Ein Blick auf das Filmplakat zu Nancy Meyers’ romantischer Komödie „Liebe braucht keine Ferien“ verschlägt dem Betrachter zunächst einmal verwundert die Sprache. Dort ist neben den sympathisch-verliebt lächelnden Jude Law, Cameron Diaz und Kate Winslet ein romantisch grinsender Jack Black zu sehen. Der erste Gedanke: Das geht gar nicht. Die rundliche, coole Spaßgranate als klassisches Rom-Com-Futter? No way, José. Oder passiert doch ein Wunder und Jack Black überzeugt als weichgezeichneter Herzensbrecher? Die Idee war zugegebenermaßen kühn, aber sie funktioniert nicht - was übrigens auch für wichtige Teile des Films gilt. Meyers ist angetreten, um das ultimative Herzschmerz-Weihnachts-Feel-Good-Movie zu drehen, doch die meterdicke Zuckergussschicht, die den Film überzieht, entlarvt „Liebe braucht keine Ferien“ als hübschen Edelkitsch, der hauptsächlich auf Hardcore-Romantiker abzielt und andere Zielgruppen hartnäckig ausschließt. Leider variiert Meyers nur Klischees und fügt ihrem Märchen wenig interessante, neue Facetten hinzu.
Zwei Frauen, ein Schicksal: Herzschmerz. Iris (Kate Winslet) muss einen Albtraum miterleben. Die Londoner Journalistin ist unsterblich in ihren Kollegen Jasper (Rufus Sewell) verliebt, doch auf der Firmenfeier gibt dieser seine bevorstehende Heirat bekannt... aber nicht mit Iris, für die eine Welt zusammenbricht. Frustriert zieht sie sich in ihr kleines Cottage auf dem englischen Land zurück. In Los Angeles hat Amanda (Cameron Diaz), die Eigentümerin einer boomenden Werbeagentur, die Nase voll von ihrem untreuen Mann Ethan (Edward Burns), den sie an die Luft setzt und aus der Luxusvilla schmeißt. Und das alles kurz vor Weihnachten. Um der puren Tristesse zu entkommen, stöbert Amanda im Internet nach einer Ferienmöglichkeit. Dabei stößt sie auf eine Anzeige von Iris, die ihr gemütliches Cottage zum Tausch für zwei Wochen anbietet. Keine 24 Stunden später haben die enttäuschten Frauen ihre Häuser getauscht und befinden sich offiziell in den Ferien. Obwohl beide von Männern nichts wissen wollen, kommt es natürlich anders. Iris’ Bruder Graham (Jude Law) taucht unangemeldet und angetrunken bei Amanda auf, von deren Existenz er nichts ahnt. Sie landen schon in der ersten Nacht im Bett, doch danach wird es kompliziert. Iris nimmt in L.A. gleich Kontakt zu zwei Männern auf: dem greisen, kauzigen Drehbuchautoren Arthur Abbot (Eli Wallach) und dem Hollywood-Komponisten Miles (Jack Black), der von seiner Freundin Maggie (Shannyn Sossamon) hintergangen wird...
Ganz klar, zu Weihnachten muss ein Tränendrüsen-drückender Frauenfilm her. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Dieses Jahr nimmt Erfolgs-Regisseurin Nancy Meyers (Was das Herz begehrt, Was Frauen wollen, „Ein Zwilling kommt selten allein“) Anlauf. Bei Meyers, eine Art Frauenrechtlerin des Mainstreams, hat es das männliche Leinwandpersonal nie leicht, wovon Mel Gibson und Jack Nicholson ein Lied singen können. Für den Abschaum dieser Gattung stehen bei „Liebe braucht keine Ferien“ Rufus Sewell (Dark City, Ritter aus Leidenschaft) und Edward Burns (Confidence, Der Soldat James Ryan), die selbstgerecht und untreu Frauenherzen brechen und somit für die emotional funktionierende Ausgangslage des Märchens sorgen, das Meyers bewusst im realitätsfremden Stil der 60er Jahre anlegt. Irgendwie muss sich die ungeheure Süßlichkeit der Story schließlich erklären lassen. Dazu gesellt sich der Vorteil, dass Logik in einem derartigen Konstrukt keine große Rolle zu spielen hat, was der Schnulze sehr zupasse kommt, denn die romantischen Großmädchenträume Meyers’ halten einem Hinterfragen nicht stand.
Das entbindet die Regisseurin, die auch das Drehbuch schrieb, nicht von einer stimmigen Charakterzeichnung, womit sie ein paar Probleme hat. Kate Winslets (Vergiss mein nicht, Titanic, Das Leben des David Gale) Iris ist ein Konzentrat aus Klischees, das die Engländerin aber mit ihrer ausgewöhnlichen Klasse keineswegs untergehen lässt und ihrer Rolle tatsächlich noch Charme entlockt. Ihr rührendes Engagement für den liebenswerten Autor Arthur, den Veteran Eli Wallach (Zwei glorreiche Halunken, Der Pate III, Glauben ist alles) rührselig spielt, hilft dem gebrochenen Herz wieder auf die Beine. Die sich entwickelnde Liebesgeschichte mit Score-Komponist Miles funktioniert leider überhaupt nicht, weil Jack Black (King Kong, School Of Rock) eine glatte Fehlbesetzung als romantischer Lover ist. Meyers ist das irgendwann wohl bewusst geworden, deswegen lässt sie den „echten Jack Black“ ab und zu von der Leine, um mit Kaspereien für Erheiterung zu sorgen. Doch sein ganzes Pulver hat er bereits in der ersten, tollen Szene verschossen, die durch feine Ironie glänzt. Von einer ausbalancierten Performance kann hier keine Rede sein. Die Rom-Com-Nummer packt Black nicht, sein Grinsen wirkt debil und nicht verliebt. Der Versuch ist aller Ehren wert, aber gescheitert. Dazu gibt’s von Meyers auch noch die Höchststrafe: Eine Bettszene bleibt dem voluminösen Komiker verwehrt.
Dass dem unverschämt gutaussehenden Jude Law (Hautnah, Aviator, I Heart Huckabees) dieser Lapsus nicht passiert, ist logisch, auch wenn Meyers über die knappen Schlafzimmerszenen mit Cameron Diaz (In den Schuhen meiner Schwester, Gangs Of New York, Vanilla Sky) einen strammen Keuschheitsgürtel spannt, damit der Film zu Weihnachten auch „ohne Altersbeschränkung“ durchgeht. Law und Diaz bilden ein bildhübsches, gleichwertiges Gespann. Während Diaz ihre immerwährende Rolle der sympathischen Schönheit auch ein weiteres Mal überzeugend und charmant gibt, ist Law als Lover der Herzen natürlich eine Bank. Einen Makel hat das Drehbuch zu verantworten: Der schnelle Umschnitt von amtlichen Flachleger zum treusorgenden, alleinerziehenden Vater zweier kleiner Mädchen, der keine Zeit für Frauen hat, ist um einiges zu unglaubwürdig, womit dieser Charakterzug nur bei den weichsten Herzen einschlagen wird.
„Liebe braucht keine Ferien“ ist ein Werk, wie es für die Traumfabrik typischer nicht sein könnte - inszeniert wie eine Oscarverleihung. Meyers feiert Hollywood in exakt dieser Weise, wie sich die Branche Jahr für Jahr bei den Academy Awards selbst zelebriert - von der witzigen Einbindung des Trailersprechers, der Amandas Leben kommentiert, über die komplette Figur Eli Wallachs, die die Golden Era lobpreist bis zum Filmkomponisten Jack Black, der auf die Historie der guten, alten Zeit Bezug nimmt. Wenn nur alles so inspiriert wäre, wie der Cameoauftritt von Dustin Hoffman, der in einer Videothek plötzlich zum Thema Die Reifeprüfung auftaucht oder die fiktiven Trailer zu einem Film mit Lindsay Lohan und James Franco. Die kritiklose Selbstbeweihräucherung fällt milde aus, ein bisschen mehr Biss hätte gut getan. Das gilt für den gesamten Film. Das ist alles bestenfalls sehr hübsch und nett anzusehen, der leichte Witz und die überwiegend guten Darsteller sorgen dafür, dass das Interesse nicht abhanden kommt, schließlich weiß Nancy Meyers, wie man Träume inszeniert. Aber das Ansinnen, den großen Weihnachtsfilm zu präsentieren, ist misslungen. Romantische Seelen können die negativen Aspekte des Films sicherlich besser ausblenden und sich auf das Schöne konzentrieren, aber an Tatsächlich Liebe, der mit Mut zum offenherzigen Kitsch, den richtigen Ton traf, reicht „Liebe braucht keine Ferien“ einfach nicht heran. Denn gerade Richard Curtis’ Referenzfilm zeigt, dass man durchaus ansprechenden Edelkitsch prickelnd aufbereiten kann.