Die letzten traditionell gezeichneten Disney-Filme waren größtenteils kommerzielle Flops: „Der Schatzplanet“ spielte bei einem Budget von 140 Millionen Doller weltweit gerade einmal knapp 90 Mio wieder ein, bei „Atlantis“ war es andersherum: Er kam mit einem Budget von 90 Mio aus und schaffte es immerhin auf 140 Mio Einspielergebnis, für Disney dennoch eine Enttäuschung. „Bärenbrüder“ ist der vorletzte traditionelle 2-D-Zeichentrickfilm von Disney - der 45. und letzte wird "Die Kühe sind los" sein. Vielleicht muss dem allerdings gar nicht hinterhergetrauert werden. Denn "Bärenbrüder", ein Film über einen Menschen, der sich in einen Bären verwandelt, bietet zwar die von Disney gewohnte Kost, ihm fehlt es aber an Elementen, die ihn über den Durchschnitt hinaus heben.
Die drei Brüder Kenai, Denahi und Sitka leben im Nordwesten Amerikas. Der älteste von ihnen, Sitka, opfert sich bei einem Kampf gegen einen Bären selbst und rettet damit seine beiden Brüder. Der junge Kenai will sich an dem Bären rächen, es gelingt ihm, den Bär zu töten. Doch plötzlich öffnet sich sozusagen der Himmel und Kenai wird selbst in einen Bären verwandelt. Sein Bruder Denahi glaubt fälschlicherweise, dieser Bär hätte ihm nun auch seinen zweiten Bruder genommen. Fortan macht er Jagd auf diesen Bären, der in Wirklichkeit sein eigener Bruder Kenai ist. Kenai in Bärenform macht sich auf die Suche nach dem „Berg, wo das Licht die Erde berührt“, denn nur dort kann er zurückverwandelt werden. Auf seiner Reise begegnet er Koda, einem kleinen, jungen Bären, der auf der Reise von seiner Mutter getrennt wurde und nun einen Gefährten sucht. Zwar ist Koda Kenai lästig, da er ständig schwatzt, doch immerhin scheint er ihn zu besagtem Berg führen zu können.
Die Story klingt etwas überdreht und weiß insgesamt auch nicht richtig zu überzeugen. Die Vorgeschichte ist recht actionlastig, verläuft dennoch schleppend und kann als Rahmen der Reise zweier Bären nicht fesseln. Zu kurz ist die Einführung des Brüdertrios und die Entwicklung der einzelnen Protagonisten. Der Mittelteil bietet eigentlich alles im Durchschnitt: Ein wenig Nebencharaktere, wie die beiden Elche Benny und Björn, ein paar Gefahren und spannende Szenen, ein wenig Witz, ein wenig Ungleichheit der beiden Hauptcharaktere, Koda und Kenai kommen wie üblich anfangs gar nicht miteinander aus sowie ein wenig Action, wenn der Bruder Denahi wieder einmal einen Angriffsversuch startet. Ab und zu wird Musik eingespielt, gesungen auch in der deutschen Übersetzung vom unvermeidlichen Phil Collins, leider, denn diese ist derart auf möglichst fröhlich und harmonisch getrimmt, dass es einfach zu viel wird. Die Melodien sind nett, doch die Stimme scheint niederländisch behaftet zu sein, der Sinn dafür erschließt sich nicht. Anstatt Phil Collins in einer Sprache singen zu lassen, die er nicht richtig beherrscht, wäre lieber ein professioneller deutscher Sänger engagiert worden.
Was die Grafik angeht, so bietet „Bärenbrüder“ ein zweifelhaftes Bild: Die Hintergründe sind meist gemalt und statisch und in diesen turnen die einfach gehaltenen 2-D-Bären bzw. Menschen herum. Das wirkt oftmals unstimmig, zudem wäre etwas mehr Detailgetreue in diesem Fall mehr gewesen. Die Schönheit der gemalten Landschaften kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Figuren hier meist einfach hineingesetzt wurden. Der Computertechnik mit den in jedem Bild sichtbaren drei Dimensionen ist hier wohl ein klarer Vorteil zuzuschreiben, denn die so erzeugten Bilder etwa in „Findet Nemo“ oder dem aktuell gestarteten „Back To Gaya“ wirken stimmiger und nicht wie zwei ungleiche Hälften aneinander gestellt. So leid es tun mag - vielleicht ist die 2-D-Technik tatsächlich an ihren Grenzen und damit überholt.
Was die Dialoge angeht, so beweist „Bärenbrüder“, dass Disney es nicht verlernt hat, Kinderfilme zu machen. Solides Niveau herrscht vor, ein paar kleine Witze werden eingestreut und die Anfangsschwierigkeiten der Freundschaft von Kenai und Koda sind nett aufbereitet. Wirklich neu ist das aber nicht. Etwas übertrieben ist allerdings die Vermittlung der Werte. Toleranz, Vorsicht vor Vorurteilen und zu undifferenzierten Feindbildern und der Unsinn von Zorn werden übermäßig deutlich zur Schau gestellt. Die Aussage ist dabei natürlich nicht falsch, doch hier scheint es sich er um ein Mittel zum Zweck, nämlich die Begeisterung der Eltern, zu handeln. Der tatsächliche pädagogische Wert bleibt fragwürdig. Sicher, schaden wird den Kindern der Genuss des Films nicht, wahrscheinlich werden sie viel mehr Freude daran finden, als ihre erwachsenen Begleiter, doch ob die versuchte Wertedarstellung zündet, ist zumindest zu bezweifeln.
Was unter dem Strich herauskommt, ist leider nur Mittelmaß: Ein Film, der sicher für einen Kinogang der Familie geeignet ist, doch nichts vermag wirklich zu begeistern. Der Spannungsaufbau hält sich stark in Grenzen, die Tragödie von Kenai ist ohnehin sehr beschränkt. Auf zum Berg, den Führer für den Weg habe ich schon und sonderlich weit ist es auch nicht – so scheint die Story grob aus seiner Sicht gezeichnet zu verlaufen. Das Ende mutet schließlich etwas merkwürdig an, zwar bleibt das Happy End selbstverständlich nicht aus, doch der Schlusspunkt erscheint arg konstruiert und kann die ohnehin etwas unverständlich verlaufende Geschichte nicht komplett zufriedenstellend zu Ende bringen. Mit „Bärenbrüder“ bleibt Disney leider hinter den Erwartungen zurück und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, immer nur dieselben Schemata zu verwenden und diese nicht ausreichend zu variieren.