Einsamkeit ist ein zentrales Thema in „Last Life In The Universe“. Der Japaner Kenji (Tadanobu Asano, Zatoichi - Der blinde Samurai) ist einsam in einem fremden Land. Er lebt in Thailand, arbeitet in der Bücherei des japanischen Kulturinstituts und spricht die Landessprache nicht. Kenji will sich umbringen, doch seine Selbstmordversuche scheitern. Beim ersten Mal wird er durch das Klingeln an der Tür gestört. Sein von ihm nicht gerade geliebter Bruder Yukio (Yutaka Matsushige, Ringu), ein nach Problemen mit seinem Boss gerade aus Japan geflohener Yakuza, kommt zu Besuch.
Beim zweiten Versuch stirbt jemand anderes. Just in dem Moment, als er von einer Brücke springen will, entdeckt er die hübsche Nid (Laila Boonyasak, „The Park“), die er schon einmal gesehen hat. Sie schauen sich in die Augen, Nid steht auf der Straße und wird überfahren. Kurze Zeit später stirbt sie im Krankenhaus. Auch als Kenji das nächste Mal ein Selbstmordversuch unternimmt, stirbt nicht er. Gerade als er sich erschießen will, fallen in seinem Wohnzimmer Schüsse. Ein Killer (Riki Takeuchi, „Dead Or Alive“) bringt seinen Bruder um, Kenji erschießt den Mörder. Direkt danach trifft er auf die hübsche Noi (Sinitta Boonyasak). Auch sie ist einsam. Sie ist die Schwester von Nid, welche die einzige Person in ihrem Leben war, die ihr etwas bedeutet hat. Kenji zieht bei Nid ein, vor allem auch, da es in seiner Wohnung dank der zwei Leichen stinkt.
Ganz langsam kommen sich die beiden gegensätzlichen Charaktere näher, obwohl sie kaum miteinander kommunizieren können. Kenji spricht nur wenige Wörter Thai, Noi kaum Japanisch, obwohl sie es lernt. Auch in der englischen Sprache haben beide nur Grundkenntnisse. Viel gemeinsame Zeit wird ihnen allerdings nicht bleiben. In wenigen Tagen wird Nid nach Osaka, in Kenjis alte Heimat, in die er nicht zurückkehren kann, fliegen, um dort ein neues Leben zu beginnen.
Regisseur Pen-Ek Ratanaruang (Invisible Waves) beweist viel Gespür bei der Schilderung seiner einfachen Geschichte. Er nimmt sich viel Zeit, um seine beiden Charaktere, vor allem Kenji, vorzustellen. Kenji ist ein Ordnungsfreak. Seine Wohnung gleicht einer Bibliothek, sie ist voll von Bücherregalen. Die Regale sind genau beschriftet, die Bücher nach einem System sortiert. Alles in Kenjis Leben scheint nach einem System sortiert. Im Schuhregal steht, auch beschriftet und geordnet, für jeden Tag der Woche ein anderes Paar Schuhe, auch Socken und Hemden sind fein säuberlich gestapelt, wie auch die Messer in der Küche im genau gleichen Abstand nebeneinander liegen. Nid ist dagegen das Chaos pur. Auf dem Boden der ganzen Wohnung türmen sich Zeitungen, Zeitschriften und Klamotten. Das ungespülte Geschirr stapelt sich bis unter die Decke. Der Kühlschrank ist so gut wie leer, der spärliche Rest ungenießbar.
Doch trotzdem arrangieren sich diese beiden Persönlichkeiten sofort. Die lockere Nid hat kein Problem damit, den ihr fast völlig unbekannten Kenji einfach aufzunehmen und mit ihm so zu leben, als hätten sie schon seit Ewigkeiten eine gemeinsame WG. Dabei entspinnt sich eine der ungewöhnlichsten Liebesbeziehungen, die man je in einem Film gesehen hat (ähnlich wie in Lost In Translation, der in einigen Kritiken mit „Last Life In The Universe“ verglichen wurde). Man spürt, dass sich die beiden ineinander verlieben. Ihre Blicke zeigen das. Doch das Wort „Liebe“ fällt nie. Auch gibt es kaum eine Berührung zwischen den beiden. Sie küssen sich niemals, nicht einmal, als sie auseinander gehen.
Trotzdem ist der Film ungemein romantisch. Dies liegt an der wieder einmal hervorragenden Kameraarbeit von Christopher Doyle (Hero, In The Mood For Love) sowie der Musik von Hualongpong Riddim und der Band „Small Room“. Die Zusammenarbeit von Kamera und Musik ist unglaublich. Zum Gelingen des Films tragen aber vor allem die beiden Hauptdarsteller bei. Tadanobu Asano beweist einmal mehr seine unglaubliche Wandlungsfähigkeit, Sinitta Boonyasak schafft es, den Zuschauer mit ihrer Schönheit und Ausstrahlung zu verzaubern.
Der sehr schöne, sehr melancholische, aber auch traurige, mit ein paar surrealen Szenen versehene Film hat zudem eine gelungene komische Seite. Da sind natürlich die gescheiterten Selbstmordversuche von Kenji, die etwas an Wilbur Wants To Kill Himself erinnern, aber auch einige sehr absurde, groteske und humorvolle Dialoge. Auch ein Kurzauftritt von Regisseur Takashi Miike (Audition) als Yakuza-Killer in den letzten Minuten ist hier zu nennen. Dieser wird neben seinem Kurzauftritt noch einmal auf amüsante Art zitiert. Auf „Ichi The Killer“, einen der bekanntesten Filme von Miike, auch mit Tadanobu Asano in der Hauptrolle, wird durch einen Dialog mit anschließendem Schnitt auf das Filmplakat angespielt.
Durch seine Vielseitigkeit ist „Last Life In The Universe“ sehenswert, wenn man bereit ist, sich auf den sehr ruhigen Film einzulassen. Rasanz gibt es so gut wie keine, die Schießereien, die es im Laufe des Films gibt, finden komplett außerhalb des Sichtfelds der Kamera statt und sind nur zu hören. Nur die letzten fünf Minuten, die hier natürlich nicht erläutert werden, wollen sich nicht ganz in den Film einfügen und wirken etwas befremdlich. Aber das ist nur eine kleine Schwäche der sonst so sehenswerten japanisch-thailändischen Gemeinschaftsproduktion.
Ein wichtiger Hinweis noch zum Schluss: Man sollte „Last Life In The Universe“ im Originalton mit Untertiteln anschauen, da der ständige Wechsel zwischen den drei Sprachen eine wichtige Rolle spielt, die bei einer Synchronisation (die zumindest in Deutsch aktuell auch noch gar nicht besteht) natürlich verloren geht.