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    Reeker
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Reeker
    Von Christoph Petersen

    Immer wieder wurde in den letzten Jahren versucht, dem mittlerweile ziemlich ausgeschlachteten Slasher-Genre durch den Einsatz von übersinnlichen Killern frisches Blut einzuflößen. Aber außer in Jeepers Creepers, bei dem das Experiment durch die radikale Reduzierung von Orten und Figuren noch recht spannend geriet, schlugen die folgenden Versuche alle fehl. Vor allem Der Fluch von Darkness Falls und Boogeyman waren dann eigentlich nur noch eines – tödlich langweilig. Das Mystery-Ansätze gerade in diesem Horror-Subgenre nicht zu funktionieren scheinen, liegt in erster Linie daran, dass Slasher-Filme von ihren über die Dekaden entwickelten Regeln (vgl. Scream) leben, während Geister und andere überirdische Erscheinungen eher für das Unerwartete stehen. Auch in Dave Paynes "Reeker“ raubt die Beliebigkeit des Übersinnlichen zumindest den Horror-Szenen die Spannung. Und auch der Rest des Films hinterlässt ein eher zwiespältiges Gefühl.

    Eine zusammengewürfelte Gruppe Studenten macht sich im Wagen der pflichtbewussten Gretchen (Tina Payne) auf den Weg zu einer gigantischen Rave-Party in der legendären Area 51. Aber irgendwo in der Wüste geht ihnen das Benzin aus. Sie finden Unterschlupf in einer menschenleeren Gaststätte am Rand der gottverlassenen Straße – das Telefon ist tot, die Handys haben keinen Empfang. Immer mehr unheimliche Ereignisse deuten auf ein tödliches Geheimnis hin, dass es für die um ihr Leben kämpfenden Twens zu lösen gilt. Außerdem machen ihnen der Extasy-Dealer Radford (Eric Mabius, Resident Evil) und der unheimliche Wohnwagenfahrer Henry (Michael Ironside, Der Sturm, Down), der auf der Suche nach seiner Frau durch die verlassene Gegend tourt, zusätzlich das Leben schwer. Nach dem ersten Todesopfer nehmen die Grausamkeiten an Brutalität immer mehr zu – bis die letzten zwei Wehrhaften im Showdown dem Bohrmaschinen schwingenden „Reeker“ persönlich gegenüberstehen...

    Ein wichtiges Qualitätsmerkmal von guten Slasher-Filmen ist eine interessante Auswahl der Charaktere – so ist es auch kein Wunder, dass die Figuren aus den Genre-Vorreitern Scream oder „Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast“ noch immer in guter Erinnerung sind, während man die Besetzung von durchschnittlichen Teenie-Thrillern schnell wieder vergessen hat. In der fünfköpfigen „Reeker“-Truppe gibt es nur eine interessante Figur. Durch den blinden Jack (Devon Gummersall) gibt es die ein oder andere bisher unbekannte Variation. Mit den anderen Charakteren kann man hingegen nicht allzu viel anfangen. Den rücksichtslosen Trip (Scott Whyte) und die moralische Gretchen hat man schon in hundert anderen Filmen genau so gesehen. Und sexy Quotenblondine Coockie (Arielle Kebbel, Aquamarin) sowie Durchschnittstyp Nelson (Derek Richardson, Hostel) bleiben sogar komplett blass. Die Antwort von Schauspieler Derek Richardson auf die Frage „Wie würden sie Ihre Rolle beschreiben?“ zeigt wunderbar die Einfallslosigkeit des Drehbuchs auf: “Na ja, ich weiß, dass er einen MP3-Player hat. Und er stirbt auf Seite 67.“.

    Ob man den Schlusstwist von „Reeker“ nun als genial oder überkonstruiert empfindet, einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt er aus zwei Gründen. Zum einen hat man genau diese Auflösung in den letzten drei Jahren schon zweimal gesehen (einmal in einem amerikanischen Horror-Thriller, einmal in einer US-Independent-Produktion; die genauen Titel sind im „Reeker“-Thread im Forum genannt), was der Überraschung doch zumindest die Originalität raubt. Zum anderen haben gute Filme, deren Auflösung das ganze Geschehen noch einmal umkrempelt, auch vorher spannende Unterhaltung geboten. So gibt es in den Sequenzen von Memento oder The Sixth Sense auch beim ersten Sehen genug Interessantes zu entdecken, die Auflösung fügt ihnen dann nur noch eine weitere aufregende Facette hinzu. Bei „Reeker“ hingegen sind die meisten Szenen nur auf das Ende hin inszeniert, haben für sich allein genommen nichts Besonderes. Ähnlich wie bei der Horror-Gurke Cry Wolf hat man im Anschluss an den Film das ärgerliche Gefühl, sich die ersten 80 Minuten nur angesehen zu haben, um die letzten fünf verstehen zu können.

    Die handwerkliche Seite von „Reeker“ ist für ein Direct-To-Video-Release recht ordentlich geraten – auch wenn die glatte Digitaloptik für einen schmutzigen Horror-Streifen ein wenig zu sauber wirkt. Nur die Special Effects muss man auf der inszenatorischen Ebene kritisieren. Die CGI-Gore-Effekte in „Reeker“ beweisen wieder einmal, dass man mit herkömmlichen Make-Up-Tricks Dinge um einiges schauriger als mit künstlich wirkenden Computeranimationen in Szene setzen kann. Und der Reeker selbst, der in einer The Ring-artigen Animation daherkommt, wirkt mit seiner ihn ständig umgebenden Gaswolke, die für den Gestank des Todes stehen soll, auch eher lächerlich als sonderlich schrecklich.

    Im Making-Of erzählt Regisseur Dave Payne, er wollte keinen einfachen Horrorfilm sondern etwas Intelligenteres machen. Das ist zum einen natürlich ungeheuer arrogant, weil geradlinige Horrorklassiker wie Tobe Hoopers „The Texas Chainsaw Massacre“ oder Wes Cravens Huegel der blutigen Augen auch ohne besondere Wendungen um einiges intelligenter als „Reeker“ sind. Zum anderen steht ein einzelner Plot-Twist auch noch lange nicht für eine intelligente Art des Filmemachens, wenn man dafür den Rest des Films vernachlässigt, ist es im Gegenteil sogar eher ziemlich dumm.

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