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    Singin' in the Rain
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    Singin' in the Rain
    Von Martin Soyka

    Eigentlich ist es eine Gemeinheit. Fred Astaire gilt noch immer als die Ikone des Filmmusicals und als elegantester Tänzer aller Zeiten. Mag sein. Aber in „Singin´ In The Rain“, dem Filmmusical schlechthin, hat er nicht mitgewirkt. Diese Ehre gebührt Gene Kelly, seinem ewigen Konkurrenten, wobei man geteilter Meinung darüber sein kann, ob diesem Film oder dem etwas älteren „Ein Amerikaner in Paris“ der Vorzug zu geben ist.

    Don Lockwood (Gene Kelly) und Lina Lamont (Jean Hagen) sind die größten Stummfilmstars des frühen 20. Jahrhunderts. Sie können sich zwar nicht ausstehen, haben sich aber des Ruhmes wegen damit arrangiert, dass das Studio sie als Traumpaar nicht nur auf der Leinwand, sondern auch im Privaten vermarktet. Das Leben könnte nicht einfacher sein, da platzt in die Produktion ihres neuesten Kostümschinkens eine Erfindung, die die Industrie im Stum verändert: der Tonfilm. Macht nichts, sagen sich Lockwood, sein Busenfreund Cosmo Brown (Donald O´Connor) und der Producer des Studios. Dann werden die beiden eben als Tonfilmstars verkauft. Doch zu früh gefreut: Lina hat nämlich eine Stimme, die Glas zum Springen bringt….

    „Singin´ In The Rain“ ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert, werden doch die wichtigsten Regeln für einen gelungenen Film lustvoll ignoriert. Zunächst wird nicht wirklich eine sinnige Handlung mit Spannungsbögen und packender Liebesgeschichte erzählt, wie es sonst üblich ist. „Singin´ In The Rain“ wirkt statt dessen über weite Strecken wie eine Nummernrevue, deren Gesangs- und Tanzeinlagen nur lose durch eine Alibi-Handlung umrahmt werden. Die Musical-Teile bringen die Handlung nicht vorwärts, wie für ein Singspiel charakteristisch, sondern werden en passent absoviert. Dass es sich bei dem Film um einen Flickenteppich handelt, wird insbesondere daraus deutlich, dass lediglich zwei der Musiknummern Neukompositionen sind (von denen eine bedenkliche Nähe zu Cole Porters „Be A Clown“ aufweist). Der Rest ist sprichwörtlich Vorkriegsware.

    Die Liebesgeschichte zwischen Lockwood und Kathy Selden (Debbie Reynolds) bietet ebenfalls keinen wirklichen Konflikt, finden die beiden doch früh im Laufe der Handlung unangefochten zueinander. Und die Figur des Cosmo Brown (Donald O´Connor) hat überhaupt keine dramatische Funktion, er bleibt Stichwortgeber. Dass das alles trotzdem funktioniert, liegt an dem leichtfüßigen Humor, mit dem diese Melange präsentiert wird: Bereits in der Eröffnung wird Lockwood über seinen Werdegang interviewt. Der erzählt eine kitschig-triefende Geschichte, die durch einen gleichzeitigen bildhaften Rückblick total konterkariert wird. Spricht er im voice over von Würde, werden seine Worte durch die gezeigten Bilder ad absurdum geführt. Diesen lockeren Ton behält der Film bei. Er funktioniert dabei nicht nur als Musikfilm, sondern bietet - wenn auch milde - Kritik an der Filmmetropole Hollywood, deren oberstes Gebot lautet: the show must go on. Mehr noch, die Tricks der Filmschaffenden werden dem Publikum als Film im Film vorgeführt: In ihrem Versuch, einen abgeschmackten Kostümfilm zum Musical umzubauen, erzählt Kelly, wie er eine irrelevante Rahmenhandlung mit Gesang und Tanz integrieren möchte. Das wird auch gleich zum Anlass genommen, die überlange „Broadway Melody“ ins Programm zu nehmen und in voller Länge zu zeigen. Funktion für den Film? Keine, es sieht halt toll aus und hört sich gut an.

    Der Film punktet neben seinem Humor und der großartigen Musik vor allem durch die Darsteller. Alle agieren mit Witz und Verve. Gene Kelly empfiehlt sich als der Athlet unter den Tänzern. Ist er mit anderen zu sehen, kann sich das Auge kaum von ihm losreißen, so groß ist seine Leinwandpräsenz. Sieht bei Astaire alles leichtfüßig und elegant aus, kommt Kelly als Dynamiker herüber. Gleichauf mit ihm ist der großartige Donald O´Connor, der zwar keine dramatische Funktion ausüben darf, aber als clowneskes Alter Ego von Kelly agiert und zu Verbiegungen von Körper und Gesicht fähig ist, die man nur bestaunen kann. Kommt das von ihm vorgetragene „Make ´em laugh“ aus heutiger Sicht recht albern herüber, ist das im Duett mit Kelly vorgetragene und getanzte „Moses supposes…“ auch heute noch ein Brüller. Dem gegenüber bleibt die nicht weniger talentierte Debbie Reynolds merkwürdig blass, dass sie gegen die beiden Männer keinen Stich bekommt, ist ihr aber nicht anzulasten, zumal ihr der Film keine Solo-Nummer gönnt. Höhepunkt und gleichzeitig eine Sternstunde des Films schlechthin ist die legendäre Solo-Tanzszene Kellys im Regen. Nie zuvor war Wasser zu einer Requisite geworden. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie kalt und nass der Dreh gewesen sein muss, hätte warmes Wasser doch ohne Zweifel die Objektive der Kameras beschlagen lassen. Trotzdem kommt hier Lebensfreude pur rüber. Chapeau.

    Erwähnung finden muss auch noch Jean Hagen (Oscar!) als zickige und schlecht bestimmte Lina Lamont. Die genretypische Torte landet in ihrem Gesicht, und das ist ein guter Platz. Sie darf nicht tanzen und ihre kurze Gesangsszene soll abschreckend wirken, aber so muss in diesem Film die Antagonistin aussehen und sich anhören. Ihre Performance wird 30 Jahre später von Lesley Ann Warren in dem großartigen „Victor/Victoria“ zitiert und weiterentwickelt werden.

    Noch ein Wort zu Co-Regisseur Stanley Donen. Er zeigt hier in Händchen für leichtfüßige Umsetzung von Stoffen mit hohem Unterhaltungswert. Diese Fähigkeit perfektionierte er mit Perlen wie „Indiskret“, „Charade“ und „Arabeske“, um nur einige zu nennen. Für ihn war der Film der Grundstein zu einer Karriere als Regisseur, die ihn zu einem der ganz großen des amerikanischen Unterhaltungsfilms werden ließ. Zuletzt noch ein Tipp: den Film bitte mit der Originaltonspur sehen, denn in der deutschen Version sind auch die Lieder synchronisiert worden. Und das muss nicht wirklich sein…

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