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    Invasion
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Invasion
    Von Christian Schön

    Noch sind die Horrorszenarien nicht vergessen, die angesichts der drohenden Gefahr einer durch die Vogelgrippe ausgelösten Pandemie von der Wissenschaft prophezeit wurden. In Filmen ist solcher Schrecken bereits in vielen Variationen durchgespielt worden. Ein Angriff durch heimtückische Killer-Viren findet sich in Wolfgang Petersens Outbreak oder Mick Garris Stephen-King-Verfilmung „The Stand“. Den Kampf gegen die unsichtbare Bedrohung übernimmt jeweils eine kleine Gruppe von Menschen, die unerschrocken der Gefahr ins Auge blickt. Hinter dem Ganzen stecken zumeist das Militär oder die Regierung. Diese planen im Geheimen die Entwicklung einer neuen Waffe, die aber durch einen Unfall unkontrolliert die eigene Bevölkerung angreift. In dieser Hinsicht sorgt Oliver Hirschbiegels (Das Experiment, Der Untergang) Endzeit-Thriller „Invasion“ mit einem Genre-Mix für erfrischende Abwechslung. Denn was die Regierung auch hier als Grippevirus deklariert, ist in Wahrheit eine außerirdische Lebensform, die den befallenen Wirt zu einem Zombie werden lässt. Trotz des großen Staraufgebots vor und hinter der Kamera kann „Invasion“ aber letztlich den großen Erwartungen nicht gerecht werden.

    Als das Space Shuttle Patriot über dem Mittleren Westen Amerikas abstürzt, sieht zunächst alles nach einer ganz normalen Katastrophe aus. Doch an Bord des Raumschiffs gelangt ein blinder Passagier mit auf die Erdoberfläche, dessen Absichten ganz und gar nicht patriotischer Natur sind. Die Menschen, die mit der klebrigen außerirdischen Substanz in Kontakt kommen, machen ungewöhnliche Veränderungen durch. Trotz Gerüchten wird jedoch von offizieller Seite kein Alarm geschlagen. Einzig die Nachricht über das Grassieren eines gefährlichen Grippevirus wird verlautbart. Die Psychiaterin Carol Benell (Nicole Kidman) nimmt in ihrem Umfeld die schleichend einsetzenden, veränderten Verhaltensweisen ihrer Mitmenschen wahr. Jedoch ist es auch für sie zunächst nicht offensichtlich, wie die Ereignisse miteinander zusammenhängen. Als eine ihrer Patientinnen behauptet, ihr Mann sei durch einen Doppelgänger ausgetauscht worden, sind zu schnell andere Erklärungsmuster zur Hand, als dass eine solche Aussage für bare Münze genommen wird.

    Doch als sich die Verdachtsmomente mehren, zieht sie ihren Freund und Kollegen Ben Driscoll (Daniel Craig) zu Rate. Mit der Hilfe des Wissenschaftlers Dr. Galermo (Jeffrey Wright) kommt die Wahrheit ans Licht. Mit dem Raumschiff kam eine fremde Lebensform auf die Erde, die sich nun mittels Sporen verbreitet. Im Blut der Menschen ruhend brechen sie aus, sobald der Moment des Tiefschlafs erreicht wird. Die so umprogrammierten Menschen werden zu emotionslosen Zombies, die über ein gemeinsames Bewusstsein miteinander verbunden sind. Ihr einziges Ziel ist die Assimilation der ganzen Menschheit. Als Carol ihren Sohn über das Wochenende ihrem Ex-Mann Tucker (Jeremy Northam) überlässt, geschieht dies bereits mit gemischten Gefühlen. Tucker war mit einer der Ersten am Unglücksort des Space-Shuttle-Absturzes. Als Carol die Zusammenhänge realisiert hat, setzt sie alles daran, ihren Sohn zurückzubekommen…

    Die Suche von Carol nach ihrem Sohn Oliver wird ab der Mitte des Films zum beherrschenden Thema. Darüber wird alles andere, was zuvor mühevoll an spannungstragenden Elementen aufgebaut wurde, vernachlässigt. Die wundersame Bindung zwischen Mutter und Kind, die an außerirdischen Mächten zu zerbrechen droht, hat sich bereits in Die Vergessenen als nur bedingt dramaturgisch wertvoll erwiesen und kann auch in diesem Fall nicht so recht überzeugen. Auch die Umsetzung der Zombiefilmelemente löst sich nicht aus ihrer klischeehaften Prägung. Dass dieses Genre nach wie vor noch voller lebendiger Aktualität ist, bewies Danny Boyle vor kurzem erst in 28 Days Later (und Nachfolger Juan Carlos Fresnadillo im Sequel 28 Weeks Later). Die vollständige wissenschaftliche Aufklärung des Phänomens in „Invasion“ erledigt dabei jeden noch vorhandenen Reiz, der von der Bedrohung aus dem All ausgeht. Iain Softleys K-Pax, in dem zum Beispiel ebenfalls die Wissenschaft auf einen vorgeblichen Besucher einer fremden Welt trifft, bleibt hier clever uneindeutiger und raubt dem Zuschauer damit nicht die Möglichkeit für eigene Spekulationen.

    Auf Schauspielerseite kann sich Hirschbiegels Film keinen Vorwurf machen. Nicole Kidman (Eyes Wide Shut, Moulin Rouge, Dogville) geht mit der ihr nachgesagten routinierten Perfektion ans Werk und überzeugt durch ihr natürliches Spiel. An ihrer Seite steht, als neuer Bond inzwischen an Rampenlicht gewöhnt, Daniel Craig (Casino Royale, München, Road To Perdition) sowie Jeremy Northam (Gosford Park, Cypher, The Statement) und Jeffry Wright (Casino Royale, Broken Flowers). Als Gastauftritt der ganz speziellen Art ist die Rolle der Patientin Wendy Lenk anzusehen. Diese wird von Veronica Cartwright verkörpert, die bereits 1979 in Die Körperfresser kommen zu sehen war. Der Ursprung dieses Films geht, wie auch von „Invasion“, auf eine Quelle zurück: Der Science-Fiction-Klassiker „The Body Snatchers“ von Jack Finney liefert den Grundstoff für eine ganze Reihe von Filmen, die sich mit der Invasion von Aliens über den Weg der Inhalation von Kleinstorganismen beschäftigt. „Invasion“ ist bereits das dritte Remake von Don Siegels Finney-Verfilmung „Die Dämonischen“ aus dem Jahr 1956 (nach Philip Kaufmans „Die Körperfresser kommen“, 1978, und Abel Ferraras Body Snatchers, 1993).

    In diesen Werken wird die Frage danach gestellt, was zum Menschsein bzw. zur Menschheit gehört. Die Konfrontation mit Aliens als dem genuin „Anderen“ zwingt die Helden dazu, vermehrt auf die wesentlichen Werte dessen zu pochen, was sie als Menschen ausmacht. In einer ganz ähnlichen Gattung, die in Filmen wie Metropolis, I, Robot oder The Terminator repräsentiert sind, geht die Bedrohung von Maschinen ausgeht. Hier wie dort stellt sich für die Protagonisten dieselbe Frage. Die Gefahr, die von Aliens ausgeht, bringt eine Kategorie ins Spiel, die besonders im amerikanischen Kino präsent ist – die Psychoanalyse. Prototypisch dafür steht die Hauptfigur von „Invasion“, die ihrer Profession nach Psychiaterin ist. Daher verwundert es auch nicht, dass die Sporen in den menschlichen Organismen ausbrechen, wenn der befallende Träger in den Tiefschlaf fällt. Denn gerade der Schlaf, zudem der, in dem man träumt, ist der Ort des Unbewussten schlechthin. Umso mehr verwundert es hier, dass Hirschbiegel das Potential der Story nicht mehr auszubeuten weiß. Man könnte vermuten, dass ihm als europäischer Filmemacher, der nicht so sehr in der amerikanischen Kultur verwurzelt ist, andere Aspekte reizvoller erschienen. Mit „Invasion“ betritt der deutsche Regisseur erstmalig das amerikanische Filmparkett, nachdem er mit „Der Untergang“ international zum gefeierten Star geworden ist.

    Seine Arbeitsweise hat sich Hirschbiegel auf den anderen Kontinent gerettet. Fast alle Szenen seines Films entstanden an den Originalschauplätzen unter natürlichen Lichtbedingungen. In seiner direkten Herangehensweise schafft sich der Filmemacher Freiraum, spontan auf Veränderungen reagieren zu können und diese in den Film zu integrieren. Diese Suche nach Authentizität merkt man „Invasion“ deutlich an und unterscheidet ihn von so mancher Retortenproduktion aus den großen Studios. Die Kunst Hirschbiegels liegt darin, das Resultat trotzdem im Kleid einer perfekten Ästhetik erscheinen zu lassen. Je mehr sich die Zombies unter den Menschen breit machen, desto reduzierter wird die Bilderwelt inszeniert. Die Farbpalette wird zusehends vermindert und tendiert ins kühl Bläuliche. Komplementär wurde in der Ausstattung darauf geachtet, dass ein uniformer Look der Infizierten sich mit den Normalgebliebenen kontrastiert. Dennoch musste Hirschbiegel die harten Gesetzte Hollywoods schnell lernen. Nach schlechten Testvorführungen setzte Star-Produzent Joel Silver (Matrix, Stirb langsam) Nachdrehs an, zu denen der Deutsche dann nicht mehr willkommen war. Er wurde stattdessen von den Wachowski-Brüdern und James McTeigue ersetzt. Kein Wunder, dass der Film oft wie Stückwerk wirkt.

    „Invasion“ baut nach starkem Beginn immer weiter ab und schwankt insgesamt einerseits zwischen einem Erfolg versprechenden Gespann aus bewährter Vorlage, guter Regie und hervorragender Besetzung, schwächelt aber anderseits beim Drehbuch und dem Spannungsbogen. Anteil am Ergebnis hat aber nicht zuletzt auch Hirschbiegels Tendenz das Geschehen in so echtes, alltägliches Licht wie nur möglich zu tauchen. Aber gerade ein Science-Fiction-Streifen lebt doch von seinen phantastisch-irrealen Elementen, die „Invasion“ bisweilen schmerzlich fehlen.

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