Ludwig Rellstab gab der 14. Klaviersonate Beethovens, op. 27, einige Jahre nach Beethovens Tod, den Namen Mondscheinsonate, unter dem sie heute bekannt ist. Beethoven konnte also unmöglich diesen Namen benutzen, wie er das im Film in einem Gespräch mit der 23-jährigen Anna Holtz tut. Es läuft auch sonst einiges quer in diesem fiktiven Versuch, dem Phänomen Beethoven etwas näher zu kommen, was nicht weiter schlimm wäre - der Film Amadeus über Mozart erhebt ebenfalls nicht den Anspruch, mit den historischen Tatsachen überein zu stimmen. Im Gegensatz zu Klang der Stille ist Amadeus jedoch höchst amüsant und unterhaltsam, und kommt dadurch der durchaus ambivalenten Persönlichkeit Mozarts näher, als man im ersten Moment erwartet hatte. Ganz anders stellt sich die Situation bei Klang der Stille dar. Der unbedarfte Kinobesucher lernt über Beethoven, dass sein Privatleben chaotisch und der Haushalt unordentlich waren, und dass er es irgendwann gelernt hatte, von den Lippen zu lesen? Auch sonst hört er mehr, als man es von einem Tauben erwarten würde, aber wo die Musik ihren Ursprung nahm, wie das Genie Beethovens auch nur ansatzweise zu erklären oder verstehen ist – davon erzählt der Film nichts. Vielleicht ist das auch zu viel verlangt, den ultimativen Beethoven-Film gibt es jedenfalls noch nicht; Ed Harris überzeugt nicht in seiner Rolle als Beethoven, und die Gestalt der Anna Holtz bleibt blass, was wohl in erster Linie auf der Drehbuch zurückzuführen ist.
Vielleicht kann man sich dem Phänomen Beethoven nur allmählich, von einem bestimmten Blickwinkel her nähern, aber auch dafür ist der Film ist zu eng gestrickt. Er wird weder dem Menschen noch dem Genie Beethovens gerecht, und man verlässt das Kino mit einem flauen Gefühl im Magen und fragt sich, was man da eigentlich gesehen hat.