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    Brothers - Zwischen Brüdern
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Brothers - Zwischen Brüdern
    Von Stefan Ludwig

    Krieg und Familie. Beides hat die Menschheit seit jeher geprägt und doch erscheinen sie unvereinbar. Mit „Brothers“ kommt nun aus Dänemark ein Drama, das dieses zeitlose Thema in ein eindrucksvolles und bewegendes Leinwandstück verwandelt. Regisseurin Susanne Bier („Open Hearts“ , „The One And Only“) zeigt, wie der Krieg Menschen verändern kann und schafft es zudem, in wenigen Szenen beeindruckender als mancher Kriegsfilm die Härte des Krieges zu bebildern. Die Geschichte erscheint vom Konzept her nicht neu, wurde aber ansprechend aufbereitet und wirkt trotz manch heftigem Gefühlsausbruch glaubwürdig und echt.

    Der Filmtitel „Brothers“ und die meisten Aufrisse der Story sind zunächst leicht irreführend, handelt es sich doch keinesfalls hauptsächlich um die Geschichte zweier Brüder, auch wenn die eine wichtige Rolle spielt. Der Konflikt findet in der Familie statt: Der Vater verachtet Jannik (Nikolaj Lie Kaas) im Gegensatz zu dessen Bruder Michael (Ulrich Thomsen), der es als Major beim Militär und mit Frau und zwei Kindern zu etwas gebracht zu haben scheint. Jannik hat keine Arbeit, keine Freundin – er scheint ein absolut gefühlskalter Loser zu sein, der sich für nichts als sich selbst interessiert. Als Michael bei einem Militäreinsatz in Afghanistan abstürzt, wird er für tot erklärt. In Wirklichkeit ist er allerdings gefangen genommen worden. Um seine Frau Sarah (Connie Nielsen) kümmert sich nun Jannik, der sich mehr und mehr zu einem liebenswerten und hilfsbereiten Menschen entwickelt.

    Wesentlich für die Geschichte ist das Trauma, das Michael in Gefangenschaft zugefügt wird. Worum es sich genau handelt, soll hier verschwiegen werden. Die Folgen dieses Erlebnisses machen ihn für die Welt, in die er später zurückkehren wird, untauglich. Und hiermit beschäftigt sich „Brothers“ dann auch größtenteils. Der Konflikt zwischen den ungleichen Brüdern ist nur ein Element und keinesfalls das Tragende. Doch das macht das Ergebnis ja nicht schlechter.

    Denn die durch die Bilder transportierten Gefühle sind mitreißend, obwohl sie manchmal etwas extrem erscheinen. Das lässt sich aber durchaus als bewusste Überspitzung ansehen und schadet nur in geringem Maße. Langweile findet der Zuschauer nicht, die Story ist vielfältig und wird in der richtigen Geschwindigkeit vorangetrieben. Trotz aller Tragik findet das Drehbuch, dessen Story von Anders Thomas Jensen und Susanne Bier geschrieben wurde, genügend Zeit für komische Situationen, in denen herzlich gelacht werden darf. Diese entstehen meist durch das Gegenüberstellen von Menschen, deren offensichtliche Fehler sich im Wege stehen.

    Für „Brothers“ wurden mit dem Trio Ulrich Thomsen („Blueprint“) und Nikolaj Lie Kaas („Old Men In New Cars“, „Reconstruction“) und Connie Nielsen („One Hour Photo“, „Gladiator“) drei sehr gut agierende Darsteller gefunden, die von der meist wackeligen Digitalkamera von Morton Soborg hervorragend in Szene gesetzt werden. Der Zuschauer fühlt sich dabei stets nahe am Geschehen. Thomsen bedient sich einem seiner Rolle als Soldaten angemessen erscheinenden einfachen Spiel – seine Emotionen werden durch seine Taten und weniger durch seine Mimik zum Vorschein gebracht. Nikolaj Lie Kaas bietet wesentlich mehr Gesten und Gesichtsausdrücken auf, hier ist der Gegensatz der beiden Brüder deutlich sichtbar. Connie Nielsen ist nicht nur unglaublich attraktiv, sondern geht in der Rolle der besorgten, liebenden Ehefrau voll auf. Auf ihre Zerrissenheit zwischen Mann, Kindern und Jannik hält „Brothers“ über weite Strecken den Scheinwerferkegel. Den beiden Töchtern wurden ebenfalls beeindruckende Dialoge geschenkt, in denen sie entwaffnend ehrlich und erschreckend ihre Meinung kundtun.

    So erstreckt sich das Ganze zu einem Familien-Drama, das die Wirklichkeit des Krieges aufzeigt und dessen Unvereinbarkeit mit der „normalen“ Welt deutlich macht. Das Drehbuch enthält zwar bekannte Elemente, ist aber stringent und spannend aufgebaut. Natürlich ist die Geschichte des für tot gehaltenen nichts Neues. Aber die Aufbereitung überzeugt und schafft es mühelos, die zu befürchtende Langeweile zu umgehen, in dem es sich nicht nur auf die Zeit beschränkt, in der Michael verschwunden ist, sondern später hauptsächlich die Folgen seiner Gefangenschaft in den Auswirkungen in der Familie betrachtet.

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