Der authentische Fall der couragierten Journalistin Veronica Guerin schlug in Irland Mitte der 90er Jahre hohe Wellen. Mainstream-Regisseur Joel Schumacher verfilmte ihren entschlossenen Kampf gegen die Drogen-Mafia Dublins in packenden Bildern und mit viel Energie. „Die Journalistin“ ist ein hochbrisantes Polit-Drama, mitreißend gespielt von einem fast ausschließlich irischen Cast. Lediglich die gewohnt superbe Hauptdarstellerin, die Australierin Cate Blanchett, kommt nicht aus Irland.
„Die Journalistin“ beginnt im Jahre 1996 mit einer glücklichen Veronica Guerin (Blanchett). Die Starschreiberin des Sunday Independent hat gerade eine Gerichtsverhandlung gewonnen und muss ihren dringend benötigten Führerschein nicht abgeben, weil der Richter Gnade vor Recht ergehen lässt. Die energische Journalistin ist chronisch zu schnell unterwegs und parkt stets am falschen Ort. Als sie an einer Kreuzung halten muss, rast ein Motorrad heran, der Beifahrer zückt eine Waffe und feuert auf Guerin... Ohne Auflösung der Szene (das passiert in einer fesselnden Sequenz im Schlussteil) springt die Handlung zwei Jahre zurück. Nachdem die bereits mehrfach für ihre kompromisslose Arbeit ausgezeichnete Veronica ihr Betätigungsfeld bei der Zeitung verlegt, wendet sie sich dem organisierten Drogenhandel in Dublin zu. Sie verschafft sich über ihren Hauptinformanten Traynor (Ciaran Hinds) Zugang zur Unterwelt, stichelt mit ihren gut recherchierten Berichten im Wespennest von Drogen, Gewalt und Korruption. Als sie den heimlichen Drogen-Baron John Gilligan (Gerard McSorley) enttarnt und die Polizei auf ihn aufmerksam macht, gerät sie mitten zwischen die Fronten. Der brutale Gangboss, der alles versucht hat, im Hintergrund zu bleiben, setzt einen Attentäter auf sie an. Als Warnung wird Guerin allerdings zunächst nur ins Bein geschossen. Das beeindruckt sie genauso wenig, wie die Drohungen gegen ihre Familie mit Mann Jimmy (Paul Ronan) und Sohn Cathal (Simon O’Driscoll)...
Dass ausgerechnet Krawall-Spezialist Jerry Bruckheimer („Fluch der Karibik", „Armageddon“, „Pearl Harbor", „The Rock“) für die Produktion verantwortlich ist, überrascht zunächst. Ist „Die Journalistin“ doch alles andere als das, was man sonst mit Bruckheimer in Verbindung bringt. Dazu passt, dass Regisseur Joel Schumacher („Batman Forever“, „Batman & Robin“, „Bad Company") dringend um eine Imagekorrektur bemüht ist, die er mit dem packenden Echtzeit-Reißer „Nicht auflegen!" bereits eingeläutet hatte. Von seinem Stil des gelackten Hochglanz-Stil ist zum Glück nicht mehr viel übrig. Er ordnet sich ganz dem ernsten Thema des Films unter, verbreitet eine authentische Atmosphäre, nicht zuletzt durch die zahlreichen Außendrehs an Originalschauplätzen in Dublin.
Mit Cate Blanchett („Herr der Ringe 1" + „2", „Schiffsmeldungen", „Heaven") findet Schumacher die Idealbesetzung. Ohne die Australierin hätte er den Film nach eigener Aussage nicht gedreht – mit Recht. Der wandlungsfähigen Actrice ist die Rolle der kämpferischen und unerschrockenen Veronica Guerin wie auf den Leib geschrieben. Sie brilliert - mit antrainiertem irischen Akzent - mit einer fein ausgewogenen Darstellung zwischen Mut, Kompromisslosigkeit und Furcht, die sie aber immer wieder verdrängt und sich dadurch nicht aufhalten lässt. Hoch anzurechnen ist allen Beteiligten, dass aus „Die Journalistin“ kein moralinsaures Drama im großen Hollywood-Stil geworden ist. Die Figuren sind alle sorgsam gezeichnet und exzellent gespielt. Besonders hervorzuheben ist neben Blanchett Ciaran Hinds („Lara Croft Tomb Raider 2 - Die Wiege des Lebens", „Road To Perdition"). Der Ire spielt die Schlüsselfigur des Informanten John Traynor, der zwischen der Loyalität zu Gangster-Boss Gilligan (eiskalt: Gerard McSorley), der Versessenheit nach Publicity und der Freundschaft zu Veronica Guerin mit herausragender Zerrissenheit und bietet damit eine der interessantesten und ambivalentesten Filmcharaktere der letzten Zeit.
„Die Journalistin“ ist Charakterstudie und Polit-Thriller in einem, stilvoll photographiert, mit einem obligatorisch-typischen irischen Score unterlegt. Eine künstlerische Wiederbelebung, die Schumacher gut zu Gesicht steht. Der kommerzielle Erfolg ist zwar eher fraglich, aber die Tatsache, dass „Falling Down“ doch keine Eintagsfliege war, ist erfreulich. Ein packender Film, der bewegt. Auch wenn das Finale pathetisch wirkt, entspricht es den Tatsachen. Die Ereignisse um Veronica Guerin setzten ein ganzes Land in Bewegung . Zu laxe Gesetze wurden geändert, die Menschen zu Protesten auf die Straße getrieben. Die tapfere Veronica Guerin, die keinesfalls als Mutter Theresa des Journalismus dargestellt wird, hat einiges zum Positiven verändert und gilt heute noch als Ikone ihrer Zunft.