Ein eindringliches "Rettet die Meere"-Plädoyer!
Von Karin JirsakAuf der einen Seite: Blueback, ein blauer Riesenlippfisch. Auf der anderen: „Haie in grauen Anzügen“, die sein natürliches Habitat zerstören. Dazwischen: Zwei mutige Frauen, Mutter und Tochter, die für Bluebacks und ihren Lebensraum kämpfen. Keine Frage, in diesem Familienfilm mit Umweltbotschaft aus down under sind die Fronten klar und die Sympathien eindeutig verteilt. Verträumte Aufnahmen des gefährdeten Buchtenparadieses kitzeln in „Blueback – Eine tiefe Freundschaft“ das Fernweh – und was spricht schon dagegen, ein so wichtiges Thema wie den Schutz der Riffe mit Emotionen aufzuladen? Nicht viel, dachte sich wohl auch Regisseur und Autor Robert Connolly („The Dry“), als er den gleichnamigen Bestseller von Tim Winton für die große Leinwand verfilmte.
Initiationsritus am 8. Geburtstag: Dora (Radha Mitchell) nimmt ihre Tochter Abby (Ariel Donoghue), wie schon oft, mit hinaus zum Riff. Doch diesmal soll das Mädchen tauchen. Abby hat Angst. Die Mutter zieht ihren Ehering vom Finger und wirft ihn ins Wasser, er gleitet in die dunkle Tiefe. „Jetzt MUSST du es versuchen“, erklärt Dora. Abby springt, taucht und macht eine aufregende Entdeckung: Sie begegnet einem Riesenlippfisch, den sie auf den Namen Blueback tauft. Jahre später kehrt Abby (Mia Wasikowska), inzwischen Meeresforscherin, zurück in ihre Bucht und erinnert sich an ihre erste Begegnung mit Blueback und an die Zeit mit ihrer Mutter, die nach einem Schlaganfall aufgehört hat zu sprechen…
An ihrem achten Geburtstag erlebt Abby (Ariel Donoghue) unter Wasser ein magisches Naturerlebnis.
„Dad sagt, wir reißen ein großes Loch in die Welt, und wir werden alle hineinfallen.“ Dieser Satz, ausgesprochen von Abbys Jugendfreund Briggs (Clarence Ryan), markiert den einzigen Moment des Films, in dem sich jener Fatalismus ausdrückt, der sich angesichts nahezu täglicher Meldungen über brennende Wälder, Flutkatastrophen und sterbende Ozeane aufdrängt. „Blueback“ setzt diesem Fatalismus jedoch einen Idealismus entgegen, der naiv erscheinen mag, für den das Kino aber definitiv der richtige Ort ist. Eine Geschichte, die Balsam auf die tiefe Wunde schmiert, die sich unsere Zivilisation selbst zugefügt hat – und warum auch nicht? Die Putzigkeit des Titelhelden und das australische Postkartenidyll korrumpieren die wichtige Botschaft jedenfalls nicht, sondern machen sie angenehm konsumierbar und laden freundlich zum Aktivismus ein.
Perfekt hinein in das Setting passt das Lucky-Bay-beachblonde Mutter-Tochter-Gespann, das in den verschiedenen Lebensphasen von insgesamt fünf Schauspielerinnen verkörpert wird. Kraftvoll und eigenwillig engagieren sich die resolute Dora und die nachdenkliche Abby für die gute und wichtige Sache. Männer sind dabei nur am Rande zu sehen: Mit Ausnahme von ein oder zwei besuchten Demos kämpfen Dora und Abby, soweit wir sehen können, nahezu allein. Connolly lässt zwar mit Abbys Schulfreund Briggs und Küsten-Raubein „Mad“ Macka (schön/wild: Eric Bana) schon früh zwei (potenzielle) love interests am Rande der Bildfläche erscheinen, den üblichen nervigen und überflüssigen Liebes-Subplot spart er sich aber – danke dafür!
Dora (Radha Mitchell) kämpft mit aller Kraft gegen die fortgesetzte Zerstörung der Meere.
Stattdessen konzentriert er sich lieber auf seine Heldinnen, die, jede auf ihre ganz eigene Art, für das große Ziel, die Rettung des Riffs, kämpfen. Dabei kommt es auch mal zu Reibungen, wie sie eben zu einem Coming-of-Age-Prozess dazugehören. Die Charaktere sind, vor allem in diesen Konfliktmomenten, greifbar und sympathisch geschrieben und dargestellt. Insbesondere Radha Mitchell („Silent Hill“) glänzt hier im Zusammenspiel mit der Newcomerin Ilsa Fogg als Teenage-Abby. „Alice im Wunderland“-Star Mia Wasikowska und Liz Alexander („Mord in Sydney“), die Mutter und Tochter im letzten Akt verkörpern, wirken dagegen über weite Strecken etwas blass. Das liegt auch am auf die Vergangenheit fokussierten Drehbuch, das ihnen wenig Zeit bzw. Gelegenheit für Emotionen einräumt. Der gemeinsame Schlussakkord entschädigt dafür aber großzügig. So ist „Blueback“ im besten Sinne ein moderner und unterhaltsamer Familienfilm im Geiste von „Free Willy“ und seinen Artverwandten.
Fazit: Rettet die Meere! Maritimer Herzwärmer vor Traumkulisse mit niedlichem Titelhelden, starkem Mutter-Tochter-Team und einer Öko-Botschaft, die wohl nicht oft genug wiederholt werden kann. Weiterer Pluspunkt: Keine aufgepfropfte Lovestory!