Hier scheint es ja wieder recht verschiedene Meinungen zu geben. Ich liege dazwischen: Die Gräfin ist gar nicht so schlecht wie die Kritik suggeriert. Ich fand z.B. gar nicht, dass sich die Handlung irgendwo zieht. Eher hat es mir gefallen, dass die Geschichte nach dem Prolog eigentlich spürbar langsamer erzählt wird. Wo zu Anfang noch alles erst überstürzt wirkt und man dann das Adelsleben mit den politischen Verwicklungen hat, muss sich die Gräfin mehr und mehr zurückziehen und konzentriert sich auf Liebe und Jugendwahn. Das ist gut gelungen, alle Schauspieler machen ihre Sache auch gut. -Insofern ist das alles ein solide-guter Film. Ich sehe eigentlich keine echten Schwächen. Eher fand ich es schade, dass man zwei Potenziale nicht ausgenutzt hat: 1.) Der Drahtseilakt zwischen Wahrheit und Lüge. Dann - Spoiler! - das alles aus Sicht des Liebhabers erzählt wird, der ja später selbst auch in der Burg ist und die Verbrechen mitbekommt, lässt die ganze Sache von wegen "Geschichte wird von Siegern geschrieben" gleich wieder obsolet werden: Er muss sich eingestehen, dass seine Geliebte tat was sie tat. Dass sie es tat, weil sie dachte er würde sie verraten, ist die große Tragik - die jedoch kaum irgendwie mehr beleuchtet wird. Mutig wäre der Film gewesen, wenn er konsequent aus der Sicht von zwei Personen erzählt hätte und die zwei Versionen, von denen beide "grau" sind, gegenüberstellte. So war es mMn. aber alles recht eindeutig und klar. 2) Hätte ich es gut gefunden, wenn der Film durchaus mehr in Richtung Grusel-, Schauer- oder Horrorfilm gegangen wäre. Andeutungen gab es ja und atmosphärisch ist der Film auch. Doch so ein richtiges Ding im Stile von Gothic aus den 80ern wäre echt toll gewesen. - Letztlich aber dennoch: Guter Film, sehenswert, mit mehr Luft nach oben.