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    Bambi 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Bambi 2
    Von Christoph Petersen

    Das niedliche, aber mutige Rehkitz Bambi, der freche Hase Klopfer und das ängstliche Stinktier mit dem treffenden Namen Blume sind zurück – Kinder auf der ganzen Welt können sich also auf ein neues Leinwandabenteuer ihrer geliebten Waldbewohner freuen. Auf der ganzen Welt? Wohl kaum, denn „Bambi 2 – Der Herr der Wälder“ ist ursprünglich eine DVD-Produktion und wird in Disneys Heimatstaat USA selbst auch nur auf Scheibe gepresst erhältlich sein. Man hätte sich auch gewundert, hat Disney doch seine Kino-Zeichentrickabteilung zu Gunsten der Computeranimation eingestampft. Trotzdem kommt der Film nun in Deutschland, Israel, Peru und vielen anderen Ländern auf die große Leinwand, der Wunsch nach einer neuen Geschichte von Bambi scheint hier stark genug, um die Zuschauer auch auf die herkömmliche Animationsart überzeugen zu können. Angesiedelt ist die Story von „Bambi 2“ in der Mitte des Klassikers aus dem Jahre 1942. Wo damals das Heranwachsen des kleinen Rehs zum Herrn der Wälder nur knapp angedeutet wurde, nimmt sich die Fortsetzung nun viel Zeit, um die Entwicklung zum heldenhaften Beschützer, der alle Tiere vor dem schrecklichen Waldbrand am Schluss des Originals retten wird, ausführlicher zu erzählen.

    Kurz nach dem Tod von Bambis Mutter bittet Stag (im Original von Enterprise-Kapitän Patrick Stewart gesprochen), der Herr der Wälder und Bambis Vater, die weise Eule darum, eine Ersatzmutter für das kleine Rehkitz zu finden. Er selbst ist zu beschäftigt damit, die Bewohner des Waldes zu beschützen und sowieso sei Erziehung keine Aufgabe für einen Prinzen wie ihn. Bambi aber möchte unbedingt bei seinem Vater, den er so sehr bewundert, bleiben und versucht deshalb zusammen mit seinen Freunden, dem Hasen Klopfer und dem Stinktier Blume, alles, um genauso mutig und stark wie ein Herr der Waldes zu werden. Die ersten Versuche enden noch wenig erfolgreich, doch schon bald stellen sich erste Fortschritte ein. Und dann eröffnet sich plötzlich für Bambi die Chance, seinen Mut ein für alle mal unter Beweis zu stellen…

    Mit „Bambi 2“ sind den Machern sehr unterhaltsame 72 Minuten gelungen, die dafür aber auch weit weniger emotional als die des Originals sind – eher der kleine Spaß für zwischendurch als der große Klassiker. Die Momente, in denen Bambi mit seinen Freunden Klopfer und Blume herumtollt, sind äußerst amüsant geraten. Vor allem aber die Episode um das Erwachen des ängstlichen Murmeltiers, das der Last seiner Aufgabe, den Frühlingsanfang zu bestimmen, einfach nicht gewachsen ist, lässt die Mundwinkel weit nach oben schnellen. Auch die Übergänge zwischen den einzelnen Szenen, in denen die Tiere des Waldes allerlei Alltagsbeschäftigungen nachgehen, überzeugen durch ihren Abwechslungsreichtum. Genau die richtige Mischung aus Abenteuer, Spannung und auflockerndem Humor hat auch die Mutprobe, bei der Bambi versucht, den Damm des angenervten Bibers, der im Originalton mit einem wunderbar irischen Hafenarbeiterdialekt versehen ist, zu überqueren. Im Gegensatz dazu ist die Spannung während des Showdowns, trotz vereinzelter lustiger Einwürfe, dann vielleicht sogar schon ein Tick zuviel für die ganz kleinen Zuschauer.

    Nicht ganz so daneben wie in Disneys Animationsabenteuer Himmel und Huhn, aber trotzdem misslungen ist die Moral der Geschichte. Dass, wie sooft unsinnigerweise kritisiert wird, die Moral bei Disney-Produktionen so offen in den Vordergrund gedrängt wird, ist an sich nichts Schlechtes. Aber hier ist die Aussage an sich einfach sehr bedenklich. Als Stag sich nach dem Tod von Bambis Mutter um seinen Sohn kümmern soll, kann er mit ihm zunächst wenig anfangen, Bambi ist ihm viel zu verspielt und noch nicht kräftig genug. Erst als Bambi ein gefährlicher Sprung über einen Abgrund gelingt, findet sein Vater auf einmal Interesse an dem Kleinen. Hier wird reflexionslos die amerikanische Leistungsgesellschaft propagiert, in der selbst Kinder für die Liebe und die Beachtung ihrer Eltern etwas als Gegenleistung, zum Beispiel Erfolg beim Sport oder in der Schule, erbringen müssen. Vielmehr hätte sich Disney an die gute alte „Bleib wie du bist!“-Moral halten sollen, anstatt den Kindern mit auf den Weg zu geben, sich bei ihren Eltern anzubiedern, um Zuneigung als Belohnung zu erhalten. Am Schluss wird die gleiche Ansicht noch auf viel offensichtlichere Weise vertreten. Stag will seinen Sohn von einem anderen, weiblichen Reh erziehen lassen und Bambi weggeben. Erst nachdem Bambi mutig ein Rudel bissiger Hunde vertrieben und so Leben gerettet hat, überlegt er es sich anders.

    Nach dem kitschig-groben Titelschriftzug hat man zunächst schlimmste Befürchtungen, was die Animation angeht, aber der Zeichenstil von „Bambi 2“ überzeugt einen dann doch recht schnell. Die Einzelheiten sind zwar nicht so zahlreich wie in den großen Kinoproduktionen, aber dafür durchdachter und sehr liebenswürdig. Auch die Figuren sind gut gelungen. Mit seinen großen Augen schließt man Bambi sofort ins Herz, Klopfer und seine rosafarbenen Schwestern sind auf ihre putzige Art sehr witzig und der genervte Biber wirkt böse, ohne dabei wirklich unsympathisch zu sein. Außerdem muss man, bei der großen Anzahl von computeranimierten Produktionen, mit der wir zukünftig jedes Jahr überschüttet werden, von nun an wohl den herkömmlich gezeichneten Filmen den Sonderpunkt für das Besondere einräumen. Im Gegensatz zu den lieblosen zweiten Teilen „Peter Pan: Neue Abenteuer in Nimmerland“ und „Das Dschungelbuch 2“ ist „Bambi 2“ eine sehr sorgfältig und schön gemachte Klassiker-Fortsetzung, deren fragwürdige Leistungsmoral aber doch erheblich stört.

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