"Volver" ist einer dieser Filme, die zeigen, dass die US-Amerikaner in einer massiven Illusuion leben, wenn sie denken, die besten Filme könnten nur aus ihrem Land kommen. Es sind Filme, die den Oscar quasi wertlos machen, denn "Volver" hätte vermutlich - wäre er englischsprachig entstanden - viele von den Figurinen abgeräumt.
Volver ist Kunst. Das liegt daran, dass einer unheimlichen Abfolge von düsteren, tragischen und unerträglichen Ereignissen eine enorme positive Energie gegenübersteht, die in diesem Film wundersamerweise nie Hoffnungslosigkeit entstehen lässt. Dieser energiereiche Zauber geht nicht nur von der herb dynamischen Penelope Cruz aus (die meisterhafter als alle amerikanischen Kolleginnen der Zeit auftritt), sondern auch von den meisten sehr intensiv prortraitierten Nebencharakteren. Sie sind so gut in ihren Persönlichkeiten umrissen, dass man weinen möchte, sie sind wie Säulen, die den Zuschauer durch die schlimme Handlung tragen und trösten.
Was passiert? Man kann es nur anteilig erzählen. Raimunda (Penelope) stammt aus kleinem Dorf, wohnt nun mit 14-jähriger Tochter und nichtsnutzig säufendem Ehemann in Madrid, der Ehemann ist nicht Vater und versucht, das junge Mädchen zu missbrauchen. Sie ersticht ihn in Notwehr. Nun beginnt der surreale Teil: Raimunda versteckt die Leiche in einer Kühltruhe, weil sie schon genug anderes bewältigen muss, unter anderem 3 Jobs hat und gerade die Gelegenheit nutzen kann, quasi illegal das stilliegende Restaurant eines Bekannten zu betreiben, weil eine Filmcrew über Wochen verpflegt werden möchte. Bunte Szenen, Abende voll gutem Essen, hinterm Tresen Penelope in voller Power, zwischendurch überrascht sie ihre Tochter mit der Fähigkeit mal eben Flamenco zu singen. Aber schnell holt die düstere Story alle ein. Im Provinzdorf stirbt eine Tante, eine Cousine bekommt Krebs, und die totgeglaubte Mutter taucht auf, spielt zunächst für all die abergläubigen Dörfler einen Geist und eröffnet der Familie schliesslich knapp und schnell, dass sie nicht tot ist, sondern ihren Ehemann samt seiner Geliebten in flagranti erwischt und aus Rache mit der Holzhütte in Brand gesetzt hat, so dass nur zwei unkenntliche Leichen übrig blieben. Doppelmord. Geht es noch heftiger? Ja, sie sagt, sie sei gekommen um Raimunda um Verzeihung zu bitten. Wofür`? Raimunda führt aus, dass ihre Tochter Resultat des sexuellen Missbrauches durch ihren eigenen Vater war - was sie ihrer Tochter wohlweislich nie sagen will - obwohl die immer hektischer fragt. Und so geht die Reise immer skurriler weiter. Mithilfe mehrer Nachbarinnen entsorgt man die Leiche samt Gefriertruhe nicht etwa auf einer Müllkippe sondern vergräbt sie mühsam im trockenen Boden der Mancha, weil diese Stelle am Flußufer der Lieblingsplatz des Toten war. Und das ist noch nicht alles - aber es reicht. Die Handlung ist so abwechselnd, dass Langeweile unmöglich ist, dafür bietet sich genug Platz für Weinen, Lachen und Schaudern.
Fazit: Ein Meisterwerk, das man zitieren aber kaum je kopieren werden kann. Abstriche kann es nur dafür geben, dass viele Stränge der Geschichte im Dunkeln enden. Man hätte zu gern gewusst, ob das Restaurant floriert, wie die Tochter sich entwickelt und was man mit der für tot erklärten Mutter langfristig anstellt... aber open ends gehören zur Kunst.