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    Résistance - Widerstand
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Résistance - Widerstand

    Holocaust-Drama mit tonalen Unstimmigkeiten

    Von Oliver Kube

    Hand aufs Herz: Wer von euch wusste, dass der berühmteste Pantomime aller Zeiten, der 2007 verstorbene Marcel Marceau, vor seiner Weltkarriere als traurig-stummer Clown ein vielfach dekorierter Kriegsheld war? Der Autor dieser Zeilen erfuhr es jedenfalls erst durch „Resistance – Widerstand“, einem Mix aus Bio-Pic und Kriegsdrama von Regisseur Jonathan Jakubowicz („Hands Of Stone - Fäuste aus Stein“).

    Dass ausgerechnet Jesse Eisenberg, der in vielen seiner Rollen von „The Social Network“ bis „Zombieland“ vor allem als unermüdliche Quasselstrippe hervorgetreten ist, in der Rolle des stummen Bühnenstars besetzt wurde, ließ einen im Vorfeld sicherlich erst mal erstaunt die Augenbrauen hochgehen – zumal der oscarnominierte Hollywoodstar zu Beginn der Dreharbeiten bereits 34 Lenze auf dem Buckel hatte, während seine Figur 1938, als die Handlung losgeht, erst 15 Jahre alt ist. Aber Eisenberg verrichtete seinen Job absolut adäquat. Probleme gibt es hingegen mit ganz anderen Aspekten des Films.

    Jeder kennt ihn als berühmten Clown. Aber bisher kannte ihn fast niemand als Kriegsheld: Marcel Marceau.

    Der junge Marcel Mangel (Jesse Eisenberg) wächst im elsässischen Strasburg als Sohn eines orthodox-jüdischen Metzgers (Karl Markovics) auf. Anstatt, wie von seinem Vater gewünscht, das Familiengeschäft zu übernehmen, träumt Marcel davon, Schauspieler zu werden und seinem Idol Charlie Chaplin nachzueifern. Immer wieder schleicht er sich abends aus dem Haus, um in Cabarets aufzutreten. Andere Dinge interessieren ihn nicht, bis sein Cousin Georges (Géza Röhrig) und sein Bruder Alain (Félix Moati) ihn bitten, eine große Gruppe jüdischer Waisen zu betreuen und zu beschützen, falls die Deutschen Frankreich angreifen sollten.

    Gerade noch rechtzeitig vor dem 1940 startenden Einmarsch der Wehrmacht bringen Marcel, die Aktivistin Emma (Clémence Poésy) und ihre Freunde die Kinder in den Süden des Landes. Aber nicht einmal in Lyon sind sie sicher. Marcel beschließt, sich der Widerstandsbewegung anzuschließen. Zusammen mit Alain, Emma, Georges und den Kindern geht er in den Untergrund. Doch der lokale Gestapo-Chef Klaus Barbie (Matthias Schweighöfer) setzt alles daran, die Gruppe zu zerschlagen…

    Nicht aus einem Guss

    Leider hat Regisseur Jonathan Jakubowicz erhebliche Schwierigkeiten damit, einen homogenen Ton für seine Erzählung zu finden. Die ruhigeren, nachdenklichen Momente funktionieren gut bis sehr gut. Aber offenbar wollte er, dass es zusätzlich auch ein wenig zur Sache geht. So werden uns dann formelhaft wirkende, weder einfallsreich inszenierte noch irgendetwas Neues bietende Kampf- und Suspense-Szenen gezeigt, die es genauso oder sehr ähnlich schon in diversen anderen, weit besser gemachten Leinwandwerken über den französischen Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht zu sehen gab.

    Einige Beispiele für Filme, in denen Drama, ein wenig Romantik und Kriegs-Action stimmiger verbunden wurden, wären etwa Jean-Pierre Melvilles „Armee im Schatten“, „Das alte Gewehr“ von Robert Enrico, Henri-Georges Clouzots „Manon“ oder John Frankenheimers starbesetzter Reißer „Der Zug“. „Resistance – Widerstand“ sieht bezüglich Ausstattung und Kulissen zwar prima aus, kann als Gesamtwerk letztlich jedoch mit keinem der Vorgänger mithalten.

    Mit seiner Pantomime spendet Marcel ein kleines bisschen Hoffnung...

    Der Film ist immer dann am besten, wenn er Emotionen vermittelt, etwa wenn Marcel eingangs mehrmals mit seinem Bruder und insbesondere mit seinem Vater streitet. Beide werfen ihm aus unterschiedlichen Gründen vor, selbstsüchtig zu sein. Was der junge Mann unumwunden einräumt. Er findet sich schließlich mehr durch Zufall als aus Interesse oder gar Idealismus in einem Raum mit über 100 just aus Deutschland eingetroffenen Kindern wieder, deren Eltern von den Nazis ermordet wurden. Zu Beginn weiß Marcel nicht, was er mit ihnen anfangen soll. Ein Umstand, den Chef-Kameramann M.I. Littin-Menz mit sich langsam im Kreis um ihn drehenden, leicht schwankenden Weitwinkelbildern klug illustriert. Marcel ist in der Situation offensichtlich ebenso verloren, unsicher und verschreckt wie die Kinder.

    Dann bemerkt er, wie er die Kleinen zumindest für ein paar Augenblicke von ihrem Schicksal ablenken, sie zum Lachen bringen kann. Aus einem subtilen Scherz mit einem der Mädchen (Bella Ramsey aus „Game Of Thrones“) wird innerhalb kurzer Zeit eine bühnenreife Performance für den gesamten Saal. Jakubowicz setzt diese Sequenz mit der exakt richtigen Menge Pathos um, ohne dabei allzu sehr auf die Tränendrüsen (ja, wir meinen dich Roberto Begnini und dein „Das Leben ist schön“) zu drücken.

    Action zum Selbstzweck

    Wir sehen den für die Entwicklung des Protagonisten so wichtigen Augenblick aus der Sicht von Emma und können problemlos ihre Gedanken nachempfinden: Vielleicht steckt in Marcel ja doch mehr als der selbstsüchtige, arrogante Schnösel, den sie und wir bis dahin kennengelernt haben. Leider macht das vom Regisseur selbstverfasste Drehbuch in der Folge nie wirklich klar, warum Marceau dem kämpfenden Arm der Resistance letztlich beitritt. Will er tatsächlich den bedrohten Waisen helfen oder sich nur erfolgreicher als bisher an Emma heranmachen? Oder braucht er die Kinder als Publikum, da sonst ja niemand seine Performances sehen will?

    Weit weniger geschickt als bei den melancholischen, ruhigen Szenen stellt sich Jakubowicz mit der ungelenk auf reißerisch getrimmten, dabei eher lahm umgesetzten Action an. Nicht nur, dass das meiste davon sensationalisiert wirkt, es müsste auch eigentlich gar nicht im Film auftauchen. Denn eine stumpfe Verfolgungsjagd im Auto oder das Landen britischer Fallschirmjäger, die danach sowieso nie mehr auftauchen, sind für den Handlungsverlauf komplett überflüssig. Zudem passen sie tonal weder zu der ansonsten das Geschehen dominierenden melancholischen Stimmung, die die Kunst des späteren Marceau passend widerspiegelt, noch bringen sie die Figuren irgendwie voran.

    Klaus Barbie als Comic-Bösewicht

    Zudem lässt der Autor und Regisseur seinen Protagonisten immer mal wieder sein Schausteller-Talent in nicht nur für ihn selbst, sondern auch für die von ihm zu behütenden Kinder lebensgefährlichen Lagen einsetzen – das soll natürlich Spannung generieren und es gibt durchaus ein paar Momente, in denen genau das funktioniert. Oft wirken die plötzlichen clownesken Einlagen oder etwa das Feuerspucken, um seinen verhafteten Bruder aus dem SS-Gewahrsam zu befreien, aber nicht nur unpassend und unrealistisch, sondern geradezu in das Skript hineingezwängt.

    Das ist aber alles nichts gegen die von Matthias Schweighöfer („Rubbeldiekatz“) verkörperte Figur des sadistischen Gestapo-Hauptsturmbannführers und berüchtigten „Schlächter von Lyon“. Der echte Klaus Barbie war eines der zynischsten, brutalsten und unmenschlichsten Subjekte in Reihen der an Monstern wahrlich nicht armen Nazi-Kriegsverbrecher. Hier mutiert er allerdings zu einer Art Comic-Bösewicht. Der Part ist absurd und überzogen, wie eine Art Karikatur eines sinisteren Mega-Schurken dargestellt – da arbeiten das wenig subtile Skript und der extrem dick auftragende Schweighöfer Hand in Hand.

    Jesse Eisenberg mit Ex-"Harry Potter"-Star Clémence Poésy.

    Ebenso wenig lässt sich Jakubowiczs Entscheidung für eine Rahmenstory mit Ed Harris als General Patton nachvollziehen. Der „Westworld“-Star sagt ein paar Sätze zu Beginn und am Ende. Sein Part dient lediglich dazu, eine Pantomimen-Einlage Eisenbergs vorzubereiten, die keinerlei Bewandtnis mehr für die längst auserzählte Geschichte hat. Wenn es schon unbedingt einen klassischen Marceau-Auftritt mit ikonischem Ringelhemd und weißgeschminktem Gesicht zum Finale geben sollte, warum dann nicht sein Debüt in Paris, direkt nach der Befreiung der Stadt durch die Alliierten? Selbst eine fiktive Performance vor all den geretteten Waisen wäre passender gewesen und hätte sich relevanter angefühlt als eine Show vor einem johlenden Haufen G.I.s. Zumal diese genauso wenig eine Rolle in den vorangegangenen zwei Stunden gespielt haben wie die zugegebenermaßen beeindruckende Kulisse des Innenhofs der Kongresshalle auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg.

    Fazit: Schade, hier wurde eine Chance vertan. Eine potenziell hochinteressante und berührende Biografie wird durch generische Action-Einlagen sinnlos trivialisiert.

     

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