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    Palindrome
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    Kino:
    Anonymer User
    5,0
    Veröffentlicht am 18. März 2010
    Ein Teenager mit einer etwas quäkenden Stimme, der sich in einem dicken Mantel versteckt. Todd Solondz sieht nicht aus wie ein Vierziger. Auch nicht wie ein erfolgreicher Regisseur. Eher wie ein erfolgreicher Independent-Regisseur, einer der unabhängig sein Ding macht. Sein erstes Ding hieß 1995 "Willkommen im Tollhaus", der Teenager-Alptraum von Dawn Wiener und wie sie ihn überwindet. Danach gab es 1998 "Happiness" - von Glück war in dieser tiefschwarzen und grell satirischen Familienkomödie aus den USA dabei nichts zu spüren! Jetzt, nachdem "Storytelling" in Deutschland ignoriert wurde, geht in dem kuriosen Märchen "Palindrome", ein naives Kind hinaus in die Welt, erlebt eine Menge und bleibt das naive Kind.



    Die Titelfigur Aviva, die Dorothy auf den gelben Steinen zum "Zauberer von Oz" folgen könnte, wird von zwei Frauen, vier Mädchen zwischen 13 und 14 Jahren, einem zwölfjährigen Jungen und einem sechsjährigen Mädchen gespielt! "Palindrom" beginnt mit dem Begräbnis von Dawn Wiener (aus dem "Tollhaus") und dem Wunsch der kleinen Aviva ja nicht "wie Dawn zu sein". Die Mutter (Ellen Barkin) beruhigt sie: "Du wirst immer du sein!"



    Von wegen: Als die unter arriviert alternativen Eltern Aufgewachsene die erste sexuelle Erfahrung macht und auch direkt bekommt was sie will - die Schwangerschaft - zwingt sie die gar nicht mehr lockere Mutter zur Abtreibung. Aviva verlässt darauf das Elternhaus auf der Suche nach einer Mutterschaft - egal wie. Bei ihrer albtraum-märchenhaften Reise triff sie auf pädophile Priester, bigotte Gottesanbeter und mehr skurriles Volk, das jedoch mit seinem verletzenden Treiben dem naiven Mädchen nichts anhaben kann.



    Mit Palindrom bezeichnet man Worte oder Sätze, die vom Anfang oder Ende gelesen gleich sind. "Rentner" ist ein altes Beispiel aus dem "Lagerregal" der Palindrome. Ein bekanntes Satz-Palindrom funktioniert in Zeiten von "political correctness" nicht mehr: "Ein Afroamerikaner mit Gazelle zagt im Regen nie". Da passt was nicht und Solondz irritiert ähnlich, indem er eine dürre hellhäutige und eine sehr dicke Schwarze nacheinander Aviva spielen lässt.



    Goethe ließ in seinen "Wahlverwandtschaften" Otto von vorne und hinten gleich sein, spielte mit der Wortchemie von Ottillie und Charlotte. Solondz philosophiert über die freie Wahl im Leben und setzt das Palindrom "Aviva" als These dafür hin, dass wir immer die gleichen bleiben, egal was wir tun. Von vorne oder hinten: Aviva, das personifizierte Palindrom. Mark Wiener breitet es zum Ende des Film in einem Monolog aus: Es ändert sich nichts, ob du zunimmst oder gar dein Geschlecht veränderst. Das muss man nicht düster wie Mark sehen, es ist auch etwas Befreiendes in dieser Sichtweise.



    So macht die seltsame Besetzung von Aviva nicht nur Spaß sondern auch Sinn. Selbst verständlich provoziert Solondz auch mit diesem Film - nur ist nicht klar, wen. Die Rechten oder die Linken, die Spießer oder die Alternativen? Ellen Barkins Charakter der Mutter etwa wirkt liberal, säkular, ist gegen Waffen, aber wenn sie ein konkretes Problem im eigenen Haus hat, versagt sie. Wie bei allen Gegenfiguren Solondz zur heilen US- und Hollywoodwelt behält sie aber ihre Würde, weil sie am Ende ihr Scheitern zugibt. Die Reaktionen aus den US-Kinos stehen noch aus. Mal sehen, wie Good old Germany auf dieses Film-Wort-Spiel reagiert ...
    Kino:
    Anonymer User
    5,0
    Veröffentlicht am 25. Februar 2010
    dieser Film kommt ganz leise daher und scheint stets unschuldig, sogar in der Gestaltung der Zwischentitel,

    das ist ein geniales Konzept: explodieren tut er erst im Kopf. Er scheint von der ganz normalen, durchschnittlichen neighborhood zu erzählen: Es steht zu befürchten, dass er eine angemessene Beschreibung, zumindest von Teilen der gegenwärtigen amerikanischen Gesellschaft abliefert.



    mutig und genial, unbedingt ansehen, Mathias Will, wolkenunddreck.de
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