Spike Lees Tragikomödie „Do The Right Thing", die dritte abendfüllende Regiearbeit des afroamerikanischen Autorenfilmers, galt nach den ersten kontroversen Aufführungen bei den Filmfestspielen von Cannes 1989 als aussichtsreicher Anwärter auf die Goldene Palme. Kein Wunder, hatte der damals erst 32-jährige Filmemacher mit der virtuos inszenierten, geistreich verfassten und famos gespielten Rassismusstudie doch einen Geniestrich hingelegt, der vor mutigen erzählerischen und ästhetischen Experimenten nur so strotzte. Der Filmemacher beeindruckte zudem mit seinem Gespür für subkulturelle Authentizität und realpolitische Brisanz. In Cannes hat es ebenso wie später bei den Oscars dann doch nicht für einen Preis gereicht, dafür ist „Do The Right Thing" heute ein Klassiker des amerikanischen Kinos und hat nichts von seiner aufwühlenden Kraft eingebüßt.
24 Stunden im überwiegend afroamerikanischen Wohnviertel von Bedford-Stuyvesant, Brooklyn, New York. Der heißeste Tag des Sommers ist angekündigt und der lokale Radio-DJ Mister Señor Love Daddy (Samuel L. Jackson) rät seinen Zuhörern, in der drohenden Hitze gelassen zu bleiben und die Gemüter nicht zum Überkochen zu bringen. Den Mittelpunkt des regen Treibens im Block bildet die beliebte Pizzeria des Italoamerikaners Sal (Danny Aiello), der mit seinen Söhnen Pino (John Turturro) und Vito (Richard Edson) den Laden führt. Als Pizzalieferant ist der junge Schwarze Mookie (Spike Lee) bei Sal angestellt. Als sich der ebenfalls dunkelhäutige Kunde Buggin Out (Giancarlo Esposito) über die ausschließlich italoamerikanischen Stars an den Wänden der Pizzeria echauffiert, schmeißt ihn Sal raus. Die Situation eskaliert, als Buggin Out später zurückschlägt und einer der schwarzen Einwohner des Viertels im Handgemenge mit der Polizei zu Tode kommt.
Nach seinem aufsehenerregenden Einstand mit der frechen Schwarzweiß-Beziehungskomödie „She's Gotta Have It" und seinem zweiten Film, dem schrillen College-Farbmusical „School Daze", übertraf Spike Lee mit seinem dritten Streich „Do The Right Thing" sämtliche Erwartungen. Die Rassenthematik, die sich durch alle Filme des kultur- und sozialpolitisch engagierten Regisseurs zieht, findet in dem multiperspektivisch angelegten Ensembledrama ihren deutlichsten, aber auch kreativsten Niederschlag. Während Lee in einigen seiner späteren Werke den didaktischen Vorschlaghammer einsetzt, gewinnt er in „Do The Right Thing" allen seinen Figuren, seien sie nun Afroamerikaner, Italoamerikaner, koreanische oder weiße Amerikaner, mit bemerkenswert leichter Hand drei Dimensionen ab. Dass sie zudem trotz aller Fehler alle sympathisch sind, ist natürlich auch der besonders punktgenauen Besetzung aus subtilen Veteranen wie Danny Aiello („Mondsüchtig") und Ossie Davis („Der Klient") sowie facettenreichen Newcomern wie John Turturro („Barton Fink") oder Giancarlo Esposito („Breaking Bad") zu verdanken.
Genau an dieser Komplexität der Figuren und an der Widersprüchlichkeit ihrer Handlungen insbesondere im vieldiskutierten Finale erhitzten sich im Erscheinungsjahr des Films die Gemüter. Wim Wenders („Pina"), der damalige Präsident der Cannes-Jury, erklärte die auch heute noch umstrittene Entscheidung, „Do The Right Thing" bei der Preisvergabe zu ignorieren, damit, dass Mookie, die Hauptidentifikationsfigur des Ensemblefilms, zum Schluss nicht vorbildlich handle. Manch ein US-Kritiker warf Lee gar vor, er würde junge Schwarze mit seinem Film explizit zu Krawallen animieren. Dabei ist „Do The Right Thing" weit subtiler als die bunt-aggressive Pop-Ästhetik, die mit unzähligen rassistischen Beleidigungen und Kraftausdrücken gepfefferten Dialoge und der mal wütende, mal melancholische Rap-, R'n'B- und Jazz-Soundtrack zunächst vermuten lassen - hinter dieser aufregenden und melodramatischen Oberfläche ist ein ebenso intensives wie kluges Plädoyer für mehr Toleranz und vor allem für mehr Verständnis gegenüber den Fehlern und Vorurteilen unserer Mitmenschen verborgen.
Fazit: Eine außergewöhnliche Besetzung liefert sich in Spike Lees bestem Film amüsante bis tragische Wortgefechte über das leidige Rassenthema: Heute noch so frisch und cool, dynamisch und emotional wie im Jahr der Premiere, beeindruckt „Do The Right Thing" als ein mitreißend inszeniertes, bemerkenswert vielschichtiges und atemberaubend souverän orchestriertes Stück amerikanischer Zeitgeschichte.