Ein starker Film, der durch ein sehr ausgefeiltes Drehbuch und zwei herausragende Hauptdarsteller überzeugt.
Man merkt dem Drehbuch deutlich die literarische Vorlage an. Hier wurde lange an der Ausgestaltung der Charaktere gefeilt. Die Vielschichtigkeit und Ambivalenz der Protagonisten hebt Secretary weit über gewöhnliche Kinokost hinaus.
Der Film liefert keine einfachen Antworten auf das Wieso und Weshalb (Jürgen Armbruster bemängelt das in der FILMSTARTS-Rezension), das ist aber auch nicht seine Intention. Die Andeutungen und Hinweise auf das soziale Umfeld (Vater Alkoholiker, Mutter Glucke, alle Nachbarn auch verkorkst) und die Vorläuferereignisse (geschlossene Therapie) reichen völlig aus, um den Rahmen für dieses Kammerspiel abzustecken, das auch auf einer Theaterbühne funktionieren sollte.
Vielmehr gewährt er einen erstaunlich klaren und unvoreingenommenen Blick auf die Psychen zweier verwundeter Seelen, die nicht nach aussen ausbrechen können und Erlösung durch selbstbezogene Handlungen suchen. Sympathischerweise hat man zu keinem Zeitpunkt den Eindruch, es mit kranken Menschen zu tun zu haben, sondern mit Grenzgängern, die im privaten Rahmen das überschreiten, was gesellschaftlich als normal angesehen wird.
Auffällig erscheint mir die Darstellung der "Amerikanischen Vorstadthölle", wie man sie auch aus "American Beauty" und "Edward mit den Scherenhänden" kennt. Da ich nie in Amerika gelebt habe, kenne ich deren Darstellung nur aus solchen Filmen, schließe aus den Parallelen aber, dass sich sich in diesen Filmen die Realität niederschlägt und Autoren und Filmemacher schlichtweg die psychosentreibende Wirklichkeit abbilden.
Umwerfend ist Maggie Ghyllenhals Performance. Zwischen Schüchternheit und selbstbewußtem Vorwärtsdrang pendelt sie mehr als überzeugend hin und her. In Schlüsselszenen übernimmt sie die Initiative um ihrem Ziel der Subordination näherzukommen. Ein wunderbarer Kunstgriff der Autoren, der verhindert, dass die Hauptfigur Lee zum reinen Spielball der Ereignisse verkommt.
Sehr stark ist auch die Schlußszene, in welcher eine einzige langanhaltende Totale auf Lees Gesicht klarmacht, dass die erreichte Idylle so nicht von Bestand sein kann.