„Battle Royale“ kam 2000 auf den japanischen Filmmarkt und machte aufgrund seines kontroversen Szenarios bald darauf international von sich reden. Wie man zu dem Film stehen mochte, in dem sich eine willkürlich ausgewählte Schulklasse als Strafe für Ungehorsam und Exempel für alle anderen gegenseitig umbringen musste, lag vor allem an der Perspektive. Als reiner Splatterfilm nicht sonderlich originell und moralisch fragwürdig, ließ sich doch unter der Oberfläche noch mehr erkennen. 2003 beendete Drehbuchautor Kenta Fukasaku die Regiearbeit am Nachfolger „Battle Royale II: Requiem“, nachdem sein Vater Kinji direkt nach dem Abdrehen einer einzigen Szene mit Takeshi Kitano an Krebs verstarb. Wie sooft bei Nachfolgern ist es auch hier vor allem das Wort „mehr“, das den deutlichen qualitativen Abstand zu Teil 1 zu verantworten hat. Mehr Blut, mehr Tote, mehr beteiligte Parteien, mehr Chaos. Deswegen weiß man manchmal auch gar nicht mehr, wer eigentlich gerade wen erschießt und warum. Zwar wurden noch deutlichere politische Andeutungen eingebaut, die vor allem die USA nicht gut davon kommen lassen, trotzdem fehlt weitgehend die Option, unter der Oberfläche zu lesen, die Teil 1 immerhin angeboten hat. Dramaturgische Schwächen und Kuriositäten, die innerhalb von 133 Minuten (155 Minuten im „Director’s Cut“) mal Langeweile, mal Verwunderung erzeugen, tun ihr übriges.
Nachdem Shuya (Tatsuya Fujiwara) und Noriko (Aki Maeda) am Ende des ersten Teils knapp dem Tod entrinnen konnten, gründeten sie die terroristische Gruppe „Wild Seven“. Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, der Welt der Erwachsenen, ihres Polizeistaats und seinen Gesetzen den Kampf anzusagen. In einer Szene zu Beginn, die die Sprengung einiger Hochhäuser zeigt, wird damit die erste Andeutung in Richtung USA gemacht. Die Entscheidungsträger ihrerseits haben das Battle-Royale-Gesetz in einer Reform noch verschärft. Die hervorstechendste Neuerung ist, dass grundsätzlich paarweise gestorben wird: Waren die explosiven Halsbänder zuvor noch individuell gesteuert, stirbt beim Tod eines Schülers jetzt auch immer sein ihm zugewiesener Partner. Außerdem wird jetzt nicht mehr sinnlos gegeneinander, sondern gegen den Feind der Erwachsenen gekämpft. Diese instrumentalisieren damit ihre Kinder für den Kampf gegen „Wild Seven“, was nicht nur zum Gipfel der Perversion, sondern auch reichlich Unübersichtlichkeit führt, wenn zum ersten Mal Kinder auf Kinder treffen und sich scheinbar grundlos niedermetzeln. Schließlich verbünden sich die Aufeinandergehetzten dann aber doch, um sich gemeinsam gegen die Welt der Älteren aufzulehnen. Als die Weltmacht USA, die nicht immer namentlich, aber doch unmissverständlich genannt wird, davon Wind bekommt, feuert sie den Terroristen einen Warnschuss vor den Bug. Frei nach dem Motto: „Wenn Japan das Problem nicht selbst löst, lösen wir es. Wie immer.“ Das lässt sich der japanische Präsident natürlich nicht zwei Mal sagen und schickt die Armee auf die Insel, die nun die vereinten Schüler und Terroristen attackiert und das Gemetzel noch mal steigert.
Der amerikanische Präsident, der im fertigen Film nicht zu sehen ist, sollte ursprünglich von Quentin Tarantino gespielt werden, der die Rolle aus terminlichen Gründen nicht wahrnehmen konnte. Ob’s aber außer einem augenzwinkernden Gimmick für Cineasten etwas gebracht hätte, darf getrost bezweifelt werden. Anti-amerikanische Meinungsäußerung in Bezug auf das weltpolitische Selbstverständnis der Supermacht wurden übrigens nicht nur im Dialog, sondern auch filmisch eingearbeitet: So erinnert die Landungssequenz der Schüler auf der Insel zwischen Panzersperren, wo das ersten Dutzend gleich dahingerafft wird, nicht zufällig an den D-Day und die Bildästhetik von Der Soldat James Ryan. Kämpfe im Dickicht und in Häusern lassen auch Vietnam und Irak nicht unerwähnt.
Obwohl Teil 2 mit neun Millionen Dollar immerhin das doppelte Budget von Teil 1 verschlungen hat und auch gleich 20 Minuten Spielzeit drauflegt, hat sich an Bild- und Ausstattungsqualität nicht viel getan. Akustisch fällt auf, dass die Klassiklastigkeit des ersten Teils deutlich reduziert wurde in Richtung eines eigenen Scores, die Dialoge klingen mehr nach platter Propaganda denn nach individueller Psychoanalyse. Insgesamt betrachtet kommen so mehrere Faktoren zusammen, die „Requiem“ mehr zu einem eher unreflektierten Action- und Kriegsfilm machen, als es der erste Teil war. Und obwohl die Handlung erstaunlicherweise trotz aller Wirrungen eine plausible Fortsetzung des ersten Films darstellt, stellt sich einfach etwas zu oft die Frage, was das eigentlich alles soll. Der Versuch, ganz en vogue noch etwas die amerikanische Außenpolitik zu kritisieren und damit irgendwie noch einen Hauch Tiefe in die Sache zu stricken, ist leider ebenso daneben gegangen, wie der, Takeshi Kitano über eine umständliche und letztlich sinnlose Plotkonstruktion in Rückblenden noch einmal einzubauen und seine Staraura zu nutzen.
Konnte „Battle Royale“ noch die für einen Film vorteilhafte Eigenschaft aufweisen, zu polarisieren, sowie einen politischen Subtext unter die Action zu schweißen, ist „Requiem“ dafür einfach zu stumpf ausgefallen. Was den großen Haufen gescheiterter Fortsetzungen der Filmgeschichte wieder etwas größer macht.