In der von Paranoia geprägten McCarthy-Ära drohte die kreative Energie Hollywoods zu verebben. Drehbuchautoren, Regisseure und Schauspieler bezichtigten sich gegenseitig „unamerikanischer Umtriebe", um nicht selbst auf der „Schwarzen Liste" zu landen und Berufsverbot zu erhalten. So kommt es auch, dass William Roberts – neben Walter Newman und Walter Bernstein nur einer der drei Verfasser des Skrips zu John Sturges' „Die glorreichen Sieben" – als einziger Autor im Abspann erwähnt wird. Heute ist all das Geschichte – geblieben ist Sturges' grandiose Western-Rückübersetzung des Akira-Kurosawas-Klassiker „Die sieben Samurai", kurz: ein eherner Klassiker.
Alle Jahre wieder reitet die Bande um Anführer Calvera (Eli Wallach) in ein namenloses Dorf an der amerikanisch-mexikanischen Grenze ein und plündert die Vorräte der Bauerngemeinde. Nicht mehr bereit, diese Situation hinzunehmen, machen sich die Dorfbewohner auf, um in den nahen USA Waffen zu kaufen. Dort treffen sie auf den wagemutigen Cowboy Chris (Yul Brynner), der ihnen rät, stattdessen lieber erfahrene Draufgänger für ihre Sache einzuspannen. Der abgebrannte Revolverschwinger selbst lässt sich engagieren und gewinnt fünf weitere Desperados (Steve McQueen, Charles Bronson, Robert Vaughn, James Coburn und Brad Dexter) für die Verteidigung des Dorfes. Als Letzter stößt der junge Heißsporn Chico (Horst Buchholz) zur ungleichen Gemeinschaft – und die glorreichen Sieben rüsten sich zum entscheidenden Gefecht...
„Die glorreichen Sieben" als Remake zu bezeichnen, das würde bedeuten, den filmhistorischen Stellenwert des Western-Klassikers und des Kurosawa-Originals gleichermaßen außer Acht zu lassen. Hinter der Erzählung von einer Heldenschar, die trotz massiver Unterlegenheit den Kampf aufnimmt – eben weil sie von der Rechtschaffenheit ihrer Sache überzeugt ist –, steht ein universelles Ideal, das ins feudale Japan Kurosawas ebenso wie in Sturges' westliche Vorposten der jungen USA passt. Lediglich bei der Inszenierung wurden Konzessionen an die unterschiedlichen Sehgewohnheiten der beiden Nationen gemacht. Als in den Siebzigern in einem zunehmend urbanisierten Amerika allmählich das Interesse am Western schwand, wurde die Zeitlosigkeit des Klassikers durch zahlreiche Neuinterpretationen erst recht bestätigt, etwa durch Pixars „Das große Krabbeln" oder die Roger-Corman-Produktion „Sador - Herrscher im Weltraum" mit Robert Vaughn („Flammendes Inferno").
John Elliott Sturges machte sich während der Fünfziger und Sechziger als routinierter Action-Handwerker einen Namen in Hollywood. Ein Bilderstürmer war der Amerikaner nie, dennoch überzeugt Sturges' Western mit opulenten Panoramen im Einklang mit Elmer Bernsteins majestätischem Score (den sich später ein namhafter Zigarettenhersteller für seine Werbung sichern sollte). Und das, obwohl der 1992 verstorbene Regisseur zunächst nur zweite Wahl war: Ursprünglich sollte nämlich der seinerzeit ungeheuer berühmte Hauptdarsteller Yul Brynner („Der König und ich") auf dem Regiestuhl Platz nehmen. Trotz der mit „Die sieben Samurai" fast identischen Handlung funktioniert „Die glorreichen Sieben" als eigenständiges Werk, weil Sturges einen souveränen Zugang zur Geschichte findet: Indem er die Handlung strafft, Bronsons Figur zwei Sidekicks spendiert und der Motivation des Antagonisten mehr Raum gibt, setzt sich Stuges vom Vorbild ab.
Das Autoren-Trio nimmt sich die Zeit, die Protagonisten genau auszuloten. Zudem sorgen seinerzeit aufstrebende Darstellergrößen wie Steve McQueen („Bullitt"), Charles Bronson („Das Dreckige Dutzend") oder Robert Vaughn auch in Nebenrollen mit markanten Gesichtern dafür, dass die Orientierung im Figurengeflecht nicht verloren geht und dass der Cast so einen rauhen Charme versprüht. Allein der 1933 in Berlin geborene Horst Buchholz („Eins, zwei, drei") kann nicht vollends überzeugen. Die Rolle des heißblütig-jugendlichen Abenteurers erbte er von Toshirô Mifune („1941 - Wo bitte geht's nach Hollywood"), welcher die Rolle ungleich intensiver ausspielte. Das Figuren-Ensemble ist eine zusammengewürfelte Schicksalsgemeinschaft an der Peripherie einer von Gewalt geprägten Gesellschaft, in der sich die Mächtigen einfach nehmen, was sie wollen. Doch diese Zeit geht ihrem Ende entgegen.
Wenn Chris am Ende bitter anmerkt, dass letztendlich nur die Farmer gewonnen hätten, nicht jedoch die glorreichen Sieben, dann spricht er eben diese Erkenntnis aus. So ist „Die glorreichen Sieben" auch ein elegischer Abgesang auf eine amerikanische Ikone, den heldenhaften Einzelkämpfer, eine Beschwörung des Pioniergeistes am Rande der Zivilisation. Daraus spricht die nostalgische Faszination der USA für ihren eigenen Werdegang, für die identitätsstiftende Befriedung des einst „Wilden Westens". „Die sieben Samurai" war die Initialzündung eines neuen Action-Kinos, in dem die Traditionen japanischer und westlicher Erzählung aufeinander trafen. Einen so starken Effekt hatten „Die glorreichen Sieben" nicht. Trotzdem begeistert die universelle Geschichte auch im Western-Gewand. Und mit tollen Bildern, einem unvergesslichen Score und dem namhaften Cast ist auch „Die glorreichen Sieben" nicht weniger als das: ein zeitloser Klassiker.