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    Der mit dem Wolf tanzt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    Der mit dem Wolf tanzt
    Von Björn Becher

    Geschichten aus dem Wilden Westen sind ein Paradies für Filmemacher gewesen. Zahlreiche Western - ob aus Amerika oder Italien - mit Revolverhelden in den Hauptrollen, die sich mutig gegen Indianer und Banditen stellten, ließen jedes Abenteurerherz höher schlagen. Doch die eindringlichste und realistischste Schilderung des Wilden Westens gelang wohl Kevin Coster mit seinem Streifen „Der mit dem Wolf tanzt“ und dies, in dem er ganz andere Schwerpunkte setzte, als die Klassiker der 60er, 70er und 80er Jahre.

    Im Mittelpunkt von Costners Indianer-Epos steht er selbst. Er spielt John J. Dunbar, einen Lieutnant der Nordstaaten-Armee. Nach einer schweren Kriegsverletzung im Kampf gegen die Südstaaten soll ihm ein Bein amputiert werden, worauf er sich umbringen will. Auf einem Pferd reitet er vor den Feindeslinien auf und ab, doch statt zu sterben, wird er zum Helden: Die Kugeln der Feinde verfehlen ihn wie durch ein Wunder. Dadurch werden die Feinde abgelenkt und die eigenen Männer bekommen frischen Mut. Am Ende steht ein glorreicher Sieg für die Nordstaaten. Dunbar darf sein Bein behalten und das Pferd, welches ihn so sicher vor dem Feindesfeuer bewahrt hat. Und er darf sich einen Traum erfüllen: Den Wilden Westen kennen lernen: Dunbar wird auf eigenen Wunsch an den westlichsten Außenposten versetzt, den es gibt. Dort findet er nichts vor. Der Posten ist verlassen, die dort stationierten Truppen wurden im Kampf mit den Indianern getötet oder sind geflohen. Trotzdem tritt Dunbar seine Stelle an. Alleine bringt er den Außenposten wieder auf Vordermann, genießt die Zeit in der freien Wildnis an seiner Seite nur sein treues Pferd und ein einsamer Wolf, der ihn aus der Ferne beobachtet und jeden Tag ein Stückchen näher kommt.

    Beobachtet wird Dunbar auch von einem nahegelegenen Indianerstamm, die nicht wissen, was sie mit dem einsamen Soldaten anfangen sollen. Im Stamm gibt es Kontroversen darüber. Der junge kriegerische „Wind in seinem Haar“ (Rodney A. Grant) hält den einsamen Soldaten für verrückt und will ihn töten, bevor mehr kommen. Der weise Medizinmann des Stammes „Strampelnder Vogel“ (Graham Greene) bewundert dagegen den Mut von Dunbar, es so alleine im Indianerland auszuhalten, und will mit diesem verhandeln. Während der Außenposten und damit auch Dunbar im Westen völlig in Vergessenheit gerät, rettet Dunbar eines Tages „Steht mit einer Faust“ (Mary McDonnell), eine junge Frau, die als kleines Mädchen ihre Eltern verlor und seitdem bei den Indianern wohnt, das Leben. Aufgrund dieses Ereignisses setzt sich Strampelnder Vogel“ mit seinem Vorschlag durch. Zögerlich gibt es erste Annäherungsversuche zwischen den Kulturen, erschwert durch die sprachlichen Barrieren, doch mit der Zeit findet Dunbar neue Freunde. Obwohl ihn erst doch noch vieles von den Indianern trennt, lebt er sich immer mehr ein, wird schließlich einer der Ihren: Aus John J. Dunbar wird „Der mit dem Wolf tanzt“, aus dem Soldaten ein Indianer. Doch eines Tages kommen neue Soldaten zum Außenposten und nehmen den „Verräter“ gefangen...

    Selten hat es ein Film so beeindruckend geschafft, von Klischees sich zu entfernen, wie „Der mit dem Wolf tanzt“. Costner hat sich sichtlich bemüht, eine möglichst realistische Schilderung der Indianer und ihres Lebens wiederzugeben. Die sonst im klassischen Western meistens in der Rolle der Plünderer, Diebe und Feinde vorkommenden Indianer werden als das dargestellt, was sie wirklich waren. Ein einfaches Volk mit seinen Sitten und Bräuchen, welches in seinem Land lebt, mit anderen Stämmen um die Nahrungsvorräte kämpft, aber vom weißen Mann in Ruhe gelassen werden will. Costner entfernt sich von jeder Schwarz-Weiß-Zeichnerei, zeigt nämlich auch die Indianer nicht nur als Opfer, zeigt auch wie diese weiße Siedler überfallen und ermorden. Costner zeichnet das realistischste Bild von Indianern, welches man bisher in einem Spielfilm gesehen hat.

    Um das Ganze authentisch wirken zu lassen, wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Unzählige Indianer wurden gecastet und Sprachforscher engagiert, um die Sprache der Sioux möglichst fehlerfrei in den Film zu integrieren. Die faszinierende Kulisse rundet das Erlebnis ab. Tausende Büffel und Pferde rennen durch eine wunderschöne Landschaft. Allein schon an den zahlreichen Landschaftsaufnahmen kann sich der Betrachter satt sehen. Hier wirkt der „Director’s Cut“ noch einmal um einiges besser als die erste, gut dreistündige Kinofassung. Zahlreiche weitere Landschaftsszenen machen den Film noch atemberaubender und für die Love Story zwischen „Der mit dem Wolf tanzt“ und „Steht mit einer Faust“ wurde sich noch mehr Zeit genommen. Die Langfassung von fast vier Stunden Spielzeit wertet den Film zusätzlich auf. Die Atmosphäre kommt noch besser rüber, für die Nebencharaktere und die Beziehungen der einzelnen Personen untereinander ist viel mehr Raum. Dabei ändert sich aber an der Aussage und der Brillanz des Werks gar nichts, es ist alles nur noch besser „verpackt“.

    Wie eingangs erwähnt, verzichtet Costner auf viele typische Klischees. Er macht einen Film, der eigentlich so gar nicht mit den Hollywoodregeln vereinbar ist. Allein schon die angesprochene epische Länge ist da ein Grund. Costner verzichtet aber auch auf einen Bösewicht. Gerade derjenige, dem man diese Rolle am ehesten zutrauen würde, nämlich „Wind in seinem Haar“ wird später zu einem seiner engsten Freunde und ruft dies „Der mit dem Wolf tanzt“ auch in einer bewegenden Szene kurz vor dem Ende zu (eine von zahlreichen „Gänsehaut-Szenen“ des Films). Trotz des Nichtbefolgens vieler Hollywoodnormen wurde der Film sowohl ein Kassen- als auch ein Kritikererfolg (sieben Oscars, fünf weitere Nominierungen).

    „Der mit dem Wolf tanzt“ ist sogar, über das eigentliche Thema hinaus, noch heute ein lehrreicher Film über die Grenzen und Vorurteile in menschlichen Köpfen. Dunbar hat Vorurteile gegenüber den Indianern, wenn er den Außenposten erreicht, er hält sie für Diebe und Mörder. Erst langsam baut er seine Vorurteile ab. Genau wie die Indianer, vor allem „Wind in seinem Haar“, auch erst langsam ihre Vorurteile gegenüber Dunbar abbauen. Doch am Ende wird Dunbar selbst Opfer der Vorurteile, welche die anderen Soldaten nun gegen ihn hegen.

    Kevin Costners Regiedebüt ist einer der großartigsten Western und Filme überhaupt. Ein Werk, das sowohl die ganze Zeit fesselt, als auch durch seine Komik, die sich aus dem Aufeinandertreffen der Kulturen ergibt, bestens unterhält. Ein Streifen, der auch lehrreich ist und nachdenklich stimmt. Ein Streifen, der emotional berührt und mehrmals Gänsehaut verursacht; einfach ein großartiger Film...

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