Als erklärter Fan von Takeshi Kitanos Referenzwerken 'Sonatine', 'Hana-Bi' oder anderen actionreichen Filmen ging ich erwartungsgemäß skeptisch an diese Tragikomödie heran.
Kitano, dessen Filme als Grundthematik für mich immer die Varianz von destruktiver und lebensbejahender Mentalität behandeln, sollte mich hiermit jedoch lehren, dass er es durchaus versteht das Thema menschlicher Beziehungen auch anderweitig auszuloten.
Das kommt daher, dass 'Kikujiros Sommer' kein Schubladengenre ausfüllt, sondern vielmehr Elemente eines Roadmovies mit märchenhaft-komödiantischem, aber auch Trauer und Ernüchterung verknüpft. Diese Symbiose aus widersprüchlichen Aspekten ist zugleich eine Neuauflage der genannten Kernpunkte aller Kitano-Werke.
Inhaltlich dreht sich der Film minimalistisch um den kleinen Masao der von dem "Onkel" auf dem Weg zu seiner Mutter, die ihn verlassen hat, begleitet wird. Alle anderen Personen sind vergleichsweise Mittel, um diese beiden Figuren und ihre Eigenheiten zu beleuchten.
Wert sind die beiden es allemal, denn jeder für sich stellt eine facettenreiche Person dar, die im Fall von Masao niedlich-drollig sein kann und eben das Wunschkind darstellt, dass man im Vorbeigehen anlächelt, weil es dieses Lächeln einfach mit seiner wonnig-naiven Art verdient. Und der Onkel, nunja ein Griesgram. Der Typ den man meidet; den man nicht grüßt, weil man von ihm keinen Gruß erwarten braucht. Wo nun alle anderen Kitano-Werke es nahelegen, dass beide Personen, ob ihrer Eigenschaften einem selbstverschuldeten Ende entgegensteuern, zeigt uns 'Kikujiros Sommer' einen Sieg auf ganzer Ebene für das Leben.
Dass jeder Mensch im Herzen berührt werden kann und selbst der Verschlossenste und Kaltschnäuzigste fühlt, beweist uns der Onkel.
Masaos Sommer beginnt nicht glücklich. Nein, Masao ist nicht ohne Grund ein furchtbar trauriger Junge zu Beginn und immer wieder holen ihn Ereignisse ein, die ihn betrüben. Und auch wenn der Onkel zunächst wehrhaft bezeugt, dass ihn dieses kleine Leben nicht angehe, lernt er doch zunehmend in Masao einen Seelenverwandten kennen, als dessen Patron er sich zuletzt versteht und dem er etwas Schönes schenken möchte - den schönsten Sommer seines Lebens und vielleicht auch den schönsten, den er selbst je hatte.
Wo viele Worte der Schönheit dieses Films gerecht zu werden versuchen, benötigt Jô Hisaishi wenige Klänge, wie er seinerseits im grandiosen Soundtrack, der den Film trägt und untermalt, beweist.
'Kikujiros Sommer' ist Slapstickig-lustig, wenn er naiv-süßes nach herzergreifend-traurigem auf unbeholfen-authentische Art schützen will. Dieses Meisterwerk hat als inhaltliches Antonym zu beispielsweise 'Hana-Bi' gleichzeitig dessen Würde, da es dem Zuschauer den Eindruck vermittelt, so grundlegend Menschlichkeit und Lebensfreude zu zelebrieren, dass es exemplarisch für jeden wirkt.
Ich gebe somit 5 Sterne für einen Film, der einem das gibt, was wir uns wohl alle wünschen: Einen Grund aus dem Innersten heraus glücklich zu sein.