Die 80er-Jahre. Für den Disney-Konzern eine Zeit des Umbruchs. Unter der Leitung von Ron Miller, Walt Disneys Schwiegersohn, geriet das Unternehmen zu Beginn der Dekade in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Vor allem die Einnahmen aus der Realfilmsparte enttäuschten, viele Kritiker attestierten dem Disney-Output, verstaubt und zahnlos zu sein. Ein Kurswechsel musste her und als äußeres Zeichen des Wandels etablierte Miller ein neues Filmlabel: Touchstone Pictures. Unter diesem Markennamen wollte er fortan Stoffe produzieren, die ein erwachseneres Publikum ansprechen - und auf diese Weise die Reichweite vergrößern. Und tatsächlich wurde der erste Touchstone-Film, die Komödie „Splash – Eine Jungfrau am Haken“ mit Tom Hanks, im Frühjahr 1984 prompt ein Hit. Als kurz darauf Frank Miller, Michael Eisner und Jeffrey Katzenberg an die Konzernspitze rückten, ging das Trio sogar noch einen Schritt weiter als Miller: 1986 erschien mit der Touchstone-Produktion „Zoff in Beverly Hills“ der allererste Film des Mäuse-Konzerns, der in den USA ein R-Rating kassierte – Zuschauer unter 17 Jahren durften also nur in Begleitung ihrer Eltern ins Kino, um die Gesellschaftskomödie von Regisseur Paul Mazursky („Eine entheiratete Frau“) zu sehen. Trotzdem (oder gerade deshalb?) wurde auch die modernisierte Neuverfilmung eines bekannten französischen Bühnenstücks zum Kassenschlager - und obwohl sie inzwischen etwas Staub angesetzt hat, ist die 14 Millionen Dollar teure Produktion auch heute noch durchaus sehenswert.
Der Obdachlose Jerry Baskin (Nick Nolte) verliert in der von Promis und Neureichen bevölkerten Sonnenstadt Beverly Hills seinen geliebten Hund. Da sich die Suche nach dem kleinen Vierbeiner als erfolglos herausstellt, beschließt Jerry, sich das Leben zu nehmen, indem er sich in einem Pool ertränkt. Jerrys Selbstmordversuch wird allerdings vom Kleiderbügelhersteller David Whiteman (Richard Dreyfuss) vereitelt – der Jerry dann auch noch einlädt, eine Zeit lang zu bleiben. Mit dieser guten Tat stellt der entnervte Ehemann das Leben in seinem schmucken Domizil jedoch völlig auf den Kopf: Davids cholerische Ehefrau Barbara (Bette Midler) ist von Jerry angewidert, sodass die zuvorkommende Behandlung, die der Stadtstreicher durch ihren Gatten erfährt, die bereits belastete Ehe auf eine Zerreißprobe stellt. Hausmädchen Carmen (Elizabeth Peña), mit der David eine Affäre hat, muss sich derweil die Aufmerksamkeit des Hausherrn mit Jerry teilen, was sie nicht gerade auf die leichte Schulter nimmt. Und Max (Evan Richards), der Sohn der Whitemans, wird von dem ungewöhnlichen Hausgast ermutigt, seine speziellen Neigungen und Interessen nicht weiter zu verbergen…
Obgleich „Zoff in Beverly Hills“ zu seiner Zeit das wohl riskanteste Kinoprojekt des einst von Walt Disney gegründeten Traditionsunternehmens war, ist die Situationskomödie aus heutiger Sicht keinesfalls besonders freizügig oder derbe. Es gibt ein paar harsche Schimpfwörter und einige sexuelle Eskapaden, die jedoch nicht mit Nacktszenen einhergehen. Was in den USA dem R-Rating trotzdem nicht entgehen konnte, landete in Deutschland noch immer gemütlich im FSK-ab-12-Jahren-Sektor – und wirkt selbst im Vergleich zu aktuellen FSK-ab-12-Rüpelkomödien wie der „Hangover“-Trilogie geradezu handzahm. Was an oberflächlichem Schockpotential vielleicht noch beim Kinostart gegeben war, ist inzwischen also verflogen. Die gesellschaftskritischen Seitenhiebe wiederum haben durchaus noch Pfiff und verleihen „Zoff in Beverly Hills“ durchaus einen gewissen gesellschaftlichen Biss.
Denn sobald Jerry nach rund 20 Filmminuten ins Leben der neurotischen Whitemans hereinplatzt, konstruieren die Autoren Mazursky und Leon Capetanos wiederholt Situationen, in denen die Verlogenheit des vermeintlich geordneten Bürgertums offengelegt wird. So begegnet Carmen dem unerwarteten Hausgast zunächst angeekelt – bis dieser erzählt, ein tief gefallener Ex-Bühnenschauspieler zu sein, der einst mit einem Hollywood-Starlet zusammen war. Plötzlich ist Jerry faszinierend und sympathisch – schließlich ist er ja nicht selber an seiner Lage schuld, sondern hat nur eine Pechsträhne! Dass Jerry mit jeder Anekdote über sein früheres Globetrotterleben mehr und mehr Empathie erhält, bauen die Autoren zum zentralen Running Gag von „Zoff in Beverly Hills“ auf. Da Jerrys Erzählungen in ihrer Masse immer absurder werden, was seine gebannt zuhörenden Gesprächspartner jedoch offensichtlich nicht wahr haben wollen, wird diese Masche auch bis zur letzten Filmminute nicht alt.
Die satirischen Zwischentöne der französischen Komödie „Boudu – Aus den Wassern gerettet“, die schon 1932 an der Institution Ehe und dem fragilen Selbstwertgefühl der Wohlhabenden rüttelte, werden in diesem Remake allerdings verwässert. Unter anderem kommentiert Mazursky das Geschehen wiederholt mittels Zwischenschnitten auf den Familienhund der Whitemans. Dieser blickt etwa schief auf die ihn beherbergenden Zankhähne oder wälzt sich wild auf dem Boden, wenn sich was im Schlafzimmer seines Frauchens regt. Da Mazursky und Cutter Richard Halsey dazu tendieren, stets für mehrere Sekunden auf dem verwirrten Vierbeiner zu verharren, verliert die farbenfrohe Komödie durch die putzigen Hunde-Reaktionen deutlich an Schwung. Ins Leere laufen auch jene Pointen, in denen Mazursky über den Arm-gegen-Reich-Tellerrand hinaus blickt: Popstar Little Richard ist wiederholt als Whiteman-Nachbar Orvis Goodnight zu sehen, der mit seinem Gezeter bloß das Klischeebild eines schimpfenden schwarzen Mannes darstellt. Ein weiterer Nachbar ist ein reicher Iraner, der kleine Nettigkeit mit Unsummen an Geld belohnt und dessen Auftritt durch exotische Instrumentalmusik begleitet wird – sehr grobschlächtiger Humor für einen ansonsten so vielschichtigen Film.
Die Situationskomik zwischen den Gastgebern und ihrem eloquenten Besuch setzt Mazursky dagegen genauso fesch wie facettenreich um. Vor allem das komplexe Zusammenspiel zwischen Jerry und David trägt weite Strecken des Films: Zunächst lässt es der Gesellschaftskomödien-Spezialist so aussehen, als erzähle er schlicht davon, wie Jerry und David schrittweise ihre Lebensentwürfe tauschen. Stattdessen machen der von Nolte gleichermaßen rau wie belesen gespielte Jerry und Dreyfuss‘ eingangs sehr flippiger, gegen Schluss zunehmend verbitterter David ein kess beschriebenes Auf und Ab durch: Die coole Socke Jerry verweigert sich auch nach ihrem Umstyling den starren Benimmregeln der Schönen und Reichen, was beim Gastgeber mal gut ankommt, mal für Unverständnis sorgt. Bühnengröße Bette Midler indes mimt die verwöhnte, sexuell gefrustete Hausfrau mit der theatralischen Divenhaftigkeit, mit der sie sich später auch durch weitere Touchstone-Komödien wie „Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone“ und „Nichts als Ärger mit dem Typ“ zetern sollte. Gepaart mit launigen, aber hintersinnig eingesetzten Charthits wie dem Talking-Heads-Ohrwurm „Once in a Lifetime“ (in dem es passenderweise um gesellschaftlichen Auf- und Abstieg geht) bietet der Clash der Gesellschaftsschichten trotz manch schwach gealtertem Moment insgesamt vergnüglich-kurzweilige Unterhaltung.
Fazit: Mit überzeichneten, aber facettenreichen Protagonisten hält „Zoff in Beverly Hills“ der Gesellschaft kritisch den Spiegel vor und ist in seinen zentralen Punkten auch knapp 30 Jahre später noch relevant – trotz Randfiguren, die teils wie Bremsklötze wirken.