Unter den Filmen, die sich mit dem Zweiten Weltkrieg befassen, gibt es Perlen und weniger gute Filme. Das Thriller-Drama „The Statement“ ordnet sich gerne in die Reihe der besseren Filme ein. Die Ereignisse um den Holocaust sind die schrecklichsten Dinge, die vorstellbar sind und es ist unglaublich, dass viele Verbrecher von damals ungeschoren davonkamen und bis heute in hohen Positionen, unbestraft, leben. Das unter der deutschen Besatzung gegründete Vichy-Regime Frankreichs war neben den Nationalsozialisten verantwortlich für mehr als 77.000 jüdische Todesopfer in Frankreich. Nach den Kriegshandlungen im Jahr 1945 wurden viele ranghohe Offiziere und Täter vor Gericht gestellt. Einige kamen ungeschoren davon und leben bis heute in völliger Freiheit. Regisseur Norman Jewison schafft es mit der Romanvorlage von Brian Moore, die Geschichte in der Geschichte zu erzählen, viel Spannung zu erzeugen, nicht politisch zu werden und sanft und sachlich mit dem Thema umzugehen.
Die Geschichte beginnt in Frankreich, 1944, wo sieben Juden auf Befehls Pierre Brossards (George Williams), ein junger Offizier der Vinchy-Miliz, erschossen werden. 1992, fast 50 Jahre später, ist der 70 Jahre alte, streng gläubige Brossards (Michael Caine) auf der Flucht vor der Vergangenheit. Beschützt von ehemaligen, rechtsgerichteten Vichy-Kollegen, sowie der katholische Kirche, lebt er versteckt vor der Öffentlichkeit und seinen Feinden in einem Kloster. Nie wurde er vor ein Gericht gestellt und niemand konnte ihm seine Kriegsverbrechen nachweisen. So lebt er seitdem sein friedliches, anonymes Leben, immer mit einem wachen Auge. Alles scheint seinen Weg zu gehen, doch da ermöglicht eine Gesetzesänderung der jungen und zielstrebigen Richterin Annemarie Livi (Tilda Swinton), den Fall neu aufzurollen und die schlimmen Taten neu zu untersuchen. Da sich Brossards nur nicht so einfach festnehmen lässt und ihn auch noch bezahlte Killer verfolgen, beginnt eine rasante Jagd durch Frankreich.
Immer wieder erwischt sich der Kinogänger dabei, mit dem Mörder Brossards zu sympathisieren und es entsteht eine widersprüchliche Meinung, die auf der einen Seite durch die strenge Gläubigkeit, auf der anderen Seite durch das eiskalte Morden getrennt wird. Michael Caine spielt diese Rolle ausstrahlungsstark und charmant. Er ist der Zweifel in Person und versucht zugleich im Publikum moralische Entscheidungen zu wecken und die erstandenen Sympathien gegen das intellektuell vorhandene Wissen abzuwägen. Der katholischen Kirche, die Brossards unterstützt, wird ein Spiegel vorgehalten. Hätte die Kirche einen Mörder aushändigen sollen oder, den Grundsätzen folgend, auch einem Sünder Unterstützung gewährleisten? Sicherlich keine Legitimation des Verhaltens der gesamten katholischen Kirche zur Zeit des Dritten Reiches. Heute noch gibt es Diskussionen über die Tätigkeiten oder Untätigkeiten der katholischen Kirche bezüglich des Holocaust, bei dem so viele Juden umkamen. Fakt ist, dass entschuldigende Worte eines Geistlichen hohen Ranges erst seit kurzem offiziell bestätigt wurden, öffentlich ausgerufen, 1998, durch den kürzlich verstorbenen Papst Johannes Paul II.
Regisseur Norman Jewison („Jesus Christ Superstar“, „Hurricane“, „Mondsüchtig“) präsentiert in „The Statement“ seine klassische Art und Weise, ohne großen technischen Aufwand, eine interessante und spannende Geschichte zu erzählen. Ein kleiner Wermutstropfen sind die Schwarz-Weiß-Aufnahmen am Anfang, die inszeniert und unecht wirken. Jewison konnte für die Rollen der Richterin und des Colonels zwei weitere hochkarätige Schauspieler locken. Tilda Swinton agiert als die ermittelnde, leitender Richterin mit viel Ehrgeiz und Durchsetzungsvermögen. Jeremy Northam spielt den Oberst der Gendarmerie und bildet mit Swinton ein perfektes Paar, was sich nicht besser hätte ergänzen können. Das Duo erinnert stellenweise stark an das „Akte X“-Gespann Scully und Mulder.
Bei dem Titel „The Statement“ handelt es sich um ein Schreiben der geheimen Verfolger Brossards. Dieses soll beim Tod des Killers bei der Leiche gefunden werden. Schade ist, dass dieser wichtige und elementare Handlungsstrang nur nebenbei abläuft und nicht die Grundlage des Films bildet. Das „Statement“ ist nur ein Beiwerk, die Story funktioniert auch so. Spannung, schauspielerische Leistung und handwerkliches Geschick vereinen sich aber zu einem Film, den man sich anschauen sollte, denn auch Genrefremde werden unterhaltsam bedient.