Für mich ist "Natural Born Killers" ein Film, der den Zuschauer in nie dagewesener Weise abschreckt- im Hinblick auf seine Sensationsgier und seinen Voyeurismus. Wir sehen hier zwei Killer, die regelrecht als Moderatoren ihrer eigenen Morde fungieren. Möglich wird das durch den skrupellosen Reporter Wayne Gale, der gierig danach ist, die Psyche der Massenmörder zu analysieren und dabei keine Kompromisse eingeht. Alles würde er dafür geben, um zusammen mit den Killern auf einem Foto zu sein. Sie sind für ihn wie Sportidole oder dergleichen.
Mickey und Mallory kommentieren ihre Morde, dadurch entlarven sie nicht nur den Zuschauer, der gezwungen ist hinzusehen, sondern den gesamten Staat als süchtig nach Sensation und Verbrechen. Diese beiden Dinge scheinen über allem zu stehen und uns in einer Welt der belanglosen und deprimierenden Banalitäten ein bisschen Abwechslung zu geben. Die Killer scheinen ihre Taten regelrecht zu moderieren.
Seht euch nur die Szene an, in der Mallory von ihrem obszönen, widerwärtigen Vater begrabscht und misshandelt wird. Aus dem Off hören wir ein Band, das Gelächter wiedergibt. Wir scheinen uns im Rahmen einer Sitcom zu befinden. Hier zeigt Stone, zu was wir Menschen geworde sind. Schaulustige, abgestumpfte Individuen, denen nichts zu grausam ist, als dass man nicht darüber lachen könne.
"Natural Born Killers" ist natürlich trotz aller heftigen Gewaltdarstellungen, die aber eher durch den aggressiven Grundton ihren Effekt erzielen als durch das möglichst detaillierte Ausweidung menschlicher Körper (was dem Film auch einiges an Wirkung genommen hätte!), ein klares Statement gegen Gewalt. Stone macht das einzig richtige, indem er mit ungeheurer Brutalität und Unerbittlichkeit zur Sache geht. Dies brachte dem Werk oft Kritiken ein (die meiner Meinung nach nicht ernst genommen werden sollten), in denen der Film als gewaltverherrlichend bezeichnet wurde. Da kann man selbstverständlich nur den Kopf schütteln. Denn hätte Stone die Thematik mit Samthandschuhen angefasst, wäre er ignoriert worden. Doch Stone findet eine Filmsprache, die im Zeitalter von eindimensionalen Killerspielen á la "Counter Strike" die Zielgruppe erreicht. Nur so kann der Gesellschaft überhaupt der Spiegel effektiv vorgehalten werden.
Wie von filmstarts.de richtig beschrieben, werden ausnahmslos alle Institutionen des Films entlarvt, bis von der im Film gezeigten Welt nur noch ein Häufchen Elend übrigbleibt. Man könnte auch sagen, ein Haufen von Sündern, die alle Gewalt als Mittel einsetzen- in welcher Form auch immer- um an ihr Ziel zu kommen. Der Mensch ist von Natur aus böse, sagte Schopenhauer einst sinngemäß. Und wenn man "Natural Born Killers" gesehen hat, kann man dieses ernüchternde Fazit fast schon vorbehaltlos ziehen. Denn auch wenn der Film noch so viele optische Spielereien beinhaltet (ja, er ist wirklich das reinste Bildgewitter), ist er doch kein abwegiger, sondern ein realitätsbezogener Film. Die spielfreudige Optik taugt nur dazu, einen wirksamen Erzählstil zu finden, der die Problematik des Gesehenen in all ihren Einzelheiten offenlegt. Und somit hat Stone auch hier alles richtig gemacht. "Natural Born Killers" ist in der Tat einer der wichtigsten Filme, die je gedreht wurden!