Am 3. und 4. Oktober 1993 führte das US-Militär eine Operation im Rahmen eines UN-Einsatzes in Mogadishu, Somalia, durch. Das Ziel dieser Operation, an der knapp 75 US-Ranger, eine 40-köpfige Truppe der Delta Force, vier so genannte Black-Hawk-Helikopter und ein Konvoi aus zwölf Humvees und Lastwagen beteiligt waren, sollte die Gefangennahme einiger hoher Offiziere von Mohamed Farrah Aidid sein. Aidid war ein somalischer Warlord, der mit seinen Truppen die Macht an sich reißen wollte und dabei auch nicht vor dem Mord an seinen eigenen Landsleuten zurückschreckte. Während der Planung machte sich niemand ernsthafte Gedanken um ein Scheitern der Mission. Als jedoch im Abstand von knapp 20 Minuten zwei der Black Hawks abgeschossen wurden und der Konvoi mit schweren Straßensperren zu kämpfen hatte, wurde aus der Operation eine Rettungsmission, die die Soldaten auf eine harte Probe stellen sollte. Inmitten feindlicher Bürgerkriegsaktivisten kämpfen viele kleine Gruppen um ihr eigenes Überleben und das der Kameraden.
"Jerry Bruckheimer: Producer" ... diese Zusammenstellung erfreut den geneigten Freund des kurzweiligen Action-Kinos, lässt jedoch in Hinblick auf ein - auch noch auf wahren Begebenheiten basierenden - Kriegsereignis spätestens seit „Pearl Harbor“ kaum hoffen. Doch „Black Hawk Down“ belehrt den zugegebenermaßen voreingenommenen Kinogänger eines besseren. Nun lässt sich schwer abschätzen, ob man diesem Film ohnehin mehr Bedeutung beigemessen hat als dem bonbonfarbenen Bomben-Drama oder Ridley Scott schlichtweg ein besserer Partner und Regisseur ist als Michael Bay. Erstaunlich sind die Qualitätsunterschiede allemal. Doch fangen wir mit der großen Gemeinsamkeit zu früheren Kassenschlagern aus Bruckheimer'schem Geldbeutel an: Die Schauspieler, die hier in Uniformen gepresst in den Krieg ziehen, kennt man zu einem großen Teil bereits. Josh Hartnett, Tom Sizemore, William Fichtner und Jason Isaacs sind nur einige der bekannten wie unbekannten Gesichter, die schon früher für Jerry den Kopf hinhalten durften.
Doch damit hört die cineastische Verbundenheit der Werke auch schon auf. „Black Hawk Down“ bietet keinen nennenswerten Patriotismus. Ich habe vollstes Verständnis dafür, wenn dieser Satz erst einmal etwas sacken muss, kann jedoch noch einmal bestätigend anführen, dass die einzigen amerikanischen Flaggen, die in diesem Film zu sehen sind, entweder auf die Uniformen aufgestickt oder im provisorischen Stützpunkt geflaggt sind; Orte, an denen man sie auch im wirklichen Leben wiederfände. Und auch die Einstellung der Soldaten zu diesem Einsatz und die fortschreitende Entwicklung eben dieser Einstellung im Laufe der Operation tragen viel zur authentischen Stimmung bei. Da reißen die Soldaten anfangs noch coole Sprüche - der Psychologe mag bereits hier von Schutzmechanismen sprechen - und nur wenige denken wirklich über das nach, was da auf die Truppe zukommen könnte. Doch nachdem der erste Hubschrauber abgestürzt und der erste Kamerad verwundet ist, treten plötzlich andere Gedanken in den Vordergrund. Und natürlich wird fortan in manchen Szenen die Kameradschaft über alles gestellt und selbstverständlich halten sich die US-Soldaten für verdammt coole Typen. Doch das hat in meinen Augen nichts mit patriotischer Verherrlichung zu tun, sondern ist in einer derartigen Situation ein gänzlich nachvollziehbares Verhalten.
Erstaunlich differenziert geriet auch die Darstellung des Bürgerkrieges. Im Gegensatz zu „Pearl Harbor“ - der hier nur stellvertretend herhalten muss; es gäbe wahrlich genug andere Beispiele - sind nicht alle Nicht-Amerikaner hinterwäldlerische und brutale Mörder. Sogar ein Soldat im Dienste Aidids hat wenige Sekunden Zeit, sich zu rehabilitieren. Sicher hätte man sich für derartige Momente wesentlich mehr Zeit nehmen können und müssen, aber ein Anfang ist gemacht.
Auch die technische Umsetzung des Szenarios weiß zu überzeugen und die beiden gewonnenen Oscars - „Bester Schnitt" (Pietro Scalia) sowie „Bester Ton“ (Mike Minkler, Myron Nettinga und Chris Munro) - sind durchaus verdient. Die Kameraarbeit von Slavomir Idziak fügt sich in dieses positive Gesamtbild ein, da sie nicht übermäßig aufdringlich ist, aber trotzdem nah genug am Geschehen bleibt, um in manchen Szenen unter die Haut zu gehen. Will man dann Hans Zimmer einen Gefallen erweisen, verbucht man seinen Score unter „ferner liefen“, denn ... ach, alle Bemühungen, freundliche Worte über einen weiteren Aufguss all der vorangegangenen Zimmer-Scores zu finden, erscheinen nutzlos, ja geradezu lächerlich angesichts der Ideenarmut, die alle Insassen Hollywoods nach kurzer Inkubationszeit zu überkommen scheint; kurzum: Kennt man einen, kennt man alle.
Ein paar Worte noch zu der bereits oben angesprochenen Riege der Schauspieler: Wirklich Profil haben sie alle nicht, auch wenn sich so mancher sichtlich Mühe gibt. Doch zum ersten Mal konnte Josh Hartnett mich in einer ernsthaften Rolle überzeugen, so ironisch das im Hinblick auf diese Rolle auch sein mag, aber in „Pearl Harbor“ gelang es ihm schließlich auch, zu versagen. So überraschend der Film für Hollywood und so sensationell er für einen Bruckheimer auch sein mag: Kränkeln tut er allemal. Das liegt zum einen an den inhaltlich wie atmosphärisch gelungenen Ansätzen (siehe: Differenzierte Darstellung des Bürgerkrieges), die im Endeffekt jedoch viel zu kurz kommen. Hinzu kommen einige Längen, während derer es weder vor noch zurück geht und die wohl dümmste Szene, die diesem Film passieren konnte: Da wird einer der Soldaten durch das schlagkräftige Gewehr seines Kameraden taub und läuft fortan mit einem extra-stupiden Gesichtsausdruck unter wildem Gestikulieren durch das Schlachtgetümmel. So etwas muss nicht sein!
Ich werde mich nicht mit der alten Diskussion „was ist ein Kriegs- und was ein Anti-Kriegsfilm und gibt es letzteren überhaupt“ beschäftigen, die in meinen Augen vollkommen sinnlos ist. „Black Hawk Down“ ist ein Kriegsfilm, der - meinem Kenntnisstand nach - weitestgehend historisch korrekt ein Szenario nachstellt, dass durchaus unter die Haut geht und zu schockieren weiß. Wer allerdings recht fix unnützen Patriotismus anprangert, der sollte im Sinne Anderer den Weg ins Kino nicht antreten, denn mit dieser Einstellung werden selbst die spärlich gesäten „Stars & Stripes“-Banner zum sprichwörtlichen Dorn im Auge und der Film nicht eben sehenswerter als „Pearl Harbor“.
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