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    Man of the Year
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Man of the Year
    Von Martin Soyka

    Es gibt Namenskombinationen, die rufen tolle Assoziationen wach. Dazu gehört die Paarung „Robin Williams/Barry Levinson“ ohne Frage, haben die beiden doch u. a. bei dem legendären Good Morning, Vietnam! Großes geleistet. Wenn man dann noch den Rest der Besetzungsliste auf sich wirken lässt (z. B. Christopher Walken, Jeff Goldblum), dann laufen einem sogar freudige Schauer über den Rücken. Doch bei der Betrachtung der Polit-Komödie „Man Of The Year“ muss man sich dann eingestehen, dass man sich zu früh gefreut hat: Eine wenig durchdachte, dazu noch vorhersehbare Geschichte mit netten, aber spärlichen Pointen mindert das Vergnügen. Und die völlig unzumutbare Synchronisation gibt dem Ganzen dann den Rest…

    Tom Dobbs (Robin Williams) ist bekannter Moderator einer „satirischen Polit-Talkshow“ (!). Dort zieht er mal liebevoll, mal bissig die Washingtoner Lokalmatadoren durch den Kakao. Das Publikum liebt ihn. Eines Tages fragt ihn eine Besucherin aus dem Publikum während des Warm-up, warum er nicht selbst für den Posten des Präsidenten der Vereinigten Staaten kandidiere. Die übrigen Zuschauer sind begeistert von dem Vorschlag. Zunächst noch geschmeichelt, nimmt Dobbs in seiner Sendung immer wieder Bezug auf die gestellte Frage, bis sich die Dinge irgendwie verselbständigen. Eines Tages kündigt Dobbs an, tatsächlich zu kandidieren. Zusammen mit seiner zunächst fassungslosen Produktionscrew schippert er als Außenseiter in einem abgewrackten Tourbus durchs Land, um Wählerstimmen zu werben. Zunächst noch auf dem Parkett der politischen Reden unsicher, besinnt sich Dobbs schließlich auf seine einzige richtige Qualität: sein Schandmaul. Und als er in der wichtigsten Fernsehdebatte dem Affen Zucker gibt, gehen seine Umfragewerte sprunghaft nach oben. Zur Überraschung aller gewinnt er die Wahl. Dass es sich dabei um eine Computerpanne gehandelt hat, weiß er dabei noch nicht…

    Christopher Walken (Die Hochzeits-Crasher Catch Me If You Can), der im Film den Produzenten und väterlichen Busenfreund der Hauptperson gibt, fungiert als Quasi-Erzähler, wodurch der Drehbuchautor Barry Levinson in die Lage versetzt wird, den Film große Sprünge machen zu lassen. Der Beginn ist launig. Robin Williams ist nun mal der vielleicht beste Stand-Up-Komiker der Welt. Und immer, wenn er von der Leine gelassen wird, gibt es was zu lachen. Wiliams allein auf einer Bühne reicht völlig aus für einen ausgelassenen Abend zwischen Wort- und Wahnwitz. Dummerweise will der Film aber eine richtige Geschichte erzählen und das geht bei aller Liebe ziemlich in die Hose. Der Regisseur Barry Levinson ist einfach kein begnadeter Drehbuchschreiber (siehe z. B. „Toys“). Seine Figuren sind hier flach und eindimensional, wecken kaum Sympathien und wachsen dem Zuschauer einfach nicht ans Herz. Die Geschichte ist vorhersehbar, jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt. Ganz am Schluss gehen dem Skript dann die Ideen aus, speziell wenn der Skandal um die Wahl öffentlich wird.

    Die Liebesgeschichte zwischen dem geschiedenen Dobbs und der Computerspezialistin Eleanor Green (Laura Linney, Tatsächlich Liebe, Kinsey) funktioniert nicht, da die Dame die ganze Zeit über als nervliches Wrack gezeigt wird und man sich zu Recht die Frage stellt, was Dobbs an der ebenso gehemmten wie hysterischen Frau nur finden mag. Auch verschenkt das Drehbuch die Chance, den von seinem Erfolg völlig überraschten Dobbs über sich hinauswachsen zu lassen, in dem er sich der Herausforderung stellt. Was hätte nur Frank Capra („Mr. Smith geht nach Washington“) aus einer solchen Ausgangssituation gemacht! Stattdessen begnügt man sich damit, den Wahlsieger im Kongress mit einer Aufmachung aus der Zeit des Unabhängigkeitskrieges Bedeutungsschwangeres zum Besten geben zu lassen. Statt die Ärmel hochzukrempeln, vergnügt sich Dobbs lieber beim Paintball.

    Auch der Verschwörungsplot um die halb-kriminelle Computerfirma, die die Fehlfunktionen ihrer Wahlcomputer zu vertuschen versucht, tendiert unentschlossen zwischen Thriller und Satire hin und her. Jeff Goldblum (Jurassic Park, Igby) ist in seiner Rolle als Firmenteilhaber total unterfordert, lässt das Drehbuch ihm doch kaum Möglichkeiten, die Handlung mit zu gestalten. Und das Ende wirkt wie frisch zusammengeklebt, in dem das Weitere der Charaktere schlicht abgehakt wird.

    Ganz so schlimm ist das alles aber auch nicht. Der Film gewinnt immer dann, wenn das Drehbuch in die Ecke geworfen wird und Williams improvisieren darf. Ansteckend wirkt auch das geradezu Brüderliche der Produktionscrew, die unvorhergesehener Maßen zum Wahlkampfteam mutiert. Auch die Beziehung zwischen Williams und Walken wärmt das Herz. Und dass der Höhepunkt des Films ausgerechnet im Rahmen der legendären „Saturday Night Live“-Show spielt, in der der Komiker Williams so oft und unvergleichlich aufgetreten ist, ist ebenfalls eine wirklich nette Idee (auch wenn aus dieser Situation letztlich nicht das volle Potential ausgeschöpft wird).

    Unterm Strich ist der Film also recht gut konsumierbar, auch wenn er bei Weitem nicht an die Qualität vorangegangener Williams und/oder Levinson-Klassiker heranreicht. Leider wird einem der verbliebene Spaß am Ganzen durch die völlig unterirdische deutsche Synchronisation verdorben. Die Hauptcharaktere haben nicht ihre Original-Synchronstimmen, bei einer Vielzahl der Nebendarsteller ist sogar hörbar auf akzentbehaftete Nicht-Muttersprachler zurückgegriffen worden (!). Der Film klingt wie ein nächtlicher Dauerwerbespot auf einem Spartensender, in dem für Bauch-Weg-Gürtel geworben wird. Es bleibt zu hoffen, dass dem Film irgendwann eine angemessene Neusynchronisation zuteil wird, denn so ist der Film nur mit der Originaltonspur zu genießen. In Deutsch ist er schlicht unerträglich.

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