-Franchise wäre. Wobei es dann das Problem gäbe, dass in „Open Water 2“ eigentlich gar kein Hai mitspielt, was wiederum den Verleihern aber wohl genauso schnurzegal wäre wie ihr ohnehin verarschtes Publikum - oder man ändert die Synchro einfach so ab, dass ein außerirdischer, natürlich unsichtbarer Hai das Meer unsicher macht, den deutschen Kinogänger versucht man ja offenbar eh für dumm zu verkaufen. Doch die ganze Mühe ist vergebens, da Hans Horns Überlebens-Thriller zwar eine nette Grundidee im Köcher hat, in seiner Umsetzung jedoch komplett verunglückt ist.

    Die Freunde Amy (Susan May Pratt), ihr Ehemann James (Richard Speight Jr.), das Paar Zach (Niklaus Lange) und Lauren (Ali Hillis) sowie Dan (Eric Dane) und dessen neue Freundin Michelle (Cameron Richardson) treffen sich zu einer Tour mit einer Luxusyacht in Mexiko. Der steinreiche Lebemann Dan hat alle eingeladen, auf seinem Schiff Zachs Geburtstag zu feiern. Amy ist zwar überhaupt nicht wohl bei der Sache, aber sie überwindet sich. Als junges Mädchen erlitt sie ein Trauma, das sie in der Nähe von Wasser panisch macht. Dazu hat sie Angst um ihr Baby (Alexandra Raach), das ebenfalls am Segeltörn teilnimmt. Als die ausgelassene Stimmung auf dem Siedepunkt ist, ist Schwimmen im offenen Meer angesagt. Dan will Amys Angst mit einem radikalen Schlag bekämpfen und schmeißt sie samt Schwimmweste unter großem Gejohle ins Wasser. Bis auf das Baby paddeln alle im Meer, doch der Gruppe ist ein fataler Fehler unterlaufen: Niemand ist auf die Idee gekommen, die Bootsleiter herunter zu lassen... und trotz ausgiebiger Versuche ist es den Freunden unmöglich, die glatte Yachtwand zu erklettern. Sie schwimmen in einer tödlichen Falle...

    Werbefilmer Hans Horn entwickelte sein Kino-Debüt „Adrift“ (Arbeitstitel „Godspeed“, wie auch der Name der Yacht) sehr lose nach einer wahren Begebenheit. Schon oft ist es passiert, dass Passagiere eines Bootes vergaßen, die Leiter herunter zu lassen und anschließend um ihr Leben kämpfen mussten. Die Grundidee ist auch das Beste, was „Adrift“ zu bieten hat. Darum strickten Adam Kreutner und David Mitchell eine Geschichte, die alle Klischees auffährt, die das Genre hergibt. Von der dummen Blondine, dem Mädchen mit dem Wassertrauma, über den großmäuligen Machoarsch bis hin zum spießigen, eifersüchtigen Ehemann ist alles vertreten. Die Figuren bestehen nur aus Versatzstücken, die bereits 1.000 Mal zu sehen waren. In einer gering budgetierten Genre-Produktion ist das aber noch nicht zwangsläufig ein Todesurteil. Dem nähert sich der Film durch seine durchgehende Überraschungsfreiheit und die größtenteils erschreckend dummen Dialoge. Alles, was nach der „Wasserung“ passiert, können sich Genre-erprobte Filmfans an einer Hand abzählen... und wirklich alles wird davon ausgespielt - bis hin zum finalen Kick, der sich mit gesundem Menschenverstand sofort nach Einsetzen der Notlage als Erstes aufdrängt.

    Bei der Charakterzeichnung unterläuft dem Autorendoppel Kreutner und Mitchell ein folgenschwerer Fehler. Die Figuren sind fast alle unsympathisch und fallen dem Betrachter in Rekordtempo auf die Nerven. Einzig die junge Mutter Amy hat darunter nicht zu leiden, dafür aber unter der Tatsache, dass ihre Hauptcharaktereigenschaft des Wassertraumas einen noch längeren Bart hat, als der Weihnachtsmann. In einer frühen Sequenz betritt Amy mit dicker Schwimmweste ausstaffiert und panischem Blick den Steg, um die Yacht zu besteigen. Das ist so öde und vorhersehbar inszeniert, dass die mangelnde Qualität des Films spätestens hier schmerzhaft auffällt. Dass „Adrift“ nicht funktioniert und nur durch seinen ungewollten Trashfaktor für Liebhaber dieser Spielart wenigstens etwas Abwechslung bringt, dämmert dem Zuschauer bereits nach wenigen Filmminuten. Ein Homevideo zeigt die Gruppe in alten Tagen. Warum diese nur einige Jahre alte Aufnahme von solch erbärmlicher Qualität sein muss, bleibt ein Rätsel. Kein Amateurfilmer der Welt filmt derart schlechte Bilder. Aus dem Tal des nervigen Einstiegs kommt der Film nicht mehr heraus. Zwei bis drei nette Sprüche in 94 Minuten sind viel zu wenig, um zu unterhalten. Wo der richtige (schon heftig umstrittene) Open Water nervenzerrende psychologische Spannung aufbaut, tritt bei „Adrift“ das große Nichts an diese Stelle.

    Etwas Wohltuendes hat „Adrift“ aber dennoch. Die wacklige Handkamera, die bei einem Film dieser Machart erwartet wird, bringt Hans Horn nicht. Die (auf Malta gedrehten) Bilder von Kameramann Bernhard Jasper sind so hochglänzend, wie man es sich bei einem Film eines Clip-Regisseurs wünscht. Das rettet das Unternehmen „Adrift“ aber auch nicht ansatzweise vor dem Untergang. Bis auf die graue Theorie der interessanten Ausgangslage hat der Psycho-Thriller nichts vorzuweisen. Die amerikanischen Jungdarsteller mühen sich redlich, aber vergebens. Für einen unfreiwilligen Höhepunkt sorgt Richard Speight Jr., wenn er nach seinem Seeunfall den David-Morrissey-Gedächtnis-Gesichtsausdruck aus Basic Instinct 2 auftragen muss.

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