'The Libertine' beginnt mit einem Monolog Johnny Depps, der sich direkt an das Publikum wendet. Er prophezeit dem Zuschauer, dieser würde ihn nicht mögen, gar hassen. Und dies sei ihm völlig egal. Eine Szene, die zwei Dinge deutlich macht: Johnny Depp bleibt trotz des kommerziellen Erfolges der 'Pirates of the Caribbean'-Trilogie seiner exzentrischen Rollenwahl absolut treu. Und mit 'The Libertine' hat er sich dabei ein Werk gesucht, dass seine Vorzüge nicht freiwillig offenlegt.
Die Optik des Films ist sehr gewöhnungsbedürftig; das Bild gelbstichig, als würde es faulen, in dunklen Szenen ist es grisselig und wirkt fast, als betrachte man es durch ein Schlüsselloch. 'The Libertine' basiert auf einem Bühnenstück und wirkt in Aufbau und Inszenierung beinahe selbst wie eines. Meist fängt die Kamera das Geschehen in sehr begrenzten Winkeln ein. So werden Story und Charaktere auch nicht von ausgefeilten optischen Spielereien oder visueller Versinnbildlichung angetrieben, sondern vielmehr von stetigem Dialog. Keine zehn Sekunden am Stück vergehen ohne gesprochenes Wort, der Film artikuliert, was er zu bieten hat. Und das ist, hat man sich etwas daran gewöhnt und sich hineingeguckt (oder besser hineingehört) eine ganze Menge.
Was 'The Libertine' vor allem offenbart sind hervorragende schauspielerische Leistungen. Ob Samantha Morton als Bühnendarstellerin, John Malkovich als König, Ex-Bond-Girl Rosamund Pike oder Jack Davenport und Tom Hollander (zwei Mitstreiter Depps aus 'Pirates'), alle liefern glänzende Leistungen. Und werden doch alle überragt von einem Johnny Depp, der in der Rolle des lüsternen, zynischen und scharfsinnigen Grafen eine Glanzvorstellung gibt. Er poetisert das Vulgäre, das Arrogante des Charakters und bildet doch (besonders im Schlussmonolog) einen Mann ab, der sich seine wahren Bedürfnisse nicht zu erfüllen vermag. Besonders in der letzten halben Stunde, gezeichnet von Syphilis und Bitterkeit, bietet Depp eine der stäksten Leistungen seiner geamten Karriere. Unbedingt sehenswert.
In Sachen Ausstattung, Kostüme und Maske wird ebenfalls einiges geboten, alles wirkt durchaus authentisch und zeitgenössisch. Nichts, das einen aus der abgebildeten Epoche herausreißen würde. Nur marginal eingesetzt: musikalische Untermalung.
Uneingeschränkt empfehlenswert ist 'The Libertine' sicherlich nicht. Der Handlung mangelt es zeitweise an Fahrt, einiges wirkt schlicht trivial. Man muss sich darauf einlassen und ob einen der Film dafür belohnt und einem in Stil und Erzählweise schlüssig erscheint oder gänzlich kalt lässt oder gar vergrault, das ist sicher ganz subjektiver Wahrnehmung überlassen. Genügend Potenzial besitzt er für beide Richtungen.
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