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    Uptown Girls – Eine Zicke kommt selten allein
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Uptown Girls – Eine Zicke kommt selten allein
    Von Carsten Baumgardt

    Mit seinem hochgelobten Straßen-Drama „Fresh“ (1994) gelang Regisseur Boaz Yakin der Einstieg in die Filmszene. Nach „Teurer als Rubine“ (1998) durfte er an seine erste Großproduktion. Das Sportler-Drama „Gegen jede Regel“ (2001) avancierte in den USA zu einem echten Kassenhit (Einspiel: 115 Millionen Dollar). Mit der märchenhaften Komödie „Uptown Girls“ wollte Yakin seinen steten Aufstieg in der Branche fortsetzen. Das klappt leider nicht, da sich der Regisseur fatal im Genre vertan hat und mit einer leichten Komödie völlig überfordert ist. „Uptown Girls“ ist überdreht, nervig und gleichermaßen unlogisch wie unkomisch. Die Schauspieler sind dem miserablen Drehbuch hilflos ausgeliefert.

    Molly Gunn (Brittany Murphy) führt in Manhattan ein völlig unbeschwertes Leben. Ihr Vater, der vor vielen Jahren bei einem Flugzeugabsturz zusammen mit seiner Frau ums Leben kam, hat Molly genügend Reichtum hinterlassen, sodass sie das Geld nach Belieben ausgeben kann. Außer Partys und Shoppen hat sie allerdings nicht allzu viele Hobbys. Das zwanglose in den Tag leben soll sich ändern, als ihr Vermögensverwalter mit ihrem Geld durchbrennt. Bis auf die Einrichtung ihres Luxus-Appartements hat sie nichts mehr. Dazu ist sie noch todunglücklich, weil sie sich in den Nachwuchs-Rockstar Neal (Jesse Spencer) verliebt hat, er sie aber nach kurzer Zeit abweist, um sich auf seine Karriere zu konzentrieren. Nachdem Molly ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, muss sie aus ihrer Wohnung raus und ist auf Jobsuche. Sie kommt zunächst bei ihrer Freundin Ingrid (Marley Shelton) und später bei ihrem Freund Huey (Donald Faison) unter. Einen Job hat sie auch bald. Molly arbeitet als Babysitterin der achtjährigen Ray (Dakota Fanning) - ihre Mutter Roma (Heather Locklear) ist eine vielbeschäftigte Musikmanagerin, die kaum Zeit für ihr Kind hat. Molly und Ray kommen am Anfang überhaupt nicht miteinander klar. Ray ist zickig und neurotisch, Molly naiv und überdreht. Aber sie raufen sich zusammen...

    Produzentin Allison Jacobs schleppte die Idee zu „Uptown Girls“ fünf Jahre mit sich herum. Damals arbeitete sie noch als kleine Empfangsdame bei einer Produktionsfirma. Sie entwickelte das Drehbuch mit und brachte den Film auf den Weg. In der Theorie hätte „Uptown Girls“ sogar funktionieren können, aber das Ergebnis, das auf der Leinwand zu sehen ist, spricht eine andere Spache. Der Film ist Regisseur Yakin durchweg missraten. „Molly ist die Kraft, die den Zuschauer durch den ganzen Film zieht. Und es gibt wenige Darstellerinnen, die dafür die nötige Energie und Vitalität mitbringen. Brittany hat die Gabe, physisch komisch zu sein“, so Yakin. Doch das ist leider der größte Irrtum, an dem das Projekt scheitert: die Annahme, dass Brittany Murphy als Filmheldin eine magische Ausstrahlung auf die Leinwand zaubert. So funktionierten auch Filme wie „Pretty Woman“, „Während du schliefst“ oder „Natürlich blond“. Nur ist Brittany Murphy („Voll verheiratet“, „8 Mile“, „Sag´ kein Wort“) nicht Julia Roberts, Sandra Bullock oder Reese Witherspoon. Die talentierte, aber überschätzte 26-Jährige entwickelt als verwöhntes Naivchen mit Partyqualitäten ein hohes Nervpotenzial und schafft es nicht, die Zuschauer auf ihre Seit zu ziehen.

    Yakins Inszenierung schlägt zu Beginn einen märchenhaften Unterton an, verliert diesen aber im Laufe der Zeit. Die üblichen, dummen Klischees prasseln in schöner Vorhersehbarkeit auf den Zuschauer ein. Gähn... Dakota Fanning („Ich bin Sam“) ist zwar eine begabte Jungschauspielerin, aber auch ihre Rolle des neurotischen Mini-Biests Ray packt den Besucher keineswegs. Charme kann das Hauptdarsteller-Doppel einfach nicht verbreiten, deshalb überzeugt „Uptown Girls“ auch in keiner Minute. Daneben ist der Film, der eigentlich eine Komödie sein will, herzlich unkomisch. Die wenigen guten Szenen entschädigen nicht für die ansonsten gebotene Langeweile. Murphy und Fanning wird es aber auch nicht einfach gemacht. Sie müssen gegen ein indiskutables Skript von Mo Ogrodnik und Lisa Davidowitz anspielen. Peinliche Logikfehler, schlechte Charakterzeichnung und große Vorsehbarkeit bis zum dümmlichen Ende kennzeichnen das Drehbuch. Molly und ihr Freund Neal verbringen Tage in dem Appartment, obwohl der Strom abgestellt sein soll. Molly telefoniert fleißig, bekommt 98 Anrufe, doch ihr Telefon soll laut Drehbuch auch abgestellt sein. Solche Patzer sind für eine Hollywood-Produktion einfach nur peinlich. Die Charakter von Neal, brav gespielt von Aussie Jesse Spencer, ist völlig unausgegoren. Am Anfang beendet er die Beziehung zu Molly, weil er Unanhängigkeit und sich auf seine Musik konzentrieren will, später avanciert er zum Toy Boy von Heather Locklear. Das ist so derb unglaubwürdig, dass es weh tut. Ein vollkommen dämlicher Story-Twist, da Neal logischerweise irgendwann zur Besinnung kommt und Molly zurückerobern will. Das endet in einer an Kitsch kaum zu toppenden Szene auf der Ballett-Bühne.

    Was um alles in der Welt den deutschen Vorzeige-Kameramann Michael Ballhaus („Gangs Of New York“, „Zeit der Unschuld“, „GoodFellas“) zu diesem Projekt getrieben hat, bleibt ein absolutes Rätsel. Seine Arbeit ist ordentlich, aber bis auf eine seiner berühmten Fahrten mit der kreisenden Kamera zu Beginn, ist seine Handschrift - anders als sonst - kaum herauszulesen... So ist „Uptown Girls“ von vorne bis hinten ein Ärgernis. An Talent fehlt es den versammelten Akteuren nicht, aber hier wurde es schlichtweg falsch eingesetzt. Boaz Yakin sollte sich wieder ernsten Themen zuwenden und Brittany Murphy auf bessere Drehbücher warten. Aber wie schwärmte sie doch noch so schön: „Ich kann es nicht erklären, aber ich wusste, dass ich diese Rolle spielen musste. Es ist doch ein Traum, eine Frau spielen zu können, die noch auf der Suche nach sich selbst ist...“ Vielleicht ist ihr ja nicht zu helfen.

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