Happy ending isn’t allowed! So könnte man einige Kritiken zusammenfassen, die James L. Brooks („Zeit der Zärtlichkeit“, 1983; „Geht’s hier nach Hollywood?“, 1994) Komödie um den Menschenfeind Melvin Udall (Jack Nicholson in einer gewohnt überzeugenden, phantastischen Rolle) nicht verzeihen können, das die Geschichte „gut“ ausgeht – was immer das heißen mag, vor allem eben Happy End. Nicholson spielt einen zwanghaften, erfolgreichen Schriftsteller, der seine Wohnungstür viermal abschließt, Angst vor Unreinem hat, Juden, Schwarze, Homosexuelle verabscheut und daraus auch kein Hehl macht – ein Mensch, der von allen anderen verachtet wird. Udall kann sein Maul nicht halten, und der einzige Erfolg, den er vorweisen kann, sind seine Romane. Als ihn die Sekretärin seines Verlegers fragt, wie er es fertig bringe, Frauen in seinen Werken so gut zu beschreiben, antwortet er: „Ich denke an einen Mann, und dem nehme ich Vernunft und Berechnung.“
Udall lebt in Greenwich Village – und seine Nachbarn können ihn natürlich auch nicht leiden. Zu denen gehört der homosexuelle Künstler Simon (Greg Kinnear), dessen Hund Verdell Udall in den Abfallschacht verfrachtet, weil der Hund ins Treppenhaus pinkelt. Als Simon von zwei Gaunern überfallen und beraubt wird, steht er vor einem Scherbenhaufen: Seine Bilder werden eh schlecht verkauft, er hat Schulden, er muss den Loft räumen, und so weiter. Zuerst allerdings muss er ins Krankenhaus, denn die Gauner – einer von ihnen hatte sich als Modell bei ihm eingeschlichen – haben ihm das Gesicht verunstaltet. Sein Agent und Dealer Frank (Cuba Gooding Jr.) zwingt Udall dazu, auf Verdell aufzupassen – sozusagen als Wiedergutmachung für den Sturz in die Abfalltonne. Udall, dem das gar nicht recht ist, macht aus der Not eine Tugend – und versorgt den kleinen Kläffer, so gut er kann. Und der findet Gefallen an seinem neuen Interims-Herrchen.
Udall hat aber noch andere „Sorgen“. In dem Restaurant, in dem er täglich speist, ist er ebensowenig willkommen. Wenn er sich lautstark über jüdische Gäste beschwert oder über die Tische brüllt, er wolle endlich was zu essen, verschafft ihm dies nicht gerade Sympathien. Lediglich die Kellnerin Carol (Helen Hunt) duldet den unmöglichen Gast – aber auch das hat Grenzen, etwa, wenn Udall sich über das schwere Asthma ihres Sohnes Spencer lustig macht.
Eines Tages bedient Carol nicht mehr. Udall erfährt, ihr Sohn sei so krank, dass sie sich einen Arbeitsplatz in der Nähe ihrer Wohnung suchen müsse. Udall engagiert den Ehemann seiner Verlegerin, den Arzt Dr. Bettes (Harold Ramis), der sich Spencer ansehen soll. Udall bezahlt die Rechnung – nur damit Carol wieder in „seinem“ Restaurant arbeitet. Carol will dieses Angebot zunächst ausschlagen, ist hin- und hergerissen zwischen der möglichen Gesundung ihres Sohnes und der Dankbarkeit gegenüber einem Mann, den sie scheinbar gar nicht mag.
Und Simon? Der soll seine reichen Eltern anbetteln, um seine Schulden abbezahlen zu können – meint jedenfalls Frank, der Udall bittet, Simon mit dem Auto zu dessen Eltern zu kutschieren. Udall willigt widerwillig ein – unter einer Bedingung: Carol soll die beiden begleiten ...
Jack Nicholson in einer seiner besten Rollen, Helen Hunt in einer ihrer besten – was will man mehr? Und dazu ein Greg Kinnear, der in der Rolle des verkorksten, aber nicht untalentierten Künstlers Simon den beiden anderen fast noch die Show stiehlt. Brooks Komödie ist – wenn man von dem weihnachtlichen Happyend einmal absieht (der Streifen lief in den USA am 25.12.1997 an, und ich gehe jede Wette ein, dass hier ein genaues Timing abgestimmt war) – einer jeder Filme, die die ganze Problematik des Hollywood-Kinos so richtig, aber so ganz richtig auf den Punkt bringen. Die Inszenierung folgt dem Schema F so vieler Produktionen aus dem fernen Westen; niemandem wird wirklich weh getan – und doch gehört „As Good As It Gets“ für mich zu den schönsten Komödien, die uns die Filmfabrik in den letzten Jahren zu bieten hatte.
Das Arschloch von nebenan, Melvin, ist ein Arschloch, wie es nur Nicholson spielen kann – kein anderer, da gehe ich jede Wette ein. Denn Nicholson macht aus diesem Ekelpaket einen Menschen, den man eben doch irgendwo mögen muss. Das Drehbuch hilft hier natürlich ein bisschen nach: erst ist es der Hund, den er an sich heranlässt, dann die verdammt sympathische Kellnerin, für deren Zuneigung er sogar die bisher gemiedenen Pillen schluckt, die ihm sein Psychiater schon lange empfiehlt, und schließlich „sogar“ der schwule Nachbar. Die Fahrt zu den Eltern Simons macht eigentlich klar Schiff. Der krankhafte Egozentrismus Melvins bekommt einen Dämpfer nach dem anderen, was immerhin dazu führt, dass er sich – vielleicht das erste Mal in seinem Leben – um andere Menschen bemüht (!). Dieses Bemühen – im wahrsten Sinn dieses Wortes – spielt Nicholson nun aber nicht ausschließlich als ständigen Fortschritt zum Gesundwerden – was immer gesund in dieser Hinsicht auch heißen mag –, sondern als Weg mit allerlei Hindernissen seiner Eigenart. Das macht einen großen Teil der Komik in „As Good As It Gets“ aus. Die Hasstiraden und -projektionen Udalls werden ins „richtige Licht“ gerückt.
Helen Hunt ist rührend, aber nicht rührselig, glaubwürdig in ihrer Rolle als Frau, die nur um die Gesundheit ihres Sohnes herum zu leben scheint. In einer Szene bricht sie vor ihrer Mutter (Shirley Knight) in Tränen aus, weil sie merkt – und nicht zuletzt der verkorkste Melvin hat das in ihr ausgelöst –, dass ihr die Zuneigung eines anderen Menschen fehlt. Diese tränenreiche Szene geht wirklich zu Herzen, weil sie echt, authentisch und im Zusammenhang der Handlung glaubwürdig gespielt ist. In solchen Momenten weicht Brooks – dank seiner Schauspieler – vom Schema F ab.
Etwas ähnliches gilt für Entwicklung Melvins. Brooks, vor allem aber Nicholson kitzeln langsam, aber stetig die Menschlichkeit dieser Figur gegen alle ihre psychopathischen Hindernisse heraus. Und Greg Kinnear? Man schaue nur einmal in das Gesicht Simons, wenn er mit Melvin und Carol im Auto sitzt. Köstlich und gekonnt.
Ein typischer Hollywood-Streifen – ja. Aber ein gut gemachter, einer der besten aus dem Haus aller Filmhäuser, auf das man oft so wütend ist und sein muss. Hier nicht.